Abschnitt 3

Postwesen 1701-1785-Landespost-1756-1785


Keine Stelle im Lande besaß Einfluß und Macht genug, den Ruin aufzuhalten, in den das aufs Neue in den Zustand äußerster Verwilderung zurückgeworfene Postwesen zu stürzen drohte, keine Stelle besaß aber auch das Interesse, nachdem der Geh. Rath von Brunsich, der einzige, der hätte retten können, noch im Jahre 1756 aus den herzoglichen Diensten entlassen worden war. Befremdlich mag es unter den geschilderten Umständen erscheinen, daß dennoch 1758 der Plan erwogen wurde, zwischen Meklenburg und Hamburg eine dritte fahrende Post anzulegen. Durch die Verschlechterung des Münzwesens, die damit verbundenen Versuche der Einschleppung minderwerthiger Münze und die Ein- und Ausfuhr besserer Münze zum Behufe der Agiotirung, waren zwischen Hamburg und Meklenburg ständig schwere Silber- und Kupfersendungen unterwegs, häufig zum Werthe von 60 - 70000 Rthlr. im Gewicht 20 - 30 Ctr. auf einem Wagen, deren Beförderung, wie schon früher geklagt war, Wagen und Gespanne ruinirte und den Postenlauf vollständig in Unordnung brachte. Unter diesen Umständen schlug Roland vor, noch eine dritte fahrende Post zweimal wöchentlich nach Hamburg abzufertigen. Der Plan wurde reiflich erwogen, Kostenanschläge waren aufgestellt und alle Vorbereitungen zur Inbetriebsetzung der neuen Post getroffen, aber der Krieg und die Weigerung Kurhannovers, noch weitere meklenburgische Posten durch Lauenburg passiren zu lassen, ließen das Projekt nicht zur Ausführung kommen. Die Regierung half sich einstweilen durch Einstellung von Beiwagen zu den beiden schon bestehenden Posten. Da dieses Verfahren aber den Abmachungen der Konvention von 1744 wegen des Durchgangs der meklenburgischen Posten durch Sachsen - Lauenburg zuwiderlief, so protestirte der hannoversche Postmeister Steding in Ratzeburg gegen diese Verletzung des Vertrages und erhob bei der Regierung in Schwerin Beschwerde. Der Versuch, ihn durch ein Gnadengeschenk von 50 Dukaten anderen Sinnes zu machen, mißlang, da Steding das Geld mit höflichen aber bestimmten Worten unter Hinweis auf seinen Eid zurücksandte. Er suchte auch fortgesetzt den meklenburgischen Posten, die meist in der Nacht in Ratzeburg eintrafen, den Durchgang zu erschweren, sah aber schließlich, ohne an kompetenter Stelle Schritte zu beantragen, dem ferneren Durchgang von Haupt- und Beiwagen durch Ratzeburg unthätig zu. Vom Jahre 1763 ab hörten endlich die von Ratzeburg aus erhobenen Querelen ganz auf, da nun ein anderer Postmeister daselbst fungirte.


Als der Krieg im Jahre 1763 beendet war, waren die Finanzen des Landes, der Wohlstand der Bevölkerung ruinirt, Handel und Verkehr auf das schwerste geschädigt, weil der Krieg alle Beziehungen im Lande und nach auswärts unterbrochen hatte.

Des Herzogs Friedrich harrte unter so trüben Verhältnissen eine lange Reihe ernster Aufgaben. Aber er nahm sofort nach Abschluß des Friedens die Arbeit energisch auf. Um den Wohlstand, Handel und Verkehr frisch zu beleben und damit die Finanzkraft des Staates zu kräftigen, dazu waren nicht zuletzt auch die Posten berufen. Sie hatten schon vor dem Kriege im Verkehrsleben des Landes eine achtungswerthe Stellung eingenommen und in den fünf Jahren von 1751 bis 1756 insgesammt Ueberschüsse zum Gesammtbetrage von 42000 Thlr. aufgebracht, ein Ergebniß, das erreicht worden war, ohne daß die Regierung den Posten außerordentliche Fürsorge hatte zuwenden können. Jedenfalls ergab sich hieraus, daß die Posten bei sachgemäßer Bewirthschaftung zu einer ergiebigen Einnahmequelle umgeschaffen werden konnten. Dieser Erwägung verschloß sich die Regierung auch nicht, aber bis zu dem Zeitpunkte, wo die Posten wieder Ueberschüsse von annehmbarer Höhe aufbringen konnten, bedurfte es noch jahrelanger Anstrengungen und ununterbrochener Fürsorge, denn das Kurssystem war im Kriege fast ganz zerstört worden, und auf den Postrouten, die während des Krieges nothdürftig den Betrieb hatten aufrecht erhalten können, waren die Einnahmen durch die in unglaublicher Weise betriebenen Unterschleife der Wagenmeister und Postillone sowie durch den in alter Weise blühenden Wettbewerb der Fuhrleute auf ein Mindestmaß gesunken.

Um der Arbeitslast, die die Verwaltung der Posten in den nächsten Jahren mit sich bringen mußte, zu entgehen und dennoch sofort aus den Posten eine sichere Rente zu beziehen, forderte Herzog Friedrich am 9. November 1763 daher die Kammer zu einem Gutachten darüber auf, ob nicht die zeitweilige Verpachtung der Posten an die Vorsteher der drei Hauptkontore oder an eine geeignete Privatperson zu dem beabsichtigten Ziel führen würde.

Im Kammer-Kollegium erhoben sich gegen diese Anregung der Regierung gewichtige Bedenken. Die Kammer verhehlte sich zwar nicht, daß die Posten eigene herzogliche Verkehrseinrichtungen seien, aber doch entsprechend ihrer bisherigen Entwicklung in erster Linie berufen wären, dem allgemeinen Besten nutzbar zu sein. Ob Sie diesen Zweck auch nach der Verpachtung noch erfüllen würden, mußte mit Recht zweifelhaft bleiben, da der Pächter in erster Linie an sein Interesse denken mußte. Um indeß dem herzoglichen Befehl Genüge zu leisten, erörterte man alle Gründe für und wider den Plan und forderte schließlich den Kammersekretär Livonius auf, sein Gutachten zur Sache abzugeben. Der von Livonius unter dem 29. November 1763 abgestattete Bericht verwarf gleichfalls den Plan einer Verpachtung der Posten; er schrieb u. A.: "Meklenburg ist bekanntermaßen so situirt, daß bei den vorhergehenden unruhigen Zeiten und durch die wenige Aufmerksamkeit, so man vorhin auf das Postwesen gehabt, demselben eine solche Benachtheiligung zugewachsen, daß auswärtige benachbarte Mächte in Ansehung der Posten beinahe ebensoviel zu sprechen haben als der Landesherr selbst."

"Schweden, Preußen und Kurhannover haben in Meklenburg Posten und exerciren die Kollektur. Die in Güstrow und Schwerin abgehenden Postwagen nach Hamburg und Lübeck dürfen, wenn auch völlige Fracht vorhanden ist, doch nicht ganz beladen werden, sondern es muß allemal für die in den Hypothek-Kontors Gadebusch, Wittenburg, Boizenburg und Rehna dazu kommende Personen und Päckereien Platz gelassen werden. Geschieht dies nicht, so werfen gedachte Postkontors entweder so viele Stücke herunter, als nöthig ist, ihre Päckereien fortzubringen, oder sind gar viele Postgüter vorhanden, so nehmen sie Beiwagen, und diese muß das hiesige Postärarium bezahlen. Ein solches ist für den Pächter eine große Beschwerde, er bleibt bei Abgang der Post allemal ungewiß, ob die aufgeladenen Sachen entweder nicht unterwegs liegen bleiben und er solcherhalb mit den Korrespondenten in Kontestation gerathe, oder ob nicht gar Beiwagen genommen werden, die den gehofften Ertrag wieder absorbiren."

"Die Post von Schwerin über Ratzeburg nach Hamburg unterhält die Posten des Schwerinschen Distrikts, sowie die Post von Güstrow über Boizenburg nach Hamburg und die Rostocker und Neubrandenburger Posten den Güstrowschen Distrikt unterhalten. Der liber transitus für die von Güstrow und Schwerin nach Hamburg durch das Lauenburgische gehenden Posten stützet sich nur auf eine convention gegen 300 Rthlr. jährliche Rekognition. Kann man dem Pächter die Versicherung geben, daß diese auf Johannis 1768 zu Ende gehende Konvention werde prolongirt werden? Ich bezweifle diese Prolongation aus vielen Gründen und glaube vielmehr muthmaßlich, daß von Kurhannover nach geendigter Konvention auf eine Kombination werde angetragen werden. Geschieht dies, so kann der Pächter nicht Kontrakt halten oder subsistiren."

"Preußen hat zwar eigentlich keine Kollektur und keine Postmeister außer zu Parchim, Neustadt, Grabow und Lübtheen, wird die heimliche und öffentliche Kollektur aber nachbleiben an allen Orten, wo ihre Posten passiren, wenn sie erfahren, daß die Posten verpachtet sind?"

"Im Rostocker Distrikt findet sich eine große Schwierigkeit wegen der Verpachtung. Die Benachtheiligung, welche daselbst durch die fahrende und reitende auswärtigen Posten vorgeht, ist bekannt genug. Hat der Pächter Kenntniß von Postsachen, so wird er verlangen, daß jene soll abgestellt werden, oder wenn dieses nicht geschehen kann, so wird er die Kosten für den ohnentgeltlichen Transport der verschlossenen Valise sowohl als den Schaden, der ihm dadurch erwächst, hoch genug anschlagen. Kennt er das Innere des Postwesens im Rostocker Distrikt nicht, sondern pachtet auf ein Gerathewohl, so wird er, wenn ihm die Augen aufgehen, um Remission anhalten und des Querulirens wird kein Ende sein."

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Geschichte des Landes-Postwesens