Abschnitt 2

Postwesen 1701-1785-Landespost-1756-1785


Auch Kütemeyer war angewiesen worden, seinem Kurse die gebührende Sorgfalt zuzuwenden und die Wagenmeister und Postillone besser zu überwachen, die gegen alle Ordnung besonders durch den vielstündigen Aufenthalt in jedem Kruge, wo sie von den Passagieren traktirt wurden, die Verzögerung der Posten zum großen Theil verursachten. Er schob die getadelten Mißstände ebenfalls auf die Wegeverhältnisse und berichtete "Ich will diese Leute (die Postfahrer und Postillone) keineswegs entschuldigen, allein ihre Vorträge erwecken fast Mitleiden; durch den bisherigen weichen Herbst und Winter sind die meisten Pferde kraftlos geworden und zum Theil gestorben, die Bedienten erkrankt, die Wagens zerbrechen öfters, und wenn keine Passagiers auf dem Wagen sind, bleibet die Post ganze halbe Nächte beliegen, weil kein Postillon befugt ist, sich davon zu entfernen, um Hülfe herbeizuholen. Nebendem ist mir bie Pfundenzahl zu 2500 Ladung vorgeschrieben, welche wohl bei gutem oder Frostwetter die schnelle Fahrt zuläßt, bei der jetzigen anhaltenden Tiefe und langen dunklen Nächten aber nicht erlaubet anders als schrittweise zu fahren, zu geschweigen der vielen her- und hingehenden Gelder von Hamburg, welche Vorkommenheit diesen Herbst posttäglich gewesen zu 20 - 40000 Rthlr., die vice versa nach Neubrandenburg und Strelitz gegangen, welche Lasten wie Steine die Wagen und Pferde gedrücket und obgleich die nöthigen Beiwagen besonders bei zustoßenden Landtagspackereien nicht geschonet worden, so haben dennoch bei den tiefen und dunklen Nächten die Pferde fast nur kriechen können."


Von der Regierung ergingen nun auf Brunsichs Betreiben erneut Verordnungen zur Beschleunigung des Postenlaufs und zur Wegebesserung, und zum Beweise, daß es ihr Ernst war mit ihren Weisungen, erhielt Oberjägermeister von Pentz Auftrag, zwei Forst- und Jagdbediente ("verschwiegene zuverlässige Leute") mit der Post nach Gadebusch hin- und zurückfahren zu lassen, welche sich Ankunft, Abgang und Stilllager der Posten unterwegs merken, ferner die Wege beobachten und über sonstige Vorkommnisse der Reise berichten sollten. Sie berichteten denn auch, daß die Verzögerung hauptsächlich darin läge, weil die Postwagen entsetzlich und wie ein Frachtwagen beladen gewesen wären, sonst aber an der Fahrt nichts auszusetzen gewesen sei. Neue Verordnungen waren die Folge dieses eigenartigen Versuchs, aber wie war es möglich, das tief eingewurzelte Uebel von Grund aus auszumerzen, da der starke Frachtverkehr besonders auf der geringen Zahl von Hauptstraßen diese in kurzer Zeit wieder in den alten Zustand bringen mußte!

Wie es auf den Wegen wirklich aussah, lehren zwei Klagen aus unbefangenem Munde, deren eine (des Grafen Plessen) bemängelt, daß der Kurs Güstrow - Neubrandenburg zwischen Stavenhagen und Güstrow oft 36 Stunden sich verzögere und zur Empfangnahme von Briefen häufig sogar Extraposten abgesandt werden müßten. Die andere - des Bürgermeisters und Posthalters Köhler in Penzlin - ließ verlauten, daß er den Postwagen zwischen Güstrow und Neubrandenburg kontraktlich vierspännig befördern solle, ihn aber wegen der erstaunlichen Ueberlastung häufig auch mit 7 Pferden nicht aus der Stelle bringen könne.

Erschienen diesen Zuständen gegenüber Brunsich's Reformbestrebungen auch wohl für ihn selbst zum Theil hoffnungslos, so hatte er gleichwohl noch sonstige Verbesserungen projektirt, von denen er eine Hebung des Postwesens erhoffen durfte. Vor Allem fehlte es, wie er schon bald nach dem Regierungsantritt an den Herzog berichtete, an einer gültigen Vorschrift, nach der sich jeder Postbeamte zu richten habe. Bisher sei deshalb vielfach willkürlich verfahren und von den Nebenkontors meist für die eigene Tasche gewirthschaftet worden. Er hatte deshalb den Entwurf zu einem Generalpostreglement ausgearbeitet, in welchem die dienstlichen Verhältnisse der Postoffizianten, die Beziehungen des Publikums zur Post und alle Dienstvorschriften festgelegt waren. Der Entwurf setzte den von dem Postdirektor von Schütz im Jahre 1725 vorgelegten Entwurf zu einem Reglement in vervollkommneter Weise fort. Auch eine vollständige Taxe hatte Brunsich ausgearbeitet; die Abfassung derselben sei allerdings schwierig und zeitraubend gewesen, weil bei keiner Postanstalt ein sicheres Fundament der jetzt gültigen Taxe vorhanden sei, außer daß man sich auf die von 1704 berufen habe, von der man aber doch, ohne die Ursache zu kennen, abgewichen sei.

Brunsich legte nunmehr diese Instruktion und Taxe im Entwurf mittels eindringlichen Berichts der Regierung vor und wies darauf hin, daß erst durch das Reglement endgültig geordnete Verhältnisse im Postwesen Platz greifen würden.

Leider hatten sich aber die Zeitverhältnisse inzwischen wieder derartig verschlechtert, daß die Regierung ihre Aufmerksamkeit wichtigeren Dingen zuwenden mußte. Sie beschränkte sich daher darauf, beide Entwürfe der Kammer zum Erachten zuzufertigen. Damit war die Sache vor der Hand erledigt, denn wenn auch Herzog Friedrich die Kammer aufgefordert hatte, ihr Gutachten über die Brunsich'chen Entwürfe unverzögert zu erstatten, so gerieth die Angelegenheit unter der wieder über Meklenburg hereinbrechenden Kriegsnoth gänzlich in Vergessenheit.

Es ist bekannt, daß Herzog Friedrich in dem 1756 aufs Neue ausgebrochenen Kriege auf Seiten der Gegner Friedrichs des Großen stand. In Folge dessen spielten die Kriegsereignisse bald auf meklenburgisches Gebiet über, das nun lange Zeit hindurch unter den Bedrückungen von Freund und Feind außerordentlich zu leiden hatte. Herzog Friedrich mußte mehrfach nach Lübeck, später nach Altona flüchten, Handel und Verkehr stockten vollständig; die öffentlichen Kassen wurden beschlagnahmt, und die preußischen Truppen schalteten ganz wie Herren im Lande.

Der Postverkehr, der gerade angefangen hatte, sich zu heben, nahm unter den Kriegsleiden schnell an Umfang ab; denn die Postkurse waren oft monatelang unterbrochen, und ihre Sicherheit und Pünktlichkeit fanden ein schnelles Ende. Am besten kann die Noth der Zeit, unter der die Posten ihren Dienst thun mußten, an den Posterträgen bemessen werden. Die Ueberschüsse der Posten beliefen sich

1755/56 auf 10126 Rthlr. 40 ßl.

1756/57 auf 7460 Rthlr. 22 ßl.

1757/58 auf 9251 Rthlr. 45 ßl.

1758/59 auf 9666 Rthlr. 29 ßl.

1759/60 auf 14995 Rthlr. 10 ßl.

1760/61 auf 14435 Rthlr. 16 ßl.

1761/62 auf 5703 Rthlr. 3 ßl.

Es möchte auffallen, daß trotz der Kriegsjahre von 1757 bis 1761 erhöhte Ueberschüsse erzielt wurden, man darf aber nicht übersehen, daß in dieser Zeit eine Münzverschlechterung unglaublicher Art stattgefunden hatte und daß jene Ueberschußbeträge in Wirklichkeit nur den vierten Theil an gutem Gelde darstellten.

Obendrein hatten die Posten für die preußischen Truppen auch noch schwere Leistungen mancher Art unentgeltlich auszuführen, z. B. Transportirung von Waffen, Munition, Nahrungsmitteln u. s. w.; das Postkontor Schwerin mußte u. A. während des Krieges für einige Hundert Staffetten 1657 Rthlr. Reitgelder aufwenden. Aktennachrichten zufolge betrug der den meklenburgischen Posten durch die Freibeförderungen von Postsendungen in dieser Zeit zugefügte mittelbare Schaden insgesammt 37609 Rthlr., wovon auf den Bezirk des Hauptkontors in Güstrow für das Jahr 1762, in welchem die Russen und Preußen vereint als Feinde im Lande standen, allein 18000 Rthl. (allerdings des schlechtesten Geldes) entfielen. Diese Beträge konnen zwar im Vergleich zu dem nach vielen Millionen zählenden Schaden, den das unglückliche Land durch den Krieg erdulden mußte, nicht in Betracht kommen, aber im Hinblick auf das nur kleine meklenburgische Postnetz reden jene Zahlen doch eine deutliche Sprache und bestätigen vollinhaltlich die trüben Schilderungen, die über die Noth und die Leiden des Landes im siebenjährigen Kriege aufbewahrt worden sind.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Geschichte des Landes-Postwesens