Abschnitt 1

Postwesen 1701-1785-Landespost-1756-1785


III. Das Postwesen in Meklenburg - Schwerin von 1701 bis 1785.


1. Die Landespost in Meklenburg - Schwerin

e. Unter Herzog Friedrich (1756-1785).

Aeußerlich konnte oder wollte auch Brunsich die Posten keiner Veränderung unterwerfen: der Postkurs, die Route mit den Stationen, blieb, wie sie schon seit Anlegung der Kurse gewesen war; alle Hauptkurse verkehrten zweimal wöchentlich, die Neben- und Seitenkurse abhängig davon auch zwei- oder einmal wöchentlich. Aber Brunsich faßte das Wesen der Posten mit tieferem Verständniß auf. Er sah ein, daß Pünktlichkeit in der Beförderung die Vortheile einer schnellen Beförderung auf Kosten der Regelmaßigkeit des Ganges bedeutend überwog. Bisher hatten zwar auch Vorschriften über das Stundenhalten der Posten bestanden, d. h. wie lange die Postillone auf eine Meile fahren und wie lange sie an den Stationsorten verweilen konnten; die Bestimmungen kamen aber immer bald außer Gebrauch. Die Hindernisse, welche den Gang der Posten verzögert und das Stundenhalten unmöglich gemacht hatten, - schlechte Wege, saumselige Postillone bei mangelnder Aufsicht, übemaßige Ladung und schlechte Gespanne - suchte Brunsich von Grund aus zu beseitigen. Die Wegebesserung war auf sein Betreiben im Gange. Demnächst erging die Kammerverordnung vom 28. Januar 1756, welche das Ladungsgewicht der Postwagen auf 4 - 5 Ctr. pro Pferd beschränkte, und befahl, daß je nach Lage der Verhältnisse entweder einzelne Ladungsstücke zurückgelassen oder, wenn die Kosten aufkommen würden, Beiwagen zur Beförderung von Personen oder Sachen genommen werden konnten. Dann erneuerte Brunsich die wegen der Stunden- und Frachtzettel früher erlassenen Vorschriften, sodaß nun gegen die lässigen Postillone, die unterwegs nach Gutdünken die Post verzögerten, auf Grund dieser Verordnungen eingeschritten werden konnte. Daß nur äußerste Strenge die seit langer Zeit eingerissenen Mißstände abstellen konnte, zeigte das durchaus nicht ungewöhnliche Beispiel des Postillons auf der Station Schwerin - Demen (- Güstrow); derselbe fuhr die Strecke immer sehr schlecht und langsam. "Seine pferde wären, so war die allgemeine Klage, schlecht und ermüdet, sodaß sie zuweilen stille standen und der Knecht dabei liegen gegangen, weshalb die Passagiere abgestiegen und über eine Meile bis Demen zu Fuß marschieret wären; auf die drei Meilen bis Demen hätte der Knecht 9 1/2 Stunden zugebracht. Die Pferde seien daher so schlecht, weil der Postillon (Posthalter) seine Pferde solchergestalt strapazierte, daß er beständig Extrapostfuhren thäte, und wenn von einer Extrafuhr die Pferde ungefähr eine Stunde zu Hause wären, so müßten sie sofort wieder vor die Post legen."

In den Stundenzetteln wurde nun die Entfernung der einzelnen Stationen und die Fahrzeit vermerkt - ein bedeutender Fortschritt gegen früher, da mancher Postfahrer bis dahin selbst nicht gewußt hatte, wie groß der von ihm zurückzulegende Weg und binnen welcher Frist derselbe zurückzulegen war. Im Allgemeinen war es Brauch, den Postillonen für jede Meile im Sommer 1 1/4, im Winter 1 1/2 Stunde Fahrzeit zu gewähren. Diese Fristen wurden jetzt auf Brunsichs Betreiben allgemein eingeführt, sodaß nun die Posten regelmäßiger kursirten als früher, die Posten der Nebenkurse rechtzeitig eintrafen und besonders der Anschluß an fremde Kurse bei den Grenzpostämtern jederzeit sicher gestellt war. Nun konnte oder sollte es doch wenigstens sich nicht mehr ereignen, daß z. B. in Boizenburg, wo Posten nach Berlin, Halle, Hamburg, Ratzeburg und Lüneburg abgingen, der Anschluß der meklenburgischen Posten, wie sonst so häufig, verfehlt wurde, sodaß die Passagiere tagelang in Boizenburg verweilen mußten.

Auch der Ober-Aufseher in Boizenburg kam der meklenburgischen Regierung bei diesen Verbesserungen nach Möglichkeit entgegen. Der Postmeister Manecke daselbst erhielt Weisung, auf die Posthalter und Postillone der Strecke Boizenburg - Hamburg - vornehmlich an dem großen Knotenpunkt Escheburg - scharfe Obacht zu haben. Manecke berichtete auch, wie saumselig bisher die Posten auf meklenburgischem Gebiet gegangen und wie häufig der Anschluß in Boizenburg an die preußischen Posten versäumt sei; die Ursache läge auch nicht, wie der Postdirektor Roland in einem Promemoria angegeben hätte, an den Postfahrern zwischen Boizenburg und Hamburg, sondern an den Stationen auf herzoglichem Gebiet. "Solcherwegen habe er nicht allein privatim bei den herzoglich meklenburgischen Postämtern sondern auch durch publique avertissements auf dem Kurs von Boizenburg bis Güstrow verschiedene und öftere Anregung gemacht und nicht unterlassen, den Schaden, so dem Postwesen daraus zuwüchse, deutlich zu machen, jedoch den gewünschten Zweck nicht erreichen mögen."

Der Bericht Maneckes, der mit offenbarer Sachkenntnis geschrieben war und in Schwerin überzeugen mußte, war der Regierung trotzdem um so unliebsamer, als er aus dem Hypothekamte, gleichsam einem fremden Gebiete kam. In der Kammer wurde er noch mit der bissigen Bemerkung versehen: "Je offenbarer der Grund zu diesem Promemoria ist, desto schlechtere Ehre machet er unseren Postkontors zu Schwerin und Güstrow, am besten wäre es, dasselbe dem Roland mitzutheilen, mit den Worten: Si tacuisses etc ." Auf Brunsichs Betreiben war die Kammer auch einsichtig genug, den drei Hauptpostämtern in Schwerin, Rostock und Güstrow nunmehr aufzugeben, dem Postkurswesen ihre ganze Aufmerksamkeit zuzuwenden und unnachsichtlich jede Versäumniß oder Nachlässigkeit zu bestrafen.

Roland fühlte sich empfindlich gekränkt. Er gestand zu, daß allerdings die Schwerin - Boizenburg - Hamburger Post außerordentlich langsam fahre und häufig sich verspäte, "wovon Niemand mehr Beschwerde hat als das Schweriner Kontor, indem Licht und Lampen ganze Nächte mit meinem Schaden brennen und der Expediteur als der Kontorschreiber und Litzenbruder bis an den hellen Morgen aufpassen und in den Kleidern bleiben müssen," die Post sei aber dem Postkontor in Güstrow unterstellt, halte in Schwerin nur 2 Stunden zur Expedition und zum Pferdewechsel, und müsse die Kammer dem Güstrow'schen Kontor die erforderliche Weisung zukommen lassen.

Da auch der langsame Gang des ihm unterstellten Kurses Schwerin - Ratzeburg - Hamburg gerügt war, so rechtfertigte sich Roland gegen diesen Vorwurf mit den Worten: "Ich habe mir alle menschenmöglichste Mühe gegeben, die Fahrt der Schwerin - Hamburger Post, welche über Ratzeburg geht und nur allein unter meiner Inspektion steht, zu befördern, und wie ich an Warnen, Schreiben, Drohen und Strafen nichts erwinden ließ, so ist auch bekannt, daß gedachte Post nach jetziger Jahreszeit (Dezember 1757) und Beschaffenheit der Wege und Witterung eine Zeit lang ziemlich früh und Abends um 9 Uhr hier eingetroffen, außer 2 Mal, da einmal der Postwagen im Trittower Holze stecken geblieben und erst wieder herausgezogen werden müssen und ein ander Mal ein Pferd krank geworden und dernnächst umgefallen."

"Und wie die Post auf dieser Fahrtt fünf diverse, worunter vier fremde territoria passiren muß, so ist der herzoglichen Regierung selbst bekannt, wie oft ich designationes von nöthigen Wegereparaturen eingegeben; da aber solches nichts gefruchtet, vielmehr die Wege bisher geblieben, wie sie immer gewesen, ja noch von Tag zu Tage mehr ausgefahren und schlechter werden, so ist es eine wahre Unmöglichkeit, daß dieser Postkurs, zumal bei Winterszeit accurat und ordentlich beschafft werden kann."

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Geschichte des Landes-Postwesens