Abschnitt 2

Postwesen 1701-1785-Landespost-1747-1756


Unter solchen Verhättnissen konnte es nicht ausbleiben, daß die Erträge, welche die Regierung im Lande haben konnte, nicht von Jahr zu Jahr sich vermehrten, sondern sich von 1740 bis zum Jahre 1750 fast ständig auf gleicher Höhe hielten. Diese Erscheinung trat auch im Postwesen deutlich zu Tage. Wie ein Blick auf die Finanzergebnisse der Posten in der Periode zwischen 1740 und 1750 erkennen läßt, haben sich die Einkünfte in dieser Zeit fast jedes Jahr gleichbleibend auf etwa 6000 Rthlr. belaufen. In dem einen Jahre wurde dieser Betrag um ein Geringes überstiegen, im anderen Jahre blieb der Ertrag wieder unter dem Durchschnitt. Demgegenüber war die wirthschaftliche Entwicklung des Landes langsam aber stetig fortgeschritten, ohne daß schwerere Krisen - abgesehen von der in den Jahren 1744 und 1745 herrschenden, allerdings verheerenden Viehseuche - sich fühlbar gemacht hätten. Der wirthschaftliche Fortschritt hätte sich demnach folgerichtig in einer entsprechenden Steigerung des Postverkehrs und der Posteinnahmen bemerkbar machen müssen. Das war aber, wie wir gesehen haben, nicht der Fall; ein Beweis, daß dem Organismus des Postwesens schwer wiegende Mängel anhaften mußten. Diese waren allerdings auch zahlreich vorhanden.


Die Akten aus jener Zeit lassen durchaus nicht die Annahme zu, als hätte die Regierung in diesem Decennium den Posten nicht die erforderliche Sorgfalt zugewendet. Sie berichten vielmehr von mannigfachen Verhandlungen, die im Schooße der Regierung stattfanden, um den Schäden auf den Grund zu kommen - aber um wirklich Tüchtiges zu erreichen, war eine umfängliche Reformarbeit vorzunehmen, und hierzu fehlten eben die Mittel gänzlich. Uebrigens funktionirte die Maschinerie des Postwesens in leidlich guter Weise, die schweren Gebrechen, die vorhanden waren, traten für unkundige Augen nicht leicht bemerkbar zu Tage. Im Großen und Ganzen waren auch jetzt noch in der Postverwaltung deutlich die Spuren der Thätigkeit des Geh. Kammerraths Mumme zu erkennen. Trotzdem seit dessen Ausscheiden bereits mehr als 40 Jahre, reich an politischen und wirthschaftlichen Wechselfällen, verstrichen waren, wurden alle von Mumme für wesentlich andere Verhältnisse zugeschnittenen Dienst- und Verwaltungsgrundsätze in unveränderter Weise beibehalten und ausgeübt. Alle für die Beziehungen zwischen Post und Publikum erlassenen Vorschriften, die jeder Schwankung und Aenderung der Wirthschaftslage eigentlich hätten angepaßt werden müssen, waren noch aus der Zeit des Herzogs Friedrich Wilhelm in Geltung, und ebenso waren auch die Taxvorschriften, die noch aus der Verwaltung Mumme's herrührten, unverändert geblieben, obgleich die finanzielle Lage des Landes sich in den vierziger Jahren gegenüber den ersten Jahren des Jahrhunderts wesentlich verschlechtert hatte. Allerdings waren im Laufe der Zeit, veranlaßt durch örtliche Verhältnisse, durch die Konkurrenz der fremden Posten, vielleicht auch in diesem ober jenem Falle durch die Habsucht einzelner Postmeister, mehrfache Abänderungen der Taxvorschriften vorgenommen worden, aber diese waren ohne Rücksicht auf das Publikum von den Postmeistern eigenmächtig - lediglich im Interesse der Postkontore - eingeführt worden und hatten bewirkt, daß im Lande selbst sinnwidrige Verhältnisse hinsichtlich der Taxirungsvorschriften Platz gegriffen hatten. Die Postkurse hatten eine Aenderung nicht erfahren; sie nahmen unbeirrt ihren alten Weg, ohne daß umfänglichere Kursregulirungen - Einrichtung neuer Wege, Aufhebung entbehrlicher Kurse, Vermehrung einträglicher Linien - eingetreten wären.

Herzog Christian Ludwig hatte den Zustand des Postwesens schon seit geraumer Zeit aufmerksam im Auge behalten. Um den Posten eine eingehendere Beaufsichtigung zuzuwenden, ernannte er im Jahre 1749 den Geh. Kammerrath von Smith zum Ober-Postdirektor. Aber dieser war nicht die geeignete Persönlichkeit, um auf einem lange vernachlässigten Gebiete wohlthätige Reformen durchzuführen. Er schied auch noch in demselben Jahre oder doch im Jahre 1750 aus dem Dienste, nachdem er wegen Veruntreuung herrschaftlicher Gelder in Untersuchung gekommen war. Die Akten berichten von seiner Thätigkeit in Postsachen nur ganz vereinzelt; vielleicht kann man daraus schließen, daß er im Kammer-Kollegium lediglich in Postangelegenheiten referirte und das Kollegium nach wie vor die Leitung des Postwesens ausübte.

Aber die Regierung wendete den Posten jetzt doch größere Aufmerksamkeit zu und suchte die besonders hervortretenden Mißstände abzustellen. Vor allem mußten die Unterschleife der Postbeamten, die an manchen Orten geradezu im Großen betrieben wurden, möglichst verhütet werden, wenn die Postintraden eine Steigerung erfahren sollten. Doch fehlte es an Erfahrung, an welcher Stelle man hierfür mit Reformen zu beginnen hätte. Ob deshalb die Verordnung Herzog Christian Ludwigs vom 6. Mai 1749 wegen der beim Postwesen und der Accise von Beamten und dem Publikum begangenen Unterschleife schon gleich von durchschlagendem Erfolg war, muß dahingestellt bleiben, denn am 24. Januar 1750 sah sich der Herzog genöthigt, die bisher für Korrespondenzen der Behörden mit dem Herzoge und untereinander bestehenden Portofreiheiten - ein großes Hülfsmittel für allerlei Betrügereien - gänzlich aufzuheben und dafür volle Portozahlung einzuführen. Augenscheinlich war mit dieser Verordnung der rechte Weg eingeschlagen, denn die Erträge der Posten stiegen im Jahre 1749/50 zum ersten Mal seit dem Bestehen der Posten auf über 7000 Rthlr., nämlich auf 7110 Rthlr. Ein Erfolg war demnach schon zu verzeichnen, wenn auch im Hinblick auf die ruhigen Zeitverhältnisse ein wesentlich höherer Ueberschuß hätte erwartet werden dürfen.

Auch bei der Regierung machte sich dieser Gedanke rege, aber man war sich über die einzuschlagenden Mittel, bessere Erfolge zu erzielen, nicht recht klar. Kostspielige Versuche konnten wegen der finanziellen Lage des Landes nicht angestellt werden; auf der anderen Seite erinnerten die nicht unbeträchtlichen Zahlen in den Jahresabschlüssen der PostverwlItung - im Jahre 1751/52 betrugen die Roheinnahmen 25211 Rthlr., die Ausgaben 17350 Rthlr., die Ueberschüsse 7861 Rthlr. - in unbequemer Weise daran, daß bei sachgemäßer Leitung wesentlich höhere Erträge aus den Posten zu erzielen gewesen wären. Zu verwundern ist es nicht, daß bei dieser Sachlage auch von den unteren Organen der Postverwaltung zahlreiche Vorschläge einliefen, das Problem billig und einfach zu lösen. Der Hofpostmeister Roland in Schwerin, früher herzoglicher Kabinetssekretär, war besonders eifrig bedacht, Verbesserungsvorschläge abzugeben. Von seiner Hand finden sich zahlreiche Anträge, Vorschläge, Gutachten, Promemorien u. s. w., die allerdings vermeintliche Verbesserungen im Postwesen zum Vorsatz hatten, aber nicht immer als solche gelten konnten, da Roland offenbar technisch nicht genügend vorgebildet war. Seine Vorschläge liefen in letzter Linie auch immer wieder auf Beseitigung der Mißstände hinaus, welche die ständigen Begleiter der Landespost seit ihrer Einrichtung in Meklenburg gewesen waren. Besserung der Straßen, Regelung des Ladungsgewichts der Posten, des Stundenhaltens der Postillone und der Konkurrenz des Fuhrgewerbes.

Unmittelbaren Erfolg hatte Roland mit seinen Anträgen zwar nicht, aber sie waren doch der Grund, daß das Interesse der Regierung und Kammer an den Posten nicht erkaltete. In der Kammer war besonders der Geheime Rath Brunsich Edler von Brun, der anscheinend größere Erfahrung auf weiten Reisen gesammelt hatte, bestrebt, an der Reform der Posten mitzuwirken.

Unter dem 14. October 1753 wurde ihm das Amt eines Ober-Postdirektors übertragen, so daß er jetzt ein unmittelbares Interesse hatte, seine Bestrebungen zu bethätigen.

Der Hauptschwerpunkt von Brunsichs Thätigkeit fällt aber schon in die Regierung des Herzogs Friedrich, der 1756 seinem Vater, Herzog Christian Ludwig II., gefolgt war.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Geschichte des Landes-Postwesens