Abschnitt 1

Postwesen 1701-1785-Landespost-1747-1756


II. Das Postwesen in Meklenburg - Schwerin von 1701 bis 1785.


1. Die Landespost in Meklenburg - Schwerin

d. Unter Herzog Christian Ludwig (1747-1756).

Mit dem Regierungsantritt des Herzogs Christian Ludwig II. wurde der Kammer auch wieder die Verwaltung des Postwesens übertragen. Die specielle Bearbeitung der Ppostsachen ruhte zunächst aber nicht, wie es zu Anfang des Jahrhunderts zum Vortheil der Posten der Fall gewesen war, in der Hand eines Kammermitgliedes, sondern unterstand der Kollegialbehandlung der Kammer; für wichtigere Gegenstände war auch jetzt die Regierung bz. der Herzog ausschließlich zuständig. Die Kammer erhielt noch im Jahre 1747 Gelegenheit, sich eingehender mit dem Postwesen befassen zu müssen. In diesem Jahre hatten sich nämlich Differenzen mit der hannvoerschen Regierung wegen der Auslegung der Konvention von 1743 ergeben. Bis dahin hatte in Ratzeburg ein eigenes meklenburgisches Postamt unter dem herzoglichen Postmeister Bergmann bestanden; im Jahre 1743 war daselbst auch ein hannöversches Postamt unter dem lauenburgischen Regierungssekretär Steding eingerichtet worden. Dieser forderte - jedenfalls von der Regierung in Hannover veranlaßt - nach dem Tode Bergmanns im Jahre 1747 die Uebertragung des Amts als meklenburgischer Postmeister. Als die herzoglichen Posten trotzdem nach wie vor bei dem Bergmannschen Hause vorfuhren, überwies er die eingesammelten, für die meklenburgischen Posten bestimmten Korrespondenzen nicht der meklenburgischen, sondern der schwedischen Post, welche auch über Ratzeburg kursirte. Die Beschwerden der herzoglichen Kammer fruchteten nichts, da in Hannover augenscheinlich von Neuem der Gedanke aufgetaucht war, den meklenburgischen Posten nach Hamburg Schwierigkeiten in den Weg zu legen und möglichst das meklenburgische Postkontor aus Ratzeburg zu verdrängen. Das sah man in Schwerin sehr wohl ein, und da langwierige Verhandlungen keinen Erfolg verhießen, so wurde dem hannoverschen Postmeister Steding in Ratzeburg die Abfertigung der meklenburgischen Posten mit übertragen. Er vollzog einen Revers des Inhalts, daß er genau nach der Konvention von 1743 verfahren und unter "Verpfändung seiner Habe und Güter dafür sorgen wolle, daß der Konvention in keinem Stücke zuwider gehandelt werde." Dieses Versprechen hatte aber gar keine Bedeutung mehr, denn von Lauenburg und Ratzeburg nach Hamburg waren in der Zwischenzeit hannoversche Postkurse eingerichtet worden, welche den meklenburgischen Posten großen Schaden zufügten, da sie die gesammte Korrespondenz Lauenburgs, welche bisher allein die meklenburgischen Posten befördert hatten, an sich zogen.

Wie fühlbar die Konkurrenz dieser hannoverschen Posten hervortrat, zeigt ein Schreiben des meklenburgischen Postmeisters Kroon in Hamburg aus dem Jahre 1748. Nach demselben that die Post "den meklenburgischen Postintraden besonderen Schaden, weil

1. Alle, die in Lauenburg und Ratzeburg gesessen, bei ihrer Hin- und Rückreise nach Hamburg sich solcher bedienten;

2. weilen die Sonntagspost mit den von hier nach Meklenburg reisenden Juden immer besetzt ist, die sie des Sabbats wegen der meklenburgischen Post vorziehen und den Umweg nicht achten;

3. weil das Porto sehr gering gestellet ist, so werden auch mit derselben viele Sachen versandt; was aber noch am nachtheiligsten ist, so werden

4. alle diejenigen Güter, so aus dem Reiche als von Leipzig, Braunschweig, Kassel u. s. w. mit der kombinirten Post hieselbst eintreffen, und vordem, wie sichs gebühret, von derselben in hiesiges meklenburgisches Postamt zur weiteren Beförderung eingeliefert zu werden pflegten, jetzo aus dem hannöverschen Postkontor mit ihrer neuen Post auf Ratzeburg fortgeschaffet und von dort ab erstlich nach Meklenburg an die destinirten Oerter befördert, wodurch dann der meklenburgischen Post der Nachtheil zuwächst, daß sie nicht nur das porto von Hamburg nach Ratzeburg von solchen Sachen verliert, sondern es wird ihr noch überdem eben das verlohrene porto zu Ratzeburg als Auslage an schwerem Gelde angerechnet, woraus dann entstehet, daß quartaliter dahin soviel schwer Geld zu vergüten ist. Es wäre also bey solchen Umständen wohl kein Wunder, wenn die meklenburgischen Postgefälle sich verringerten."

Kroon glaubte, wenn den Juden der Reisezwang auferlegt würde, daß dann den meklenburgischen Posten erhebliche Mehraufkünfte zufließen würden. Zur Begründung dieser Behauptung verstieg er sich zu folgendem Vorschlage: "Den in Meklenburg gesessenen Juden wäre anzubefehlen, sich nicht von Meklenburg nach Hamburg zu begeben, ohne sich wenigstens von Ratzeburg oder Boizenburg ab der meklenburgischen Post zu bedienen und ebenfalls von Hamburg ab nach Boizenburg oder Ratzeburg; im Widrigen aber, und falls sie sich einer anderen Post bedienten, bei ihrer Retour in Meklenburg in 2 Rthlr. Strafe verfallen seyn sollten, sofern sie nicht aus hiesigem hochfürstl. Postamt einen Schein vorzuzeigen vermöchten, daß sie von Boizenburg oder Ratzeburg mit der hochfürstl. meklenburgischen Post anhero gekommen und auch rnit derselben wieder von hier zurückgekehrt seien; imgleichen müßte dem Schwerinschen Hofjuden Hinrichsen ebenmäßig untersagt werden, keinem von Hamburg oder Altona eintreffenden Juden die Handlung in Meklenburg zu vergönnen ohne Vorzeigung eines Postscheines, daß er von Hamburg mit der meklenburgischen Post abgereiset sei, wodurch denn dieses gravamen, so auf das wenigste 100 Rthlr. des Jahres einbringen müßte, ganz leichte und ohne einer fremden Post Eintrag zu thun, gehoben werden könnte."

Der Vorschlag Kroons fand indessen keine Berücksichtigung, da die Regierung sich mit dem durch den Postmeister ausgestellten Revers, der Konvention nicht zuwider zu handeln, begnügen zu müssen glaubte.

Die 1743 auf 8 Jahre abgeschlossene Konvention mit Hannover wurde daher im Jahre 1751 auf weitere 16 Jahre erneuert.

Die Nachgiebigkeit, welche der meklenburgische Hof bei dieser Angelegenheit und ebenso vier Jahre früher bei einem ähnlichen Anlaß wegen des Durchgangs der meklenburgischen Posten durch Lauenburg bethätigt hatte, entsprang in erster Linie der eigenen persönlichen Willensmeinung des Herzogs Christian Ludwig, der bei den im Großen und Ganzen noch wenig befriedigenden inneren Verhältnissen des Landes möglichst jeden Zwistt nach außen zu vermeiden und alle Kräfte für die Besserung der inneren Lage des Landes zu sammeln suchte. Damit hatte es vor der Hand aber noch gute Weile. Die Kriegswirren hatten zwar schon vor zwölf Jahren aufgehört, und die äußeren Spuren des früheren Niedergangs waren während mehrjähriger, nach schwerer Kriegsnoth doppelt erfreulicher Zeit der Ruhe mehr und mehr verwischt worden, Ordnung und Zuverlässigkeit waren in ernster, eifriger Friedensarbeit zurückgekehrt, aber trotzdem harrte eine Reihe schwieriger Aufgaben noch immer der Erledigung. Das Verhältniß zwischen Regierung und Ritterschaft hatte noch nichts an Schärfe eingebüßt Vor Allem hemmte eine drückende Schuldenlast die Regierung an freier Bewegung, und die Wiedereinlösung der verpfändeten zwölf Aemter bildete ein Problem, welches allerdings schon oft erwogen worden war, aber eben so oft wieder hatte bei Seite gestellt werden müssen, weil es bei dem herrschenden Geldmangel der Geldkraft des Landes unmögliche Opfer zugemuthet haben würde. Die herzoglichen Einkünfte waren auch zu Ende der vierziger Jahre noch verhältnißmäßig sehr gering, und bis zum Jahre 1747 hatten aus ihnen noch die Kosten zweier Hofhaltungen - für Herzog Carl Leopold in Wismar und für Herzog Christian Ludwig in Schwerin - bestritten werden müssen, sodaß der Rest der Einkünfte nur knapp hinreichte, die laufenden Bedürfnisse für Verwaltung und Regierung zu befriedigen. So war die Regierung wider Willen gezwungen, kostspielige Neuerungen und Verbesserungen auf günstigere Zeit zu verschieben. Die Quellen, aus denen die Regierung schöpfen konnte, waren sämmtlich voll in Anspruch genommen, ohne daß sich die Möglichkeit geboten hätte, den Lauf der Quelle bei Zeiten zu stärken und ihr neuen Zufluß zuzuführen.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Geschichte des Landes-Postwesens