Abschnitt 3

Postwesen 1701-1785-Landespost-1735-1747


Ernster waren die Differenzen, welche mit der Krone Hannover noch zu Anfang der vierziger Jahre wegen des Durchgangs der meklenburgischen Posten durch Lauenburg entstanden. Bis zum Jahre 1740 waren wegen des Bestehens meklenburgischer Postkurse auf lauenburger Gebiet irgend welche Verhandlungen zwischen den betheiligten Regierungen nicht gepflogen worden. Aber während der Exekution hatte die hannoversche Regierung die Bedeutung und den Werth der Hamburger Posten für Meklenburg kennen gelernt und bemühte sich nun, an den Aufkünften der Postkurse, wenigstens von Lauenburg ab, Antheil zu haben. Ein Vorwand, die Frage anzuregen, war bald gefunden. Das hannoversche Regierungskollegium in Ratzeburg hatte um Bewilligung umfänglicher Portofreiheiten auf den Meklenburg - Hamburger Postkursen nachgesucht, war aber abschlägig beschieden worden. Darauf lief aus Hannover die Erwiderung ein, daß den meklenburgischen Posten, weil kein Vertrag über den Transit bestehe, die Durchfahrt durch das Lauenburger Gebiet nicht gestattet werden könnte. Der meklenburgischen Regierung wurde aber freigestellt, die Posten bis Ratzeburg und Lauenburg zu führen, von wo ab Hannover für eigene Rechnung die Postkurse bis Hamburg unterhalten würde. Herzog Christian Ludwig bemühte sich natürlich sofort mit dem Hinweis auf den fünfzigjährigen Bestand der Posten diese harten Maßregeln abzuwenden, aber in dem Antwortschreiben des Königs Georg von England - Hannover (d. d. Kensington 15./26. October 1742) hieß es: "Denn was die jura territorialia in Absicht der Posten mitbringen, und welchergestalt kein deutscher Reichsstand fremde Posten in seinem Lande zuzulassen ober zu dulden ohne hinzukommende concessiones, pacta oder besonders von dem anderen Theil erworbene Gerechtsame schuldig sei, das ist Euer Liebden ohne mein Anführen bekannt. Dergleichen Concessiones sind aber über besagte Post von mir und meinen Vorfahren an der Regierung niemals ertheilt worden. Und wie aus der seitherigen Tolerantz als einer bloßen willkürlichen Sache so wenig eine beständige in perpetuum sich erstreckende Bewilligung gefolgert werden, als durch selbige mir die Befugniß benommen sein kann, meine lauenburgischen Posten auf eine erlaubte Art zu verbessern, da dieses wiederum auf eine rem merae facultatis hiuausläuft, also würde auch, wenn es gleich mit der angezogenen fünfzigjährigen possession seine Richtigkeit hatte und man die Sache auf den Fuß ansehen wollte und könnte, als ob es dabei auf die Erwerbung eines juris singularis ankäme, dennoch die Zeit solcher possession noch lange nicht an die Anzahl Jahre reichen, welche zu einem unvordenklichen Besitz und einer darauf zu bauenden praescription nöthig ist, so daß an allen Seiten sich unzweifelhaft zu Tage leget, wasmaßen ich die mehrgedachten meklenburgischen Posten in meinem lauenburgischen Territorio nicht zu dulden befugt, hingegen aber die Anbindung derselben mit meinen lauenburgischen Posten dasjenige einzige Mittel sei, welches bewandten Umständen nach ohne meine Benachtheiligung und mit Beobachtung der Bequemlichkeit des Publici und Ew. Lbd. eigener Convenienz eintreten könne.


Meines Bedünkens ist die von Ew. Ld. geäußerte Bedenklichkeit, wasmaßen dieselben Sich als kaiserlicher Kommissarius nicht befugt hielten, dergleichen transactiones einzugehen, dadurch erlediget worden, daß der von meinem ministerio geschehene Antrag auf etwas temporaires gerichtet ist.

Auf allen Fall wird es mir aber nicht verdacht werden können, daß ich mich meines habenden Rechts bediene, alß wodurch nach der gemeinen Rechtsregul Niemandem Unrecht geschehen wird."

Die nun in der Angelegenheit abgehaltenen Konferenzen verliefen ohne ein für Meklenburg günstigeres Resultat. Andere Schritte, die Christian Ludwig unternahm, um aus der Verlegenheit herauszukommen - Einforderung rechtlicher Gutachten von mehreren Universitaten u. s. w. - führten auch zu keinem Ziel, denn die Universität in Halle bat, ihr die Beantwortung der gestellten Fragen zu erlassen, "dieweilen sie aus erheblichen Ursachen die Ertheilung dieses responsi bedenklich halte;" die sonst um ihre Ansicht angegangenen Fakultäten wichen in ihren Aussprüchen bedenklich von einander ab. Selbst an den Reichshofrath und an den Hof in Berlin wandte sich Herzog Christian Ludwig mit der Bitte um Vermittlung, aber gleichfalls ohne Erfofg, denn der Reichshofrath nahm die Partei Hannovers. Ein Antwortschreiben aus Berlin oder ein Vermerk, daß der Berliner Hof die Vermittlerrolle übernommen hätte, findet sich nicht in den Akten. In dieser Noth suchte Christian Ludwig nochmals bei Hannover selbstgünstigere Bedingungen zu erzielen, indem er in eindringlichen Worten das Recht Meklenburgs an dem Durchgange der Posten durch Lauenburg klar zu beweisen suchte; er erzielte damit aber nichts, sondern rief obendrein noch die bündige Erklärung Hannovers hervor, daß die bisherige Durchfahrt und Ablager der meklenburgischen Posten im Lauenburgischen nicht weiter gestattet werden könnten. Doch zeigte sich die englische Regierung zu weiteren kommissarischen Unterhandlungen bereit. (Schreiben aus St. James 4/15. März 1743). Um etwaigen Gewaltmaßregeln der hannoverschen Regierung nach Möglichkeit vorzubeugen, entschloß sich Herzog Christian Ludwig in die von Hannover vorgeschlagene kommissarische Verhandlung der Angelegenheit einzutreten. Als herzoglicher Abgeordneter ging der Zahlkommissair Balck nach Hannover. Er hatte infolge seines gewandten Auftretens auch den Erfolg, daß am 21. September 1743 eine Konvention zustande kam, nach welcher den meklenburgischen Posten gegen eine jährliche Rekognition von 300 Rthlr. nicht allein der Transit, sondern auch die Kollektur und die Distribution von Postsendungen auf lauenburger Gebiet in bisherigem Umfange zugestanden wurde. Die Konvention sollte vorerst auf die Dauer von 8 Jahren von Bestand sein.

Dieses für Meklenburg günstige Resultat läßt sich nur durch die Absicht der hannoverschen Regierung erklären, künftig zwischen Hamburg und den lauenburgischen Städten eigene Posten anzulegen; vielleicht war man in Hannover auch der Ansicht, daß die Kommunionposten Lauenburg - Hamburg keine höheren Erträge als 300 Rthlr. abwerfen würden. Wie dem auch sei, die Konvention wurde von beiden Regierungen bestätigt. Zu größerer Sicherheit wurde in der Postkonvention das Postregal der Krone Hannover in Lauenburg außer Zweifel gesetzt. Die meklenburgische Regierung sagte zu, daß die Korrespondenz aus Meklenburg nach Hannover, die bis dahin vielfach den Weg über Hamburg genommen hatte, über Lüneburg geleitet, wogegen ihr für den Portoausfall eine angemessene Vergütung gewährt werden solle; schließlich war noch wegen einiger Postfreiheiten für einzelne hannoversche Beamte das Erforderliche vereinbart worden.

Trotz der scheinbar unüberwindlichen Schwierigkeiten wegen des Durchgangs der Posten hatte Meklenburg durch die Konvention einen überraschend günstigen Erfolg erzielt, denn die geringe Jahresabgabe von 300 Rthlr. konnte bei den stetig wachsenden Aufkünften der Landesposten nicht wesentlich in Frage kommen, zumal jetzt der Besitzstand der wichtigen meklenburgischen Posten nach Hamburg auf lauenburgischem Gebiet vertragsmäßig sichergestellt und anerkannt war. -

Im Jahre 1747 starb Herzog Carl Leopold, ohne Leibeserben zu hinterlassen. Die Regierung fiel nun an seinen Bruder, Herzog Christian Ludwig, sodaß dessen kaiserliches Kommissorium nunmehr erlosch. Um die Regierung hatte sich Herzog Carl Leopold in den letzten Jahren nicht mehr bekümmert; das hatte ihn aber nicht abgehalten, unter dem 3. December 1740 den Sohn seines 1729 verstorbenen Ober-Postdirektors von Walter, JuIius von Walter, bisher Offizier in fremden Diensten, wieder zum Ober-Postdirektor zu bestellen. Der jüngere Walter führte zwar den verliehenen Titel, übte aber die Funktionen eines Ober-Postdirektors nie aus.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Geschichte des Landes-Postwesens