Abschnitt 2

Postwesen 1701-1785-Landespost-1713-1735


Es erscheint heute unverständlich, wie dieser unerquickliche Zustand, dessen Folgen für das ganze Land sich sofort durch schnelle Abnahme von Handel und Verkehr fühlbar machten, überhaupt längere Zeit hindurch hatte bestehen können, aber er war eine Folge der inneren Wirren im Lande, welche die politische Stellung Meklenburgs vollständig untergraben hatten. Zur Illustration, wie tief das Ansehen Meklenburgs in der Zeit zwischen 1716 und 1720 bei den Nachbarstaaten gesunken war, sei hier eines Vertrages gedacht, den Hamburg und Preußen im Jahre 1716 wegen der Postbeziehungen zwischen Hamburg und Pommern abschlossen, und der Leistungen der meklenburgischen Posten zu Gunsten der beiden vertragschließenden Staaten zur Voraussetzung nahm, ohne daß eine vorgängige Berathung über den Gegenstand mit der meklenburgischen Regierung stattgefunden hätte. Der Vertrag - der sog. Kombinationsreceß - bestimmte nämlich u. A., daß die Korrespondenz von Hamburg nach Pommern und zurück auf der Strecke zwischen Rostock und Demmin mit den meklenburgischen Posten befördert werden sollte. Auch eine Anzeige über den Vertragsschluß an die meklenburgische Regierung hielt man nicht für erforderlich, dieselbe wurde lediglich vorbehalten. Nur mit dem herzoglichen Postkontor in Rostock hatte anscheinend eine Verständigung stattgefunden.. Widerspruch gegen diese Abmachungen wurden sofort oder bald nach der Abschließung des Vertrages weder von der herzoglichen Regierung noch von der kaiserlichen Kommission erhoben, obgleich das politische und finanzielle Interesse Meklenburgs bei der Sache nicht unwesentlich berührt wurde. Die mißlichen Verhältnisse des Landes, vor Allem aber der bedauerliche Zwiespalt in der Regierung ließen den Dingen ruhig ihren Lauf, so daß Preußen und Hamburg ungestört im Genusse der freien Beförderung ihrer Korrespondenz auf den Landesposten blieben.


Als ein Lichtblick in trüber Zeit mußte es daher in der Bevölkerung anmuthen, daß die Verbindung mit Hamburg endlich nach dreijähriger Unterbrechung wieder hergestellt wurde, sodaß dem meklenburgischen Postnetz jetzt wieder das lang entbehrte Rückgrat eingefügt war. Ueber den Verhandlungen mit der dänischen Regierung wegen Freigebung des Weges nach Hamburg war längere Zeit verstrichen, und der Durchgang der Posten durch Lauenburg war von Dänemark erst zugelassen worden, nachdem Herzog Carl Leopold. die Erklärung abgegeben hatte, daß es mit der dänischen Post wie mit der vormaligen schwedischen Post gehalten werden sollte.

Im Jahre 1719 traten die meklenburgischen Postkurse auf Hamburg von Güstrow und Schwerin aus über Boizenburg und Ratzeburg in alter Weise wieder in Thätigkeit. Ihnen gesellte sich sogar im Jahre 1721 noch ein dritter Postkurs nach Hamburg von Rostock aus zu. Wie oben bereits angegeben ist, hatte Herzog Carl Leopold schon im Jahre 1717 die Absicht, auf der alten schwedischen Postroute nach Hamburg eine meklenburgische Post in Betrieb zu setzen; damals mißlang der Versuch. Bezeichnend für den Starrsinn des Herzogs bleibt aber die Thatsache, daß er das Project einer dritten Meklenburg - Hamburger Post nicht schwinden ließ, sondern sofort, als sich die Möglichkeit bot, mit der Einrichtung der Post vorging, trotzdem diese infolge der Konkurrenz der dänischen Post schwerlich gedeihen konnte. Bevor der Betrieb auf der neuen Route eröffnet wurde, hatte Herzog Carl Leopold sich mit dem Rath in Hamburg und der hannoverschen Regierung wegen Zulassung der Post auf Hamburger und lauenburger Gebiet in Benehmen gesetzt. Beide Staaten erhoben keinen Widerspruch, doch mußte der Herzog der Krone Hannover die Anlegung einer hannoverschen Post von Lüneburg über Wismar, Rostock auf Stralsund gestatten, der sog. Kommissionspost, welche angeblich nur zur Beförderung der Korrespondenz der subdelegirten Räthe in Rostock dienen sollte, aber ganz aus den Erträgen des Rostocker Postkontors unterhalten wurde.

Auch auf diese Bedingung ging Herzog Carl Leopold bereitwilligst ein, obgleich er sich damit Lasten aufbürdete, die durch nichts gerechtfertigt waren. Und die Erwartungen, die er an seine dritte Hamburger Post knüpfte, erfüllten sich überhaupt nicht, denn die Post fuhr meistens leer, und an Stelle der dänischen Post erschien nach Beendigung des nordischen Krieges sofort wieder die schwedische Post und nahm den Betrieb in alter Weise auf dem Kurse zwischen Stralsund und Hamburg über Rostock und Wismar wieder auf. Da sie auch jetzt in demselben Umfange wie früher auf ihrem ganzen Wege durch Meklenburg den Postverkehr an sich zog, so war das Schicksal der dritten meklenburgischen Post von Anfang an besiegelt.

Herzog Carl Leopold zeigte sich über das Fehlschlagen seiner Pläne höchlich entrüstet. Auf seine Anweisung mußte der Postmeister Babst in Rostock daher wieder zu dem gewohnten Mittel greifen - wenn dasselbe auch noch jedes Mal seinen Zweck verfehlt hatte - nämlich, die schwedische Post kurzer Hand zurückzuschicken. Nachdem Babst auch wirklich mehrere Male den schwedischen Postwagen wieder bis zur Grenze hatte bringen lassen, legte sich aber die schwedische Regierung ins Mittel und verbat sich energisch jede Einmischung in ihre wohlverbrieften Rechte. In dem wegen der Post an die Regierung in Dömitz gerichteten Schreiben äußerte sie sich dahin, daß bei der "Neueinrichtung des pommersch - Hamburger Postkurses schwedischerseits keine andere Intention vorgelegen habe, als selbigen wiederum nach voriger Zeiten Beliebung und Observanz einzurichten." Indessen sei von Seiten Meklenburgs bei dieser Gelegenheit außer den schon sonst nach Hamburg gehaltenen zwei Posten eine neue dritte Post angelegt worben, welche mit der schwedischen Post nicht nur am gleichen Tage und zu gleicher Stunde von Rostock abginge, sondern auch mit dieser gleiche Tour hielte, außer daß sie Wismar und Ratzeburg nicht berührte, sondern was Wismar beträfe, eine Meile davon, zu Neuburg, die Passagiere absetzte und sie durch Bauerwagen nach Wismar fahren ließe.

Aus diesem Grunde würde die schwedische Post im Rostocker Kontor leer und ohne Packete abgefertigt und Personen wie Päckereien auf die meklenburgische Post genommen. Dieses Vorgehen des Rostock'schen Kontors glaubte die schwedische Regierung um so weniger billigen zu können, als solches zu einer offenbaren Kränkung der königlich schwedischen Postfahrt gereiche, und auch die Beförderung der auf Wismar gehenden Passagiere merklich behindert werde. In dem Schreiben erging dann an die meklenburgische Regierung die Forderung, bei dem meklenburgischen Postkontor in Rostock Vorkehrung zu treffen, "daß das vorerwähnte neuerliche Unternehmen gänzlich abgestellt und die königliche Post in ihrem vormaligen Wesen sowohl der unbehinderten Fahrt als auch der mitzunehmenden Packete und Passagiere halber gelassen werden möge." Als das Schreiben in Dömitz einlief, waren die Wirren in Meklenburg auf dem Höhepunkt angelangt. Der Herzog hatte Dömitz verlassen und seinen Wohnsitz nach Danzig verlegt, von wo aus er die Regierung des Landes fortsetzte. In Meklenburg fand sich daher keine Stelle, welche den Forderungen Schwedens hätte entgegen treten können, denn die Räthe der Exekutionshöfe hielten sich wohlweislich bei der Angelegenheit im Hintergrund. Eine Aenderung des zeitigen Zustandes trat deshalb nur insofern ein, als die schwedische ebenso wie die dritte meklenburgische Post nach Hamburg einstweilen von Bestand blieben.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Geschichte des Landes-Postwesens