Abschnitt 1

Postwesen 1701-1785-Landespost-1713-1735


III. Das Postwesen in Meklenburg - Schwerin von 1701 bis 1785.


1. Die Landespost in Meklenburg - Schwerin

b. unter Herzog Carl Leopold (1713-1735; † 1747).

Erst mit dem Ende des Jahres 1714 kamen wieder bessere Zeiten, und die gestörten Kurse nach Hamburg nahmen den Betrieb wieder auf. Die Ueberschüsse der Posten stiegen im Jahre 1714/15 auf 5460 Thlr. und im Jahre 1715/16 sogar auf 9242 Thlr., aber diese ruhige Zeit erfreulichen Gedeihens bildete gleichsam die Stille vor dem Sturm, der noch im Jahre 1716 über Meklenburg ausbrach und das Land auf lange Jahre zum Schauplatz innerer Zwistigkeiten und kriegerischer Wirren machte.

Im Jahre 1713 war Herzog Friedrich Wilhelm gestorben und sein Bruder, Herzog Carl Leopold, hatte die Regierung übernommen. Es ist bekannt, wie Herzog Carl Leopold bald nach seinem Regierungsantritt seine absolutistischen Bestrebungen gegenüber der Ritterschaft des Landes und der Seestadt Rostock herauskehrte und mit den Ständen, auf deren Privilegien es abgesehen war, sofort in die heftigste Fehde gerieth.

Als naher Verwandter des Czaren fand er vorübergehend Unterstützung bei den Russen; zu ihm hielten auch die Landstädte und das niedere Volk unter der Führung der Geistlichkeit. Die Ritterschaft und die Stadt Rostock aber suchten und fanden Schutz beim Kaiser.

Bei den inneren Unruhen und Zwistigkeiten begann die Ordnung und allgemeine Sicherheit im Lande rasch zu schwinden. Es kam noch hinzu, daß jetzt auch wieder feindliche Truppen - der große nordische Krieg näherte sich damals seinem Ende - auf meklenburgischem Gebiet ihre Kämpfe ausfochten und Schweden, Russen, Dänen - gleichgültig ob Freund oder Feind - in Meklenburg nach Belieben schalteten. Handel und Verkehr lagen fast gänzlich danieder, die Landesposten fristeten nur ein kümmerliches Dasein und hatten obendrein schwer unter der Konkurrenz der fremden Posten zu leiden, die unter dem Schutze ihrer Truppen mehr und mehr festen Fuß in Meklenburg faßten und den Landesposten auf den wichtigeren Routen sichtlich Terrain abgewannen.

In dieser schwierigen Lage hatte Herzog Carl Leopold seinem Hofintendanten von Walter 1) die Verwaltung des Postwesens übertragen. Walter bekleidete seit 1715 die Stelle eines Ober- Postdirectors, aber er war für dieses Amt in bewegter Zeit völlig ungeeignet, da er für die Geschäfte nur unzureichendes Verständniß besaß und in Hofintriguen seine Zeit und Kraft verschwendete. Von seiner Thätigkeit als Oberpostdirector sind nur bruchstückweise Nachrichten erhalten geblieben und diese melden außer von seiner treuen Anhänglichkeit an den Herzog nichts Rühmenwerthes. Ueberdies schränkte sich, glücklicherweise möchte man sagen, der Kreis seiner Thätigkeit in demselben Maße ein, je mehr der Einfluß des Herzogs im Lande schwand.

Auf kurze Zeit war Herzog Carl Leopold durch russische Hülfe unumschränkter Herr im Lande geworden, das änderte sich aber, als Peter der Große mit seinen Truppen abzog. Nun erhielt die Ritterschaft unter dem Schutze des Kaisers die Oberhand. Letzterer verfügte im Jahre 1718 die Reichsexekution gegen Herzog Carl Leopold, infolge dessen zu Anfang des Jahres 1719 Truppen aus Kurhannover und Braunschweig-Lüneburg ins Land rückten. Herzog Carl Leopold unterlag im Kampfe und nahm zunächst in Dömitz seinen Aufenthalt.

In Rostock trat im Jahre 1719 zur Schlichtung der Streitigkeiten eine kaiserliche Kommission zusammen, welche einseitig die Interessen der Ritterschaft begünstigte und bald auch in die Regierung des Landes eigenmächtig eingriff. Der Sitz der herzoglichen Regierung wurde darauf auch von Schwerin nach Dömitz verlegt.

Herzog Carl Leopold gab trotz seiner Niederlage die Regierung des Landes nicht aus den Händen. Er suchte vielmehr alle Verfügungen der Exekutionshöfe durch Gegenverordnungen unwirksam zu machen, und da die Landstädte und die Bevölkerung auf dem flachen Lande auch jetzt noch fest auf seiner Seite standen, da die Geistlichkeit in ihm ihren obersten Bischof sah, so gelang ihm dies in vielen Fällen. Aber die Unordnung im Lande stieg deshalb nur um so höher. Was Wunder, wenn unter solchen Verhältnissen die Wirthschaft des Landes schweren Schaden litt und bei ihrem Niedergange auch für die Landesposten Krisen schlimmster Art eintraten.

Eine verhängnißvollere Periode als die Zeit zwischen 1716 bis 1721 war den Posten noch nicht beschieden gewesen. Um das Uebel voll zu machen, war in Folge der Kriegswirren schon seit dem Jahre 1716 die Verbindung der Landesposten nach Hamburg unterbrochen. In diesem Jahre lagen nämlich dänische, russische und preußische Truppen vor dem schwedischen Wismar und eroberten es nach mehrmonatlicher Belagerung. Die Dänen gerirten sich schon ganz als Erben Schwedens, nabmen Wismar für sich in Anspruch und machten Miene, die schwedische Post von Stralsund nach Hamburg für dänische Rechnung einzurichten. Im Vertrauen auf den Beistand des damals noch in Meklenburg anwesenden Czaren hatte aber Herzog Carl Leopold Zeit und Gelegenheit für günstig gehalten, nach dem Falle Wismar's die schwedisch - dänische Post innerhalb meklenburgischen Gebiets zu beseitigen und auf ihrem alten Wege eine Landespost einzurichten. Als daher im Jahre 1716 in Rostock ein dänischer Postbeamter von Stralsund mit der ersten, jetzt für dänische Rechnung betriebenen Post eingetroffen war, um den vormals schwedischen Postkurs von Stralsund nach Hamburg auf dänischen Fuß einzurichten, nahm der herzogliche Postmeister Babst in Rostock die Post zwar ab, schickte aber den dänischen Postwagen auf Veranlassung des Herzogs wieder nach Stralsund zurück und ließ die Ladung und Passagiere mit der herzoglichen Post weiter befördern. Dänemark vergalt diesen Eingriff in seine angemaßten Rechte sofort mit Repressalien ähnlicher Art, indem es die meklenburgischen Fahrposten von Rostock, Güstrow und Schwerin nach Hamburg auf lauenburgischem Gebiet, das damals in dänischen Händen sich befand, anhalten und nach Meklenburg zurückschicken ließ. Damit war die Lebensader des meklenburgischen Postkursnetzes vollständig unterbunden.

Mehrere Jahre blieb der direkte Verkehr der meklenburgischen Posten nach Hamburg zum Nachtheil des Landes unterbrochen.




1) Walter war der Sohn eines Schneiders und Lakairen der Prinzessin Maria Elisabeth von Meklenburg, zurerst Dienstjunge eines Kammerdieners, dann Kammerdiener, endlich am 21. Februar 1715 Kammerrath und bald darauf als Julius von Walter Geh. Kammerrath, Hofintendant und Ober-Postdirector, "ein homme sans honneur, der Prügel annimmt, wenn es dem Herzog beliebt, und der sich zu Allem gebrauchen läßt."(Jahrbuch des Vereins für Mekl. Gesch., 60, S. 289.)

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Geschichte des Landes-Postwesens