Abschnitt 4

Postwesen 1701-1785-Landespost-1701-1713


Das erste Fuhramt im Lande entstand noch in demselben Jahre in Boizenburg, wo schon vor einigen Jahren vom Herzoge ein Fuhramt - allerdings auf anderer Grundlage - zur Beförderung der Nebenpostwagen eingerichtet worden war, das aber kaum länger als ein Jahr bestanden hatte. Die Errichtung von Fuhrämtern an anderen Orten des Landes ging langsamer vor sich.


Im Allgemeinen waren die Verordnungen von günstiger Wirkung, zumal in den nächsten Jahren seitens der herzoglichen Behörden über ihre strenge Befolgung mit anerkennenswerthem Eifer gewacht wurde. Nach Ausweis der Rentereirechnungen stieg der Ueberschuß der Postverwaltung von 2222 Rthlr. im Jahre 1710/11 auf 6514 Rthlr. (einschließlich der Freibeförderungen von fürstlichen Sachen) im Jahre 1711/12, immerhin ein recht günstiger Erfolg.

Auch den sonstigen Vorschlägen Mumme's schenkte die Regierung Beachtung. Im Rechnungsjahre 1711/12 hatten die Freibeförderungen für den Herzog und die Regierung noch 2121 Rthlr. Portokosten erfordert, ein Betrag, der zu den Gesammtausgaben von etwa 10000 Thlr. in keinem Verhältniß stand und vermuthen ließ, daß unter herzoglichen Sachen auch mißbräuchlich viele Privatsachen mit unterliefen. Trotz eindringlicher Vorstellungen einflußreicher Personen des Hofes, der Regierung und der Aemter im Lande erließ Herzog Friedrich Wilhelm am 4. Mai 1712 die Verordnung, daß künftig im Lande keine Briefe an die Regierung unfrankirt angenommen, den Akten keine Privatbriefe beigelegt und sonst alle Sachen an die Regierung unter der persönlichen Adresse des Herzogs mit dem Vermerk "in fürstlichen Regierungs-, Kammer- und Kanzleigeschäften" zur Absendung gelangen sollten; Zuwiderhandelnden wurde für jeden Brief eine Strafe von 2 Rthlr. angedroht.

Durch eine andere Verordnung wurden die Hauptpostämter in Schwerin, Rostock, Güstrow, welche über die kleineren Postanstalten in gewissem Umfange bezirksweise die Aufsicht zu führen hatten, angewiesen (2. Mai 1712), eingehend die Rechnungs- und Besoldungsverhältnisse ihrer Bezirke zu prüfen. Die Berichte sämmtlicher Postanstalten liegen noch vor. Sie enthalten aber nur Klagen über Klagen, welche an sich betrachtet das meklenburgische Postwesen in bedauerlichem Zustande erscheinen lassen. Das mag auf den ersten Blick befremdlich erscheinen, denn erst vier Jahre vorher hatte Mumme die Posten in bester Ordnung aus den Händen gegeben. Aber seit 1711 war Meklenburg wieder der Schauplatz kriegerischer Ereignisse, und die zahlreich aufbewahrten, beweglichen Berichte der Postanstalten an die Kammer gaben ein betrübendes Bild der inneren .Zustände des Landes.

Als nämlich König Karl XII. von Schweden in der Schlacht bei Pultawa (1709) geschlagen war und in der Türkei eine Zuflucht gefunden hatte, ergriffen Dänemark, Rußland, Preußen und Sachsen von den schwedischen Besitzungen an der Ostseeküste Besitz. Im Jahre 1711 standen die Truppen der vier Staaten in Meklenburg und schalteten und walteten hier wie in einer schwedischen Provinz; Ende des Jahres 1712 wurden die Verbündeten von den Schweden bei Gadebusch aufs Haupt geschlagen. Jetzt verließen die streitenden Parteien zwar Meklenburg, aber das Land hatte unter den kriegerischen Wirren schwer gelitten. Um das Elend voll zu machen, brach noch im Jahre 1712 eine verheerende Viehseuche im Lande aus, die den Wohlstand Meklenburgs außerordentlich schädigte.

Unter solchen Verhältnissen war es um die Posten schlecht bestellt gewesen. Davon giebt Kunde die Verordnung, welche Herzog Friedrich Wilhelm am 20. November 1711 "wider die Post-Sicherheitsstörer" an sämmtliche fürstliche Beamte, Städte und die Ritterschaft erließ. In derselben heißt es, "Wasgestalt bei Uns sehr beschwerliche Klagen eingelauffen, daß in Unseren Landen bei jetzigen sehr kümmerlichen und beschwerlichen Zeiten der freie Kurs Unserer Posten vielfältig behindert, dieselbe auch gar beraubet und sowohl den Postillonen als auch den Passagieren, Boten und anderen Reisenden das Ihrige gewaltsam abgenommen, dieselben spoliiret, auch sonst allerhand unleidliche Beschweren und Thätlichkeiten von einigen streitenden Parteien, auch wohl andern zusammen rottirten und der jetzigen Troubeln sich bedienenden bösen Gesindels, mit stehlen, rauben, parthieren, betrügen und dergl. ausgeübet werden. - Wir können aber solch unziemliches und wider die allgemeine Reichssatzungen, den Landfrieden und alle heilsame Rechte und Gesetze laufendes hochstrafbares Beginnen als eine von Gott verordnete, christliche Obrigkeit keineswegs, insonderheit zum merklichen Nachtheil Unsers hohen Postregals dulden;" deshalb wurde allen Unterthanen bei Leibes- und Lebensstrafe befohlen, auf die Sicherheit der Posten zu wachen; in Dörfern sollten bei Postberaubungen die Glocken geläutet und alle Leute zusammengerufen werden, um vereint die Räuber zu bewältigen. Wesentlichen Erfolg konnte sich Herzog Friedrich Wilhelm von dieser Verordnung kaum versprechen, denn er besaß nicht die Macht, den fremden Truppen wirksam gegenüber zu treten. Um aber die Posten und das Publikum nach Möglichkeit vor Verlusten zu sichern, verordnete er noch am Ende des Jahres 1711, daß auf den Posten keine Personen, Sachen und Briefe der kriegführenden Parteien befördert, und Pretiosen und Gelder nur auf Gefahr des Absenders angenommen werden sollten, ein Mittel, welches nur in Zeiten höchster Gefahr angewendet werden konnte, da es das Vertrauen zu den Posten untergraben mußte.

Nach längeren Verhandlungen erwirkte er auch noch von dem kommandirenden schwedischen General Grafen Steenbock im Jahre 1712 einen Schutzbrief, in welchem Offiziere und Mannschaften der schwedischen Armee bei Leibes- und selbst Lebensstrafe befehligt wurden, die meklenburgischen Posten ungehindert passiren zu lassen und vor Vergewaltigungen zu schützen.

Die Ordnung im Postwesen war aber und blieb gestört; die Ueberschüsse sanken schon im Jahre 1712/13 auf 2364 Rthlr. und 1713/14 weiter auf 1894 Rthlr. Von dem Postkontor zu Rostock gingen .in diesem Jahre des Krieges wegen überhaupt keine Gelder ein. Die Rostocker Gegend hatte nämlich unter den Kriegsdrangsalen besonders schwer zu leiden gehabt. Vieles trug zum Niedergang der Posten auch der 1712 erfolgende Ausbruch der Pest in Hamburg bei, weshalb im Jahre 1713 der sonst so rege Postverkehr zwischen Hamburg und Meklenburg nur durch vereinzelte Reitposten vermittelt werden konnte.

Die Verwaltung des Postwesens war unter solchen Umständen für die Kammer mit manchen Verdrießlichkeiten verbunden; zudem wollten die Verluste auf den Posten kein Ende nehmen, Stockungen im Betriebe unterbrachen in lästigster Weise den Verkehr nach auswärts, und wenn das Publikum einmal keine Klagen erhob, dann kamen diese sicher aus den Reihen der Posthalter und Postfahrer, die über Kürzung ihrer Einkünfte Beschwerde führten, da z. B. auf der Straße nach Hamburg wegen der unterbrochenen Posttransporte alle Fuhrkontrakte gelöst worden waren. Lange Zeit hatte sich die Kammer mit der Bearbeitung dieser Beschwerden zu befassen, da die Postfahrer sich allen Beschwichtigungsversuchen gegenüber um so unzugänglicher erzeigten, als die Posthalter auf den brandenburgischen Kursen nach Hamburg während der Epidemie zwar auch ihre Thätigkeit hatten einstellen müssen, trotzdem aber im unverkürzten Genuß ihre alten Löhne geblieben waren.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Geschichte des Landes-Postwesens