Abschnitt 2

Postwesen 1701-1785-Landespost-1701-1713


Auch auf dem jetzt erheblich vergrößerten Arbeitsfeld bethätigte Mumme sein bisheriges Geschick. Schon nach kurzer Zeit waren die Posten in den bisher politisch getrennten Landestheilen zu einem einheitlichen Ganzen verschmolzen. Im Besonderen richtete Mumme seine Bemühungen dahin, der Konkurrenz der fremden Posten im Lande durch Herstellung günstiger Kursverbindungen und Festsetzung gleichmäßiger und billiger Taxen die Spitze zu bieten, sowie den vom Fuhrgewerbe im alten Umfange weiter verübten Nebenfuhren und Kontraventionen Einhalt zu thun. Für diese Bemühungen fand er bei Herzog Friedrich Wilhelm jederzeit ausgiebige Unterstützung. Am Schlusse seiner Pachtperiode war das meklenburgische Postwesen daher wohl geordnet und trat hinsichtlich seiner Leistungen und der Pünktlichkeit des Betriebes hinter gleichartigen Anlagen der Nachbarstaaten wenig zurück. Die Hauptkurse waren zwischen Schwerin, Güstrow, Rostock und Hamburg eingerichtet, nicht minder wichtige Kurse bestanden zwischen Lübeck - Wismar - Rostock - Demmin; Lübeck - Schwerin - Parchim; Lübeck - Wismar; Schwerin - Wismar; Güstrow - Rostock; Güstrow - Parchim - Waren - Plau. Die kleineren Städte waren zum Theil durch Fußbotenposten an das allgemeine Postnetz angeschlossen.


Für dieses vielverzweigte Netz bedurfte Mumme eines gut geschulten, zuverlässigen Personals. Die bis dahin vielfach unbestimmten Dienst- und Besoldungsverhältnisse des Personals wurden fest geregelt; sämmtliche Beamten und Unterbedienten erhielten treffliche Dienstinstructionen, in welchen alles über den Dienst Wissenswerthe kurz zusammengestellt war.

Die Gehälter waren allerdings, vornehmlich an kleineren Orten, wo in der Regel Ortseingesessene den Postdienst versahen, nur gering; aber der Dienst erforderte hier keine große Mühe und nur wenig Zeit, da die Posten nur zwei Mal wöchentlich in jeder Richtung kursirten. Anders war es aber an größeren Orten, wo die Dienstgeschäfte in den Händen von Berufsbeamten ruhten. Le Plat in Hamburg, dessen Thätigkeit schwer zu kontroliren war, der aber wegen seines vielfachen Verkehrs mit den fremden Postanstalten an seinem Amtsorte eine wichtige Vertrauensstetlung inne hatte, bezog unter Mumme schon "Alles in Allem" 700 - etwa 300 Thlr. jährlich; vorher hatte er nur 100 Thlr. erhalten. Völschow in Rostock, der bisher auf dem Kurse Wismar - Rostock - Demmin immer noch einigermaßen selbständig gewirthschaftet hatte, infolgedessen in Rostock ziemlich verfahrene Verhältnisse herrschten, mußte nun über den Kurs Rechnung ablegen; er behielt zwar auch unter Mumme die Kurse von Rostock nach Demmin und nach Damgarten in eigener Verwaltung, mußte hierfür aber an Mumme eine Rekognition von 400 Thlr. jährlich zahlen, 1) während früher vom ganzen Kurse von Wismar nach Demmin nur 66 2/3 Thlr. Rekognitionsgelder zur herzoglichen Kasse flossen -- ein Beweis, wie einträglich die Posten schon geworden waren. Die Postmeister in Schwerin, Güstrow und Boizenburg erhielten durchschnittlich Gehälter in Höhe von 300 Rthlr.

Eine genaue Kenntniß der finanziellen Ergebnisse der Postverwaltung würde den besten Maßstab für Mumme's Thätigkeit bieten können, leider sind aber aus der Zeit vor dem Jahre 1708 Nachrichten über die Einnahmen und Ausgaben der Postverwaltung nur in unzureichendem Maße erhalten geblieben. Mumme selbst gab gelegentlich die Ausgaben am Schlusse seiner Pachtperiode auf rund 11100 Thlr, an, sodaß bei Hinzurechnung seiner Jahrespacht und eines in derselben Höhe sicher erzielten Gewinnes die Gesammteinnahme der Postverwaltung mit 17000 Thlr., die Ueberschüsse mit 6000 Thlr. sicher nicht zu hoch veranschlagt sein dürften. Solche Zahlen reden eine deutliche Sprache. Mumme erzielte bereits eine Verzinsung seiner Ausgaben mit über 50 %; 150 Jahre später betrugen die Ueberschüsse nur 20 - 25 % der Ausgaben, und dieses Ergebniß galt schon als recht beträchtlich. Man sieht, Mumme verstand es, sein Pachtobject nach Kräften auszubeuten; aber über seinem Streben nach persönlichem Gewinn ließ er nie die wirthschaftliche Bedeutung der Posten für die Allgemeinheit aus den Augen, denn die Ueberschüsse hatte er lediglich seiner eigenen Thätigkeit zu danken, die dahin zielte, das Postkursnetz immer mehr zu erweitern und vor Allem Ordnung und Pünktlichkeit in den Betrieb zu bringen. Thatsächlich findet sich in den Akten keine Andeutung, die auf eine Uebertheuerung des Publikums, oder auf Unordnung und Mangelhaftigkeit des Betriebes hätte schließen lassen; wohl aber enthalten die Akten manche warme Anerkennung für die Thätigkeit Mumme's.

Die günstigen Erfolge des Geh. Kammerraths Mumme konnten nicht lange verborgen bleiben. Herzog Friedrich Wilhelm hatte im Jahre 1708 erreicht, was für ihn jedenfalls auch Anlaß gewesen war, die Posten eine Zeitlang in Privathände zu geben: ein wohlgeordnetes Postwesen. Er ließ daher den am 1. Januar 1708 ablaufenden Vertrag nicht wieder erneuern, sondern nahm die Posten in eigene Verwaltung zurück. Die Leitung wurde der herzoglichen Kammer übertragen. Innerhalb derselben übte Mumme auch fernerhin die unmittelbare Aufsicht über die Posten aus, sodaß eine Aenderung in den Verwaltungsgrundsätzen zunächst nicht eintrat. Angeblich hatte H. Friedrich Wilhelm sogar dem Geh. Kammerrath Mumme versprochen, in Postsachen nur von seiner Seite Rath anzunehmen.

Auf besonderen Wunsch des Herzogs mußte Mumme unmittelbar nach Ablauf seines Postvertrages der Regierung eine Denkschrift einreichen, die alle wesentlichen Punkte umfassen sollte, welche bei der künftigen Berechnung der Posten (d.h. bei der Verwaltung für unmittelbare herzogliche Rechnung) zu beobachten sein würden. Er übergab sein eingehend begründetes Memorial am 13. Februar 1708. Es enthielt treffliche Leitpunkte für die Verwaltung der Posten und bildete gleichsam das Resumee der Erfahrungen, die Mumme während seiner langen Thätigkeit gesammelt hatte.

Zunächst legte er dar, daß zum Gedeihen des Postwesens das pünktliche Ineinandergreifen der Haupt- und Anschlußkurse, das Stundenhalten der Postillone und die Festsetzung ausreichender Stilllager in den größeren Orten unumgänglich erforderlich sei, damit besonders der Handelsstand in der Lage sei, Briefe mit wendender Post beantworten zu können; darauf sei besonders in Rostock bei der überwiegenden Konkurrenz der schwedischen Post hinzustreben. Die den Postmeistern stillschweigend zugestandene Portofreiheit werde häufig mißbraucht, die Postmeister müßten daher eidlich verpflichtet werden, nur Sachen in eigenen Angelegenheiten durch die Post zu versenden. Weitere Darlegungen berührten die Gehalts- und Dienstverhältnisse des Personals, die Beziehungen zum Publikum und dergl. rnehr. Bemerkenswerth ist endlich noch eine Anregung Mumme's, die mit den Anschauungen der Zeit kaum übereinstimmte, die aber auf seinen Charakter ein günstiges Licht wirft. Er hatte während seiner Amtsführung Arme oder unvermögende Personen in der Regel auf den Posten frei oder gegen ermäßigte Gebühren befördern lassen und sich dieser Personen wegen sogar mit den benachbarten Postverwaltungen in Verbindung gesetzt, welche sich bereit erklärt hatten, die mit Freifahrtscheinen reisenden armen Leute auf allen Kursen ihrer Verwaltung befördern zu lassen. Mumme legte der Regierung nahe, die von ihm abgeschlossenen Vereinbarungen aufrecht zu erhalten und eine ähnliche Verabredung jetzt auch noch mit der preußischen Postverwaltung zu treffen.

Im Besonderen empfahl Mumme schließlich der Regierung, die ohne Unterlaß andauernden Unterschleife und Nebenfuhren des Fuhrgewerbes durch Erlaß ausreichender Bestimmungen energisch zu unterdrücken.




1) Völschow hatte nebenbei auch noch ein erkleckliches Einkommen aus dem Seifenmonopol, das ihm der Herzog 1701 verliehen hatte.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Geschichte des Landes-Postwesens