Abschnitt 1

Postwesen 1701-1785-Landespost-1701-1713


III. Das Postwesen in Meklenburg - Schwerin von 1701 bis 1785.


Die Güstrower Successionsfrage war durch den zu Hamburg am 8. März 1701 abgeschlossenen Erbvergleich in der Weise geregelt worden, daß Herzog Friedrich Wilhelm von Schwerin das Herzogthum Güstrow, sein Rivale um die Nachfolge, Herzog Adolf Friedrich von Mirow, die Herrschaft Stargard und das Fürstenthum Ratzeburg erhielt. Herzog Friedrich Wilhelm vereinigte demnach in seiner Hand die Herzogthümer Schwerin und Güstrow mit der Stadt Rostock, das Gebiet des heutigen Großherzogthums Meklenburg-Schwerin, Herzog Adolf Friedrich das Gebiet des heutigen Großherzogthums Meklenburg-Strelitz. Hinfort bestanden zwar noch zahlreiche gemeinsame Beziehungen zwischen beiden Herzogthümern, vor allen Dingen hinsichtlich der Verfassung, der Union der Landstände, der landständischen Vertretung u. s. w., im Uebrigen aber ergab sich als unvermeidliche Folge der langjährigen Rivalität beider Prätendenten, daß die beiden Herzogthümer sich fortan fast vollständig fremd gegenüber standen und auf politischem Gebiet nicht selten gegnerische Ziele verfolgten.

Die Posten entwickelten sich sowohl in Meklenburg-Schwerin wie in Meklenburg-Strelitz vollkommen frei und unbeeinflußt von einander. Hierdurch ist die Möglichkeit geboten, ohne auf die strelitzschen Postverhältnisse näher einzugehen, als eine Erklärung der gegenseitigen Beziehungen es erfordert, eine Darstellung der früheren Postverhältnisse in Meklenburg-Schwerin zu geben.

1. Die Landespost in Meklenburg - Schwerin

a. unter Herzog Friedrich Wilhelm (1701-1713).

Im Herzogthum Meklenburg-Schwerin bestanden die Verträge wegen Verpachtung der Posten auch unter den neuen Verhältnissen fort. Koppelow verwaltete die Posten im alten Herzogthum Schwerin, Mumme in Güstrow, doch mußte Letzterer die auf dem Gebiet des Herzogthums Strelitz kursirenden Posten (Neubrandenburg - Strelitz, [Güstrow] - Landesgrenze - Neubrandenburg, [Waren] - Landesgrenze - Strelitz u. s. w.) aus seinem Verwaltungsbereich abgeben, da die Strelitzer Herzöge wegen der Posten besondere Vorkehrungen trafen.

Das erste Jahrzehnt des neuen Jahrhunderts verlief für Meklenburg trotz des nordischen Krieges verhältnißmäßig ruhig. Handel und Verkehr konnten sich ungestört entwickeln. Aber Herzog Friedrich Wilhelm trug doch Bedenken, die Posten wieder in eigene Verwaltung zu nehmen, da bald nach Abschließung des Hamburger Vergleichs ernste Zwistigkeiten mit dem Strelitzer Hofe über die Auslegung mehrerer Vergleichsbestimmungen und mit den Ständen des Landes wegen Gewährung einer Landescontribution zur Einführung stehender Truppen ausgebrochen waren und seine volle Aufmerksamkeit in Anspruch nahmen.

Der Herzog erneuerte daher den im Jahre 1701 ablaufenden Pachtvertrag mit Mumme bis auf Weiteres. Koppelow's Vertrag blieb einstweilen unverändert.

Es bestanden mithin, trotzdem die Herzogthümer Schwerin und Güstrow in einer Hand vereinigt waren, dem Namen nach zwei von einander getrennte Postverwaltungen im Lande. Wenn beide Postpächter auch einander stets Hand in Hand arbeiteten und Differenzen zwischen beiden nicht vorkamen, so lag der Gedanke doch nahe, daß die gesammten Posten des Landes unter einheitlicher Leitung sich wesentlich günstiger entwickeln würden, als unter den jetzigen Verhältnissen, wo der eine Pächter mit seinen Maßnahmen vielfach auf den andern Rücksicht zu nehmen hatte, anstatt daß lediglich öffentliche Interessen entscheidend waren. Vermuthlich war Herzog Friedrich Wilhelm selbst von dieser Ueberzeugung getragen, vielleicht hatte Mumme auch diesen Gedanken höheren Orts angeregt - wie dem auch sei -, nach Aktenvermerken begab der Geh. Rath von Koppelow sich im Jahre 1703 "aus unterthänigster Devotion gegen den Herzog" der ihm aus seinem Pachtvertrage zustehenden Rechte. Er schied in diesem Jahre ganz aus der Postverwaltung aus und erhielt als Entschädigung aus den Postpachtgeldern jährlich 500 Thlr. auf Lebenszeit Wir begegnen seinem Namen von jetzt an in den Postakten nicht wieder.

In seine Stelle trat der Geh. Kammerrath Mumme. Am 8. September 1703 wurde mit ihm in Grundlage seines ersten Pachtkontrakts vom Jahre 1694 ein neuer Vertrag abgeschlossen, welcher alle Posten im Herzogthum Meklenburg-Schwerin umfaßte, u. A. auch die bis dahin unter mittelbarer herzoglicher Verwaltung stehenden Posten auf dem ehemaligen Hamburger Botenkurse zwischen Lübeck, Rostock und Demmin. Die für diese Posten von dem Postkontor in Rostock bis dahin gezahlte Rekognition von 66 Rthlr. 32 ßl. (je 33 Rthlr. 16 ßl. an jeden der beiden meklenburgischen Höfe) kam vom 1. Januar 1704 ab - dem Beginn von Mumme's neuem Kontrakt - in Fortfall.

Die Dauer des neuen Pachtvertrages wurde vorerst auf 4 Jahre bemessen. Als Jahrespacht sollte Mumme in den beiden ersten Jahren der Pachtperiode je 2500 Rthlr., vom dritten Jahre ab aber 3000 Rthlr. zahlen. Dem Wortlaut nach stimmte der neue Vertrag mit dem alten im Wesentlichen überein; Mumme hatte indeß in den verflossenen Jahren manche Erfahrungen gesammelt, die er bei Redaktion des neuen Vertrages zu seinem Vortheil verwerthete. In erster Linie verlangte er, daß die bisherigen alten Taxen, die zu unbestimmt waren und dem Gutdünken der unteren Postorgane zu weiten Spielraum ließen, einer Neuregelung unterzogen werden sollten; seiner Forderung wurde nachgegeben. Noch im Jahre 1704 wurden für die Kontore in Rostock, Güstrow und Schwerin neue Taxen aufgestellt, die länger als 60 Jahre in amtlicher Geltung blieben. Dafür versprach Mumme, fürstliche Briefe auch fernerhin auf allen meklenburgischen Posten frei zu befördern, bat aber, daß der Herzog seinen Räthen und Dienern das Absenden eigener Briefe unter dem Rubrum fürstlicher Sachen, welcher Gebrauch sich im Laufe der Zeit herausgebildet hatte, strenge untersagte. Da bisher die Freibeförderungen trotz der Beschränkung des Freigewichts auf 20 für herzogliche Sachen Beförderungskosten in Höhe von 1/3 - 1/2 der Portoaufkünfte aller Postkurse erfordert hatten, stellte Mumme die Bedingung, daß "anstatt der 20 , so Ser mus auf den Posten frei haben sollen, umb alle disput en im Abrechnen und Nachwägen zu vermeiden, wöchentlich 80 , es seien solche auf den Posten oder nicht, freigegeben und dafür von Ser mi Rechnung das porto von solchen 80 wöchentlich und zwar à 9 wirklich decourtir et werden, was aber Ser mus über solche 80 wöchentlich auf der Post haben, solches wird à auch mit 9 wie bisher bezahlt und quartaliter von der pension gekürtzet werden." Dagegen sollen Theuerungen an Korn u. s. w. keinen Einfluß auf den Kanon haben, nur "Krieg und Pestilenz, wenn die Postkurse dadurch erheblich gestört würden, in billige consideration gezogen werden."

Die fürstlichen Räthe beantragten vor Abschluß des Vertrages, die Bestimmung desselben, wonach ihnen die Postfreiheit für Briefe in herzoglichen Angelegenheiten nicht mehr in früherem Umfange gewährt werden sollte, nicht in den Vertrag aufzunehmen; sie beruhigten sich aber, als Mumme ihnen mündlich versprach, "daß er von diesen Briefen kein Briefporto zu fordern intendire " und die Bestimmung nur deswegen aufgenommen habe, um bei etwaigen Mißbräuchen freie Hand zu behalten.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Geschichte des Landes-Postwesens