Abschnitt 2

Postwesen 1701-1785-Fremde Posten-Schweden


Ob man sich in Schwerin großen Erfolg von diesem Schreiben versprach, lassen die Akten leider nicht erkennen. Karl's XII. Energie und Starrsinn hätten den Widerstand Meklenburgs mit leichter Mühe brechen können, aber in den Wechselfällen des nordischen Krieges trat gerade jetzt der für Schweden verhängnißvolle Wendepunkt ein, wo Karl XII. unterlag. Den meklenburgischen Posten blieb vor der Hand wenigstens die Konkurrenz einer neu organisirten, vollständig eigenen schwedischen Post im Lande erspart. Dafür bestand aber die alte schwedische Post ruhig weiter, nicht zum Vortheil des herzoglichen Postwesens. Zahlreiche Berichte und Eingaben in den Akten lassen erkennen, daß die schwedische Post, hauptsächlich zwischen Rostock und Wismar, fast den ganzen Korrespondenzverkehr aus Meklenburg an sich riß. Besonders von der Hand des Postmeisters Völschow in Rostock finden sich noch viele diesen Punkt betreffende Eingaben vor. Zwischen ihm und den schwedischen Postämtern in Pommern bestand ein immerwährender Kleinkrieg, welcher mit dazu beitrug, die Beziehungen zwischen Meklenburg und Schweden mehr und mehr zu verschlechtern. Zu heller Fehde loderte der Kampf auf, als der schwedische Postmeister in Stettin es ablehnte, die Portotheilung aus den Kursen Rostock - Stralsund und Rostock - Demmin - Stettin nach alter usance zu belassen, vielmehr eine eingehende Berechnung aller für die Post aufkommenden Portobeträge forderte. Bis dahin hatte jede Postanstalt die bei ihr erhobenen Portobeträge für sich vereinnahmt. Völschow hatte nicht vermocht, das alte Verfahren wiederherzustellen und daher, wie er an Herzog Friedrich Wilhelm berichtete, "zur maintenirung des hochfürstlichen Postregals vor der Hand dem Stettin'schen Postkontor wegen der Briefe von Hamburg, Lübeck und Wismar, so auf Ew. hochf. Durchl. reitenden Post vier Mal wöchentlich und jedesmal 15 Meilen (von Wismar über Rostock nach Demmin) fortgeschafft worden, wöchentlich 4 Rthlr. angerechnet."


In den nächsten Jahren wendete sich das Kriegsglück vollständig zu Ungunsten Schwedens, sodaß den meklenburgischen Posten von schwedischer Seite keine Gefahr mehr drohte. Aber nun spielten die Kriegsereignisse auch nach Meklenburg hinüber. Dänen, Sachsen und Russen wirthschafteten bald wie Herren im Lande. Die schwedischen Posten hörten auf, zu kursiren, aber den hierdurch gewonnenen Vortheil ließen die Kriegswirren nur sehr unvollständig zur Erscheinung kommen. Bezeichnend für die Zeitverhältnisse ist ein Bericht des Ober-Ppostdirektors von Walter vom 12. April 1715 an den Geh. Rath von Wolffradt, in welchem geklagt wird, "daß die Dänen unsere Posten auf öffentlichen Landstraßen nicht allein aufhalten, sondern auch gar attaquiren und die Ihnen beliebe Sachen mit sich wegnehmen. Wann nun dergleichen unbilliges und wider den allgemeinen Landtfrieden lauffendes höchst despectirliches Beginnen und hauptsächlich wider hochfürstliches Postrecht absonderlich itziger Zeit nach dergleichen auch also von den Schweden nachgefolget werden dürfte, wodurch den unsere Posten in Abnehmen und größeste Unsicherheit gesetzet werden wird," so, ersuchte Walter Wolffradt, bei dem Kommando der Dänen schleunigst Vorstellungen zu erheben.

Gegen Ende des Jahres 1715 war Stralsund in dänische Hände gefallen, und Dänemark beeilte sich, die schwedische Erbschaft anzutreten. In erster Linie sollte der alte schwedische Postkurs unter dänischer Leitung von Stralsund nach Hamburg wieder eingerichtet werden. Der schwedische Postmeister von Rosenkreutz in Stralsund widerrieth zwar dem mit der Anlegung der Post betrauten dänischen Feldpostmeister, in die meklenburgischen Gerechtsame einzugreifen und ein besonderes dänisches Postkontor in Rostock anzulegen, auch die meklenburgische Regierung erhob energischen Protest, nichtsdestoweniger wurde eine dänische Reitpost, später eine Fahrpost von Stralsund nach Hamburg über Wismar (das inzwischen auch in dänischen Besitz gelangt war) eingerichtet. Sie kursirte zwei Mal wöchentlich und legte in Rostock bei der Frau des dänischen Kommissars Saß und in Wismar bei einem dänischen Offizier ab. Mit der Post gelangte eine umfangreiche Privatkorrespondenz zur Beförderung, da das Publikum bei dem augenblicklichen Ueberwiegen des dänischen Einflusses im Lande die Post für besonders sicher hielt. Die meklenburgische Regierung trug naturgemäß mit Rücksicht auf die in Schleswig - Holstein stehenden dänischen Truppen Bedenken, sofort einzuschreiten, indeß erging doch am 1. Februar 1717 an den meklenburgischen Oberst von Schwerin zu Rostock gemessener Befehl, die dänische Post bei der Ankunft daselbst anzuhalten und das Felleisen mittels der fürstlichen Fahrpost befördern zu lassen.

Der herzogliche Postmeister Babst wurde zwei Tage darauf dahin instruirt, die ankommende dänische Post im Beisein des Postillons in seinem Hause abzunehmen und deren Verpackung auf eine meklenburgische Post zu beaufsichtigen, auch unter dem Beistand militärischer Hülfe zu verhüten, daß in Rostock kein dänisches Felleisen geöffnet, noch auch neue Briefe gesammelt oder gar Personen für die dänischen Posten eingeschrieben würden. Sonst enthielt die Instruktion folgende bezeichnende Punkte: 4. "Wenn aber welche mitkommen, welche nach Demmin und Stettin wollen, so hat Er Ihnen anzuzeigen: daß Er ordre hätte, niemand auf unserer Post aufzunehmen, welcher nicht auf unserer Post ankähme, Er könnte es aber doch etliche Male geschehen lassen, damit die Leute nicht aufgehalten werden, absonderlich wenn sie vorgeben sollten, sie hätten es nicht gewußt. Dem dänischen Postillon aber hätte er anzuzeigen, daß er Niemand nach Stettin mitnehmen solle, welcher nicht auf der meklenburgischen Post ankähme."

Aehnliche Instruktionen ergingen an die Städte, welche die dänischen Posten unterwegs passiren mußten. Ueberall wurden die Befehle des Herzogs Carl Leopold gern und willig befolgt. Die Folgen dieser Handlungsweise machten sich indessen bald zum Nachtheil Meklenburgs bemerkbar. Die Dänen übten überall, wo sie es vermochten, Repressalien schlimmster Art an den meklenburgischen Posten, nnd jede einer dänischen Post im Lande widerfahrene Unbill wurde in verstärktem Maße wieder vergolten. Besonders im Herzogthum Lauenburg, das in den Händen der Dänen war, erfolgten die schwersten Schädigungen der meklenburgischen Posten; die Fahrposten wurden in Ratzeburg und Boizenburg von dänischen Streifkorps aufgehoben, die Pferde ausgespannt, Postgüter beschlagnahmt und die Postillone eingesperrt u. s. w.

Da zu besorgen stand, daß das meklenburgische Postwesen seinem Ruin entgegengehen wurde, wenn seine Haupteinnahmequelle, die Verbindung mit Hamburg, abgeschnitten würde, so beauftragte Herzog Carl Leopold den Hofrath Ostermann in Amsterdam, die Intervention der czarischen Minister daselbst anzurufen, da Gefahr bestand, daß die Korrespondenz des Czaren, welche damals theilweise über Meklenburg befördert wurde, durch die Kriegswirren beschädigt und in ihrem Laufe schwer verzögert werde. Aber bevor man Erfolg von dieser Maßnahme erwarten konnte, waren die Zustände schon unerträglich geworden. Auf meklenburgischer wie auf dänischer Seite sah man ein, daß man nutzlos seine Kräfte aufreibe; beide Parteien kamen daher überein, "zu Hinlegung des eine Zeither vorgewesenen Mißverständnisses wegen beyderseitiger von und nach Hamburg durch diese und die holsteinschen Lande gehende fahrenden und reitenden Posten" sich zu verständigen. Die meklenburgischen Kommissare für die in Hamburg stattfindende Berathung, Accisedirektor Kelp und Agent und Postmeister le Plat in Hamburg, erhielten die vorläufige Instruktion: "Man wisse noch nicht - da die aktenmäßigen Grundlagen fehlten - wie weit man Seitens Meklenburgs gehen könne; die Bevollmächtigten sollten daher erst die dänischen Forderungen entgegennehmen und sofort über dieselben nach Schwerin berichten."

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Geschichte des Landes-Postwesens