Abschnitt 1

Postwesen 1701-1785-Fremde Posten-Hamburg


III. Das Postwesen in Meklenburg - Schwerin von 1701 bis 1785.


2. Fremde Posten in Meklenburg - Schwerin.

b. Hamburger Posten in Meklenburg.

Unter der Regierung des Herzogs Friedrich Wilhelm von Meklenburg-Schwerin war der Bestand der Hamburger Postkurse mit Meklenburg unverändert erhalten geblieben. Zweimal wöchentlich kursirte eine Fahrpost des Hamburger Botenamts über Ratzeburg, Gadebusch auf Wismar und zurück.

In Hamburg hatte man nicht vergessen, daß noch vor 40 - 50 Jahren der Korrespondenzverkehr längs der Ostseeküste von Hamburg über Stettin nach Danzig auch auf meklenburgischem Gebiet in den Händen des städtischen Botenamts zu Hamburg gelegen hatte. Unablässig war daher das Hamburger Botenamt bemüht, von seinen alten Gerechtsamen einen möglichst großen Theil zurückzuerwerben. Es wartete nur auf eine günstige Gelegenheit zur Ausführung seiner Pläne. Und diese fand sich bald.

Während der Regierung des Herzogs Carl Leopold hatten sich, wie schon oben des Näheren dargelegt ist, auch im Postwesen alle Bande der Ordnung gelöst. Gleichzeitig hatte Preußen während des nordischen Krieges ganz Vorpommern südlich der Peene und Stettin mit Beschlag belegt, und das Botenamt suchte nun die Wiedereinrichtung des alten Botenkurses mit Preußens Hülfe zu seinem Vortheil zu betreiben. Der Senat zu Hamburg trat mit dem General-Postamte in Berlin wegen Beförderung der Hamburg - Pommerschen Korrespondenz in Verbindung. Unter dem 22. Mai 1716 wurde zwischen beiden eine Vereinbarung geschlossen, der oben schon erwähnte Kombinationsrezeß. 1) Nach dem Vertrage hatte das Städtische Botenamt in Hamburg für Beförderung der Hamburger Korrespondenz nach Rostock Sorge zu tragen; das herzogliche Postkontor zu Rostock sollte sie mittels der herzoglichen Posten bis Demmin befördern, von wo preußische Posten den weiteren Transport zu besorgen hatten, und umgekehrt. Bezüglich der Portotheilung war vereinbart worden, daß die Portoaufkunft zwischen Demmin und Stettin ganz der preußischen Postverwaltung, die zwischen Hamburg und Demmin dem städtischen Botenamt verbleiben solle. Doch war vereinbart worden, daß das Porto von Hamburg bis Stettin 6 ßl. kosten sollte, wovon Preußen 3 ßl. und Hamburg 3 ßl. zufallen sollte; dafür hatte sich dann noch der Hamburgische Botenmeister wegen des freien Transports des Felleisens von Demmin bis Rostock mit dem Postkontor letztgedachten Orts zu vergleichen.

An eine vorhergehende Verständigung mit der meklenburgischen Regierung hatte man nicht gedacht. Man glaubte, durch die Verhandlung mit dem Rostocker Postkontor Meklenburg zur Genüge berücksichtigt zu haben. Der Sicherheit halber ließ man nachträglich durch den Postrath Grabe dem meklenburgischen Residenten von Habichtsthal in Berlin erklären, daß der preußische Gesandte in Hamburg angewiesen werden solle, gemeinschaftlich mit dem zu ernennenden meklenburgischen Kommissarius dahin zu wirken, daß der Hamburgische Botenmeister die im Rezeß geforderte Vergleichung mit dem Rostocker Postkontor wirklich vornehme.

Von all diesen Verheißungen erfüllte sich in Folge der ungünstigen politischen Verhältnisse in Meklenburg nichts. Bis 1724 wurde die Hamburger Briefpost auf den herzoglichen Postkursen frei befördert, ohne daß von einer Stelle im Lande auf das Mißverhältniß hingewiesen worden wäre. Erst der Postdirektor von Schütz brachte den Rezeß und die aus demselben für Meklenburg entspringenden schweren Nachtheile öffentlich zur Sprache. In einem Schreiben an den Magistrat zu Hamburg hob er hervor: "Ich bin höchlich verwundert, weshalb das fürstliche Postamt (Rostock) vermöge des Rezesses nichts für den freien Transport der Preußisch - Pommerschen Briefbeutel genießen soll; als wenn der § 8, der dieses ausdrücklich anweiset, nur umsonst gesetzet und die fürstlichen Posten nur anderen Vortheil zu Wege bringen zu helfen bestellt wären. Man sage doch, worin das so groß beschrieene aequivalent bestehe, so von hier mit dortiger fahrenden und reitenden Post franco spediret wird." 2) Er drohte auch, falls keine sofortige Berücksichtigung der meklenburgischen Interessen erfolge, die Briefbeutel anhalten und die Briefe einzeln taxiren zu lassen. Im Interesse einer baldigen Erledigung der Angelegenheit hielt von Schütz aber eine mündliche Besprechung für sachfördernd, und er reiste daher im Jahre 1726 mit Zustimmung der Exekutionskasse nach Hamburg, um mit dem Senat und dem Botenmeister Weißbach das Erforderliche zu vereinbaren. Bei dem Bürgermeister Wiese und bei Weißbach fand von Schütz billige Anerkennung seiner Forderung. Aber die gleichfalls in der Sache kompetenten Aeltesten der Börse beriefen sich auf ihren unvordenklichen Besitztitel an dem Bestehen des alten Danziger Botenkurses und wollten von der ihnen angemutheten Zahlung einer Entschädigung an Meklenburg nichts wissen. Der Postdirektor von Schütz war, wie man nach seinen Berichten über den Erfolg seiner Reise annehmen muß, über die Bedingungen, unter denen der alte Hamburger (Boten-) Postkurs von Herzog Christian Louis auf meklenburgischem Gebiet wieder zugelassen worden war, anscheinend nicht hinreichend unterrichtet, sodaß er seinen Forderungen nicht den wünschenswerthen Nachdruck geben konnte. Den lauen Argumenten des Postdirektors von Schütz gegenüber erhob das Hamburger Botenamt den Einwand, daß die Meklenburg - Hamburgischen Küchenposten, d. h. die herzoglichen Posten von Schwerin und Güstrow nach Hamburg, außerordentlich zur Beeinträchtigung des Hamburger Botenkurses beiträgen. Sie, "die aus pure lauterer concession von Hamburg allein zum Transport von Packeten und Personen zugestanden" seien, beförderten nichtsdestoweniger ungescheut Briefe auch nach Pommern. Von Schütz wußte keine stichhaltigen Gegengründe anzuführen und hielt es aus diesem Grunde für zweckmäßig, von einer weiteren Erörterung der Frage überhaupt abzusehen. Von Hamburg ging aber ein Schreiben an die Exekutionskasse in Boizenburg ab des Inhalts, daß man zu der hohen Exekutionskasse das Vertrauen habe, sie werde diese Angelegenheit in statu quo bewenden lassen. Entsprechend dem sonstigen Verhalten der Exekutionshöfe, sich jeder Einmischung in die Verhältnisse der meklenburgischen Post zu fremden Staaten grundsätzlich zu enthalten, verfügte die Kasse demnächst an von Schütz (5. März 1726), "daß diese tractaten, um die Weitläufigkeiten fernerer Verhandlungen und spätere Uebergriffe des Hamburger Botenamts zu vermeiden, unter glimpflichen Reservaten der dem Durchl. Hause Meklenburg zustehenden Befugnisse abgebrochen werden sollten."

In der That hatte der Fall damit vor der Hand seine Erledigung gefunden.

Als dann im Jahre 1729 die Hamburger Reitpost angefangen hatte, außer gewöhnlichen Briefen auch noch Gelder, Pretiosen und kleine Packete durch Meklenburg zu befördern, regte der Postdirektor von Schütz bei der Exekutionskasse nochmals an, dem Gegenstande endlich die erforderliche Ausmerksamkeit zuzuwenden. Er wies darauf hin, daß Gelder nach den Postreglements aller größeren Staaten nicht in die Briefbeutel (Felleisen), sondern in die Postladen gehörten und aus diesem Grunde den meklenburgischen Posten zuzuführen seien, aber die Exekutionskasse lehnte auch jetzt jede Einmischung in die ihr sichtlich unbequeme Streitfrage ab.

Die Sache blieb auch in den nächsten Jahren, wie sie war. Zu ihrer Beurtheilung ist es aber von Interesse, hier den Standpunkt, den man Hamburger seits einnahm, näher zu beleuchten.

Was das Hamburger Botenamt in Meklenburg als ihm zukommendes Recht beanspruchte, wollte es in Hamburg den herzoglichen Posten nicht in gleichem Umfange zugestehen. Das Bestehen eines eigenen herzoglichen Postkontors daselbst war ihm von jeher ein Dorn im Auge gewesen.

Des Oefteren war dieser Gegenstand schon zur Verhandlung gekommen, aber ohne daß direkte Schritte zur Beseitigung des meklenburgischen Postwesens auf Hamburger Gebiet unternommen worden wären; denn Senat und Botenamt verfolgten sichtlich den Zweck, amtlich das Bestehen herzoglicher Postanlagen aus ihrem Gebiet einfach zu übersehen und den Dingen ruhig ihren Lauf zu lassen. So erklärt sich auch der Umstand, daß während der Wirren in Meklenburg unter der kaiserlichen Exekution die günstige Gelegenheit zur Beseitigung der herzoglichen Posten unbenutzt gelassen wurde. Endlich fand sich aber doch eine Gelegenheit, der Frage des Bestehens eines herzoglichen Posthauses in Hamburg sachlich näher zu treten.

Der herzogliche Postmeister le Plat war wegen mangelhafter Dienstführung 1738 seines Amtes entlassen worden. Von dem Wechsel in der Person des Postmeisters erhielt der Senat in Hamburg Kenntniß und theilte nunmehr nach Schwerin mit, daß man wohl die vormals zugebilligte herzogliche Hofküchenpost zum Packet- und Personentransport auch ferner zulassen, derselben jedoch die Briefbeförderung zum Nachtheile des eigenen städtischen Botenwesens nicht zugestehen könne.




1) Es handelt sich hierbei um Zeitungen, die von Hamburg nach Rostock frei befördert wurden.
2) Es handelt sich hierbei um Zeitungen, die von Hamburg nach Rostock frei befördert wurden.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Geschichte des Landes-Postwesens