Abschnitt 2

Postwesen 1701-1785-Fremde Posten-Brandenburg


Der Postmeister Hasper aus Lenzen wurbe übrigens nicht in die Stadt Dömitz eingelassen, sondern mußte mehrere Tage vor der Stadt liegen bleiben. Das vorstehende Antwortschreiben wurde ihm aus der Festung herausgeschickt. Im Jahre 1721 wurde von dem Postkontor zu Rostock endlich der Streitbetrag gezahlt, und der ganze Streit endete damit, daß das Postamt in Stettin angewiesen wurde, "dem Postkontor zu Rostock das Briefporto zwischen Demmin und Rostock fernerhin nicht zu disputiren."


Das gespannte Verhältniß zwischen ben beiderseitigen Postverwaltungen blieb jedoch auch fernerhin bestehen und äußerte sich in endlosen Reibereien der Postorgane, die über die geringfügigsten Fragen des wechselseitigen Verkehrs langathmige Erorterungen anstellten und sich obendrein in spitzen, harten Worten nie genug zu thun wußten.

Auch bei der meklenburgischen Regierung griff bald infolge des Verlaufs der politischen Ereignisse ein lebhaftes Gefühl der Mißstimmung gegen Preußen Platz, das seinen Höhepunkt erreichte, als König Friedrich Wilhelm I. im Jahre 1734 als Ersatz für seine Mitwirkung bei Regelung der Landeswirren in Meklenburg die vier Aemter Eldena, Marnitz, Plau und Wredenhagen pfandweise mit Beschlag belegt hatte. Die Aemter traten zum übrigen Meklenburg in ein ähnliches Verhältniß wie die acht hannoverschen Hypothekämter im Westen des Landes, aber während in diesen die meklenburgische Regierung in gewissem Umfange wenigstens noch landesherrliche Hoheitsrechte ausüben konnte, verlor sie in den preußischen Pfandämtern fast jeden Einfluß, da hier die Verwaltung sofort nach der Besitznahme auf preußischem Fuß eingerichtet wurde.

Trotz aller von der Schweriner Regierung getroffenen Maßregeln traten die Postanstalten in Plau und Parchim fast ganz aus ihrem Abhängigkeitsverhältniß zur herzoglichen Postverwaltung heraus. Beschleunigt wurde diese allmählich eintretende Entfremdung durch einen neuen Postkurs, den die preußische Postverwaltung noch in den dreißiger Jahren von Lenzen über Grabow nach Parchim anlegte, von wo derselbe nach Plau zum Anschluß an den Berlin - Plau - Güstrower Kurs ausgedehnt wurde.

Herzog Christian Ludwig machte aus seinem Mißbehagen über diese neue preußische Post im Lande durchaus kein Hehl. Zunächst versuchte er, auf Umwegen den Lauf der Post zu stören, indem er die Postmeister in den vorbezeichneten Städten anwies, sich der Expedition der Post zu enthalten und "extrema" abzuwarten; als das aber erklärlicher Weise bei der straffen Disciplin der preußischen Regierung, der sich die Postämter nicht zu entziehen wagten, vergeblich war, brachte er die Angelegenheit sogar zur Entscheidung des Reichshofraths, der die Aufhebung der Post befahl. Aber die preußische Regierung dachte nicht daran, die neue Post aufzuheben, denn sie hatte nach Einrichtung der Post mitten durch das von ihr besetzte meklenburgische Gebiet eine bequeme Verbindung zwischen den beiden wichtigen Postkursen von Berlin nach Hamburg und von Berlin nach Güstrow, wodurch die Verbindung mit den meklenburgischen Pfandämtern und den in ihnen garnisonirenden preußischen Truppentheilen unterhalten wurde.

Der Herzog gab trotz dieses Mißerfolges seine Bemühungen, sowohl die neue preußische wie überhaupt alle fremden Posten aus meklenburgischem Gebiet ganz zu verdrängen, nicht auf. Seine Einsicht und Erfahrung ließen ihn zwar die wirthschaftlichen Vortheile, welche die zahlreichen fremden Postkurse auf den Hauptverkehrsstraßen im Lande für Meklenburg im Gefolge hatten, nicht verkennen, aber ihn leitete der gewiß nicht unberechtigte Wunsch, seine Landesposten von der Konkurrenz der fremden Posten frei zu machen, um für die im Innern des Landes dringend nothwendigen Reformen freie Hand zu haben und aus den Posten eine ergiebige Einnahmequelle für die erschöpften Kassen des Landes zu schaffen. Aber der traurige Zustand und die politische Lage Meklenburgs gestatteten ihm nur halbe Maßnahmen, die keine wirklich dauernden Erfolge erwarten ließen. Um beispielsweise die Post von Lenzen nach Plau möglichst von dem meklenburgischen Lokalverkehr auszuschließen, verfügte er, daß die Korrespondenz aus Güstrow und dem nördlichen und östlichen Meklenburg nach den preußischen Pfandämtern und Grabow nicht direkt von Güstrow aus über Plau oder Parchim, sondern auf dem Umwege über Schwerin befördert werden sollten. Und da auch jetzt noch von preußischen Behörden das Postkontor zu Güstrow stets als königliches Postamt bezeichnet wurde, wies Herzog Christian Ludwig den Postmeister Kütemeyer daselbst an, sofort in Berlin vorstellig zu werden und nach Schwerin zu berichten, wenn im wechselseitigen Verkehr das herzogliche Postkontor als königliches Postamt bezeichnet werden sollte; später erhielt Kütemeyer sogar bei 30 Rthtr. Geldstrafe die Anweisung, derartig adressirte Briefe unerbrochen zurückzuschicken.

In den vierziger Jahren ließ Herzog Christian Ludwig Nachforschungen über den rechtlichen Bestand der preußischen Post von Berlin nach Hamburg auf meklenburgischem Gebiet anstellen; denn er hatte damals schon die Wiedereinlösung der westlichen Hypothekämter von der Krone Hannover im Auge und wollte für den Fall des Gelingens dieses Projekts anscheinend rechtzeitig umfassende Maßregeln gegen die preußische Post vorbereiten. Aber die archivalischen Quellen über den Ursprung der Post flossen sowohl in Schwerin als auch in Berlin, wie aus einem noch vorhandenen Entwurf zu einem Schreiben nach Berlin zu folgern ist, sehr spärlich, sodaß Herzog Christian Ludwig davon absehen mußte, ein klares Urtheil über die geschichtliche Entwicklung der preußischen Postgerechtsame auf meklenburgischem Gebiet zu gewinnen.

Dafür nahm er aber bald darauf an anderer Stelle die Gelegenheit wahr, der preußischen Post entgegenzutreten.

In dem Städtchen Lübtheen, wo nach dem Uebereinkommen zwischen Meklenburg und Preußen vom Jahre 1703 von den preußischen Posten eine Umspannstation gehalten werden konnte, war im Jahre 1748 der Posthalter gestorben, welchem bisher die Abwartung der preußischen Durchgangspost im Orte obgelegen hatte. Nach dem klaren Wortlaut der Konvention war die Station nur für den Pferdewechsel bestimmt, aber während der unglücklichen Zeitverhältnisse unter Herzog Carl Leopold hatten die preußischen Posthalter in Lübtheen - wie sich mit Rücksicht auf die Natur des Postdienstes fast von selbst ergab - begonnen, für die preußische Durchgangspost Personen und Postsachen anzunehmen und zu befördern. Eigene herzogliche Posten berührten den Ort dauernd nicht; ein Nachtheil erwuchs daher der herzoglichen Landespost aus dem Verfahren des Postamts in Lübtheen nicht, eher war noch das Vorgehen desselben im öffentlichen Interesse lobend anzuerkennen - aber dem herzoglichen Postregal war doch dadurch zuwidergehandelt worden, und das glaubte Herzog Christian Ludwig nicht dulden zu sollen.

Die Nachricht von dem Hinscheiden des Posthalters in Lübtheen war daher kaum nach Schwerin gedrungen, als auch schon vom Herzoge ein Nachfolger in der Person des Postmeisters Dietrichs bestellt wurde, der sofort in Lübtheen die Geschäfte übernahm. Der zu dem gleichen Zweck von dem preußischen Postamte in Lenzen nach Lübtheen beorderte Postsekretär Hasper kam zu spät und mußte unverrichteter Sache wieder nach Lenzen zurückkehren.

In Berlin nahm man diesen Verlauf der Angelegenheit anscheinend sehr übel auf. Man berief sich auf die Konvention von 1703, die der preußischen Postverwaltung die Haltung einer Poststation in Lübtheen zugestand, und stellte die bestimmte Forderung, die wohlerworbenen preußischen Gerechtsame nicht zu stören. Darauf richtete die Schweriner Regierung ein maßvoll gehaltenes Schreiben nach Berlin, welches die landesherrlichen Hoheitsrechte in Grundlage der Konvention von 1703 in vollem Umfange reservirte. Wie zu erwarten stand, wollte die preußische Regierung ihre erweiterten Postbefugnisse, die sie in Lübtheen thatsächlich längere Zeit hindurch ausgeübt hatte, nicht ohne Weiteres fahren lassen, denn sie kam mehrmals auf den Fall zurück, jedoch ohne daß die meklenburgische Regierung an Entgegenkommen dachte. Bald aber trat die Sache in ein anderes Stadium, als die herzogliche Kammer die weitere Behandlung des Gegenstandes übernahm. Im Gegensatz zur Regierung trug sie ein sichtlich unentschlossenes, schwankendes Verhalten zur Schau, dessen Urheber der damalige herzogliche Ober-Postdirektor von Smith war, welchem die Bearbeitung der Postsachen im Kammer-Kollegium oblag. Er mochte von einem entschiedenen Auftreten gegenüber der bekannten Energie der preußischen Regierung nichts Gutes besorgen, denn er instruirte den Postmeister Dietrichs, den preußischen Beamten gegenüber "von einer hiesigen Bestallung nichts zu erwähnen, sondern nur quasi auf eigenen Einfall anzuziehen, daß er nach Ihrer Fürstl. Durchl. hoher Intention nach Lübtheen translociret werden solle und er so im Stande wäre, die königlich preußischen Posten zu besorgen."

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Geschichte des Landes-Postwesens