Abschnitt 1

Postwesen 1701-1785-Fremde Posten-Brandenburg


III. Das Postwesen in Meklenburg - Schwerin von 1701 bis 1785.


2. Fremde Posten in Meklenburg - Schwerin.

a. Brandenburgisch - Preußische Postkurse.

Die preußischen Posten auf dem Kurse von Berlin nach Hamburg hatten innerhalb meklenburgischen Gebiets bisher nur eine Poststation in Boizenburg gehabt, wo der herzogliche Postmeister gleichzeitig die Geschäfte für die preußischen Posten mit versah. Die Postroute führte seit den neunziger Jahren nicht mehr über Dömitz, sondern des besseren Weges halber von Lenzen über Findshier, Woosmer Mühle, Lübtheen und Quassel nach Boizenburg. In Quassel war eine Umspannstation eingerichtet. Die Entlegenheit dieses Ortes von Lenzen (5 Meilen) ließ es für die preußische Regierung vermuthlich wünschenswerth erscheinen, die Umspannstation in einem näher bei Lenzen belegenen Orte unterzubringen. Man hielt den Flecken Lübtheen, der Lenzen etwa 3/4 Meile näher, also ungefähr in der Mitte zwischen Lenzen und Boizenburg belegen war, hierfür geeignet.

Auf eine vom preußischen Generalpostamt nach Schwerin gerichtete Anfrage erwiderte Herzog Friedrich Wilhelm (Rostock, 16. März 1703) in zuvorkommender Weise, daß die Anlegung der Station in Lübtheen genehmigt werde, jedoch "mit dieser expressen Bedingung, daß, solange Wir obgedachte Poststation vergönnen, an gedachtem Orte kein Postkontor angeleget, weniger davon andere Nebenposten abgehen und daß zur Erhaltung der Brücken und Dämme (statt der bisherigen Abgabe von 40 Rthtr.) 50 Rthlr. jährlich an Unsere Kammer entrichtet wird." Die preußische Regierung stimmte (Cölln a. Spree, 30. März 1703) den vorstehenden Bedingungen zu, und die preußischen Posten wechselten fortan in Lübtheen.

Während der nächsten Jahre konnte die preußische Post in Ruhe ihrem friedlichen Berufe nachgehen; aber schon vom Jahre 1712 ab, als der nordische Krieg im Lande tobte und die politischen Verwicklungen in Meklenburg allmählich ernstere Gestalt annahmen, begannen sich die bisherigen guten Beziehungen zwischen Preußen und Meklenburg hinsichtlich der gegenseitigen Postverhältnisse bedenklich zu trüben. Im Verkehr der beiderseitigen Postorgane bildete sich ein gereizter Ton heraus, der sich auch auf die unteren Glieder übertrug und sich in ununterbrochenen Chikanen und Reibereien der beiderseitigen Beamten und Postillone Luft machte. Die preußischen Posten hatten auf ihrem Wege durch Meklenburg einen schweren Stand, mehrfach wurden offene Gewaltthätigkeiten an ihnen verübt, die Postwagen angehalten, Passagiere und Ladungsgegenstände weggenommen und diese den herzoglichen Posten zugeführt. Die preußischen Postillone vergalten in gleicher Weise.

Diesen Anfechtungen gegenüber und zugleich zum Schutze gegen die in Meklenburg befindlichen fremden Kriegsvölker sah sich die preußische Regierung genöthigt, den in Meklenburg kursirenden Posten sowie den Postanstalten in Güstrow, Plau und Boizenburg besondere Sauvegardebriefe zu ertheilen und an den Postgebäuden in jenen Orten das königliche Wappen anbringen zu lassen.

Der für die Postanstalt in Güstrow ausgestellte Sauvegardebrief bezeichnete das Postamt daselbst als ein königlich preußisches, obgleich in Güstrow nur ein herzogliches, nicht aber königliches Postamt bestand, und beginnt mit den Worten: ". . . Nachdem die Kriegsunruhe in den meklenburgischen Landen leider je länger je mehr zunehmen wtll, so haben Wir für nöthig befunden, Unsere der Orthen habende Posten und derselben Bediente in Sicherheit zu setzen, zu welchem Ende Wir dann aller auswärtigen Potentaten bestallte hohe und niedere .Kriegs- und andere Bediente hiermit gebührend ersuchen, daß sie Unser Postamt in Güstrow nebst denen daselbst wohnenden Bedienten und Postillonen wie auch den ihnen angehörige Viehe, Pferde, Mobilien und andere Zubehörungen, nichts davon ausgeschlossen, unbeunruhigt lassen . . . (Cölln a. Spree, 19. November 1712)."

Dieser Sauvegardebrief war mit anderen Briefen nach Rostock gerathen, hier erbrochen und dem Herzoge Friedrich Wilhelm zugestellt worden. Der Herzog befahl, den Brief unberücksichtigt zu lassen und einstweilen aufzubewahren. Ebenso wurden auf herzoglichen Befehl auch die nach Meklenburg gesandten königlichen Wappenschilder nicht ausgehängt. Ein nach Lübtheen gesandtes königliches Wappen wurde auf Befehl des Herzogs Friedrich Wilhelm Ede des Jahres 1712 zurückgesandt mit dem Anfügen, "wie Wir dergl. Unserem hohen Postregale in Unseren Landen verfängliche Facta nicht verstatten können."

Während der Regierung des Herzogs Carl Leopold wurde das Verhältniß zur preußischen Post nicht verbessert, sondern eher verschlechtert. Herzog Carl Leopold zeigte sich über den zwischen Hamburg und Preußen abgeschlossenen Kombinationsrezeß von 1716 in hohem Grade entrüstet, da derselbe das Hoheitsrecht des Herzogs antastete. Der Herzog verschmähte, weil ihm die Macht zu energischen Maßnahmen fehlte, auch kleinliche Mittel nicht, um seinem Unmuthe Luft zu machen, wie folgender Vorfall zeigt.

In Stettin war seit kurzer Zeit an Stelle des bisherigen schwedischen ein königlich preußisches Postamt eingerichtet worden, das naturgemäß für die Abrechnungen aus dem Postverkehr mit den Postanstalten benachbarter Staaten, z. B. mit dem herzoglichen Postkontor zu Rostock, nicht mehr die bisherigen schwedischen, sondern die preußischen Bestimmungen zu Grunde legte. Das Postamt in Stettin hotte nun von Rostock aus der Portoabrechnung angeblich noch etwa 90 Rthlr. zu fordern. Da das meklenburgische Kontor trotz mehrfacher Aufforderungen nicht zahlte, wurde über den Fall schließlich zwischen den beiderseitigen Höfen unmittetbar verhandelt. Herzog Carl Leopold forderte im März 1717 das Postkontor zu Rostock zu einer Aeußerung auf; letzteres berichtete, daß bisher im Verkehr mit Pommern das meklenburgische Postamt, ebenso wie auch das frühere schwedische Postamt, immer das ganze Porto behalten hatten, welches bei ihnen vereinnahmt worden war; das sei alte Gewohnheit gewesen und schon deswegen gerechtfertigt, weil die pommersche Korrespondenz besonders von Hamburg auf den meklenburgischen Postkursen 15 Meilen weit ohne besondere Vergütung befördert worden sei, während auf pommerschen Kursen bis Stettin nur 10 Meilen zurückzulegen seien. Eine Antwort dieses Inhalts ging nach Berlin ab. Trotz aller Gegenbemerkungen des preußischen Hofes war der Betrag auch 1720 noch nicht gezahlt. Nun wurde der Postmeister in Lenzen beordert, nach Dömitz zu reisen, wo der meklenburgische Hof damals residirte, bei dem Ober-Postdirektor Walter die Zahlung des Betrages zu reklamiren und nach Erfordern dabei vorzustellen, daß im Nichtzahlungsfalle die Schuld durch den Magistrat in Rostock exekutorisch von dem Postkontor daselbst beigetrieben werden würde.

Diese Drohung verstimmte in Dömitz sehr. In dem Antwortschreiben der Regierung zu Dömitz vom 27. März 1720 wurde zwar eine Prüfung der Angelegenheit verheißen, man versagte sich aber nicht, dabei Folgendes einfließen zu lassen: "Inzwischen muß es billig zu diesseitigem sonderem Befremden gereichen, daß aus obgemelter Verordnung des königlichen General-Finanzdirektorii die wohl ganz unerwartete clausul zu üernehmen, man würde bey nicht sogleich erfolgender Befriedigung sich sogleich nach Rostock wenden und bei dem dortigen Magistrat die execution wider den Postmeister Babsten ratione debiti et impensarum suchen. Es kann nicht unbekannt sein, daß gedachte Stadt und Magistrat Sr. hochf. Durchl. ohnstreitige Erbunterthanen seyn, und da mehrbesagter Postmeister auch derselben würklicher Bedienter ist, so kann nicht anders denn äußerst empfindlich seyn, daß man dortiger Seiten intendire, einen fürstlichen Bedienten, der, wenn er gleich von Ihro hochfürstl. Durchl. in die Suspension 1) gesetzt wäre, dennoch dieser in das Postregale schlagenden Sache halber vor niemanden alß vor Seiner hochfürstl. Durchlaucht zu belangen wäre, dero eigener Unterthanen Jurisdiction zu unterwerfen und ihn durch dieselbe exequiren zu lassen; solcher aperten inconvenience halber könne Ihre hochf. Durchl. ohnmöglich davor halten, daß auf hohem Befehl Ihr. Königl. Maj. eine solche Anstellung werde seyn veranlaßt worden, dahero Sie sich umb so viel mehr gemüßiget sehen werden, darüber ohnmittelbar bey Ihr. Königl. Maj. ihre so billige Beschwerde zu führen."




1) Postmeister Babst in Rostock war damals gerade wegen üblen Betragens und schlechter Dienstführung - im Jähzorn hatte er im Jahre 1719 einen Litzenbruder seines Kontors erschlagen - von der kaiserlichen Kommission von seinem Amte suspendirt, von Herzog Carl Leopold aber ausdrücklich in seinem Dienste bestätigt worden.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Geschichte des Landes-Postwesens