Abschnitt 9

Postwesen 1701-1785-Allgemeiner Zustand der Postanstalt


Im Jahre 1755 wurden bei den Posten bereits 18 % Agio gezahlt. Die Hauptkontors mußten nach wie vor ihre 20 Thlr. in N 2/3 einsenden, und beim Mangel an N 2/3 aus ihrer Tasche die Kursdifferenz decken. "Die Querelen, urtheilte die Kammer, als die Postämter lebhafte Klage führten, werden schon ein Ende nehmen, wenn nur erst ein schwererer Münzfuß eingeführt ist. Inzwischen müssen die Postkontors sich bis zu besseren Münzzeiten, so gut als möglich ist, bei der Verordnung und bisherigen Observanz schützen."


Im Jahre 1758 beabsichtigte Herzog Friedrich endlich, den alten, noch aus Zeit der kaiserlichen Kommission gebräuchlichen Kourantfuß - die alten 1/3 Thaler - wieder herzustellen. Da brach aber der siebenjährige Krieg auch über Meklenburg herein; "die bereits geprägten Stücke wurden nach Lübeck verkauft und das alte Sprichwort "Noth bricht Eisen" verleitete auch ihn, den Mangel an Geld durch Ausprägung minderwerthiger Münze scheinbar zu heben - es begann nun die schlimmste Zeit der meklenburgischen Münzverhältnisse. Die Mark fein, welche von 1752 - 58 zu 14 Rthlr. 24 ßl. ausgebracht worden war, wurde von Jahr zu Jahr höher, mit immer größerer Haft, mit sich stürmisch vermehrender Steigerung im Jahre 1763 zu 40 Rthlr. (der Leipziger N 2/3 Fuß ist der 12 Rthlr. Fuß) ausgeprägt und die meklenburgische Münze im Auslande so entwerthet, daß 100 Rthlr. N 2/3 nur mit 352 Rthlr. meklenburgischer Münze eingewechselt werden konnten." 5)

Wie es um den meklenburgischen Kredit im Auslande unter solchen Verhältnissen bestellt war, zeigt nachstehende Verordnung der Regierung in Hannover vom 12. September 1759: "Ob wir zwar verhoffet, daß durch unsere wiederholte Verordnungen, worin die Hereinbringung der in großer Menge bis daher ausgeprägten geringhaltigen meklenburgischen Münzsorten auf das schärfste verboten ist, solcher Endzweck völlig würde erreichet werden; auch die bei den Poststationen angeordneten Visitationes so viel Nutzen geschaffet, daß dergleichen neu ausgeprägte geringhaltige Sorten nicht so öffentlich noch unmittelbar in Unsere Lande eingeführt werden. Nachdem jedoch dagegen von gewinnsüchtigen Geldwechslern nunmehr darauf gesonnen wird, wie selbige diesen Endzweck in andere Wege erreichen mögen, und zu dem Ende, diese geringhaltige meklenburgische Sorten durch unsere Lande in die benachbarten Städte mittels der ordinären fahrenden Posten und durch Frachtfuhren, Extraposten und Stadtboten versenden, oder auch selbsten mit sich führen, von welchen Orten diese Münzen nachmalen desto verborgener in Unsere Lande hereingebracht und darinnen ausgebeutet, auch dem einfältigen Landmanne, wenn er seine Früchte verkaufet, in Bezahlung aufgedrungen werden, so finden Wir uns bewogen, die Durchfuhr aller herzoglich meklenburgischen Geldsorten durch Unsere Lande bei Strafe der Konfiskation gänzlich zu untersagen." Und dabei war bei Erlaß dieser Verordnung die Mark fein erst zu 19 Thalerstücken mit dem Kurse von 172 Thlr. meklenburgischer Münze ausgebracht worden.

Im Jahre 1760 wurde Kütemeyer angewiesen, von den Korrespondenten keine N 2/3 Stücke mehr zu fordern, daß er aber für alle nach und von Hamburg versandten Postsendungen, oder zwischen Hamburg und Güstrow mit den Posten fahrenden Personen auf je 16 ßl. Porto 1 ßl. Aufgeld, also 17 ßl. Kourantgeld einziehen solle. Nun zeigten sich bald die Folgen der Verordnung; die zahlreich im Lande verkehrenden Hamburger Kaufleute behielten das im Lande einkassirte Geld und lieferten es erst in Rostock bei der schwedischen Post ein, wo ihnen keine Schwierigkeiten bezüglich der Portozahlung gemacht wurden.

Trotzdem wurde das Aufgeld allgemein und zu immer höheren Sätzen bei den Postkontors im Lande erhoben, wie eine für diesen Zweck gedruckte Tabelle vom Jahre 1760 erkennen läßt. Hiernach war zu zahlen

Siehe Bild 3

Die Münzverschlechterung warf ihre Schatten auch in die innere Organisation der Postverwaltung hinein. Im Jahre 1762 wollte kein Fuhrmann mehr Estaffettenritte zu dem Satze von 32 ßl. für die Meile übernehmen, da der Werth von 32 ßl. nur 10 1/2 ßl. betrug und früher bei guten Zeiten (vor 40 Jahren) schon 24 ßl. bewilligt seien; durch Verordnung vom 23. Juni 1762 wurde nun verfügt, daß von Johannis 1762 ab die Reitgebühren für Estaffetten und Kouriers à Meile mit 24 ßl. nach dem Werthe des alten Geldes bezahlt werden. Das ist aber nur ein Beispiel aus der großen Reihe von Klagen, welche der Wandel aller Preis- und Werthverhältnisse infolge der Münzverschlechterung bei den Posten hervorrief.

Als der Krieg im Jahre 1763 zu Ende war, begann Herzog Friedrich sofort die Münzreform; der alte sog. schwere oder wenigstens ein ihm möglichst nahestehender Münzfuß, dem Hamburger Kourantfuße gleich, wurde wieder eingeführt. Die Münznoth war damit aber noch nicht zu Ende, denn nun begann die Enziehung und Abstoßung des minderwerthigen Münzgeldes, dessen Kurs zweimal wöchentlich durch das Intelligenzblatt öffentlich bekannt gemacht wurde.

Wie groß der Nachtheil war, den die Münzverschlechterung in dem Dezennium von 1750 bis 1763 den meklenburgischen Posten direkt oder durch den Abgang des Verkehrs zum Fuhrgewerbe oder den fremden Posten gebracht hat, läßt sich naturgemäß auch annähernd nicht feststellen - derselbe zählt aber nach Tausenden. Von Interesse ist es aber, festzustellen, wie groß der eigentliche Werth der Ueberschüsse der meklenburgischen Posten in dieser Periode war.

Siehe Bild 4

Aus demselben Grunde ermäßigen sich auch die Beträge der wirklichen Ueberschüsse aus den nächstfolgenden Jahren ganz erheblich, da nach der Münzreform in den ersten Jahren das alte schlechte Geld in die herzoglichen Kassen zurückströmen mußte, wenn auch nach dem Kriege ein erhebliches Steigen der Postüberschüsse wahrnehmbar bleibt.

Die Grundlage des Postbetriebes bildete das Postfuhr- und Kurswesen. Posthaltereien im heutigen Sinne gab es noch nicht; die regelmäßigen Leistungen, d. h. die Beförderung der regelmäßigen Posten innerhalb der Stationen wurden im Minuslicitationswege an den Mindestfordernden "verpachtet". Die Pachtzeit umfaßte in der Regel drei Jahre. Die Verpachtung der Fuhrleistungen entsprach zwar dem fiskalischen Verwaltungssystem, indem die Fuhrkosten erheblich herabgedrückt wurden, aber die Verwaltung kam dadurch mit vielfach ungeeigneten Unternehmern in Berührung, welche keine Sachkenntniß befaßen und es bald an Ordnung und Pünktlichkeit fehlen ließen. Leistungen, die angemessen auf 800 Rthlr. geschätzt wurden, gingen im Licitationsverfahren für 600 Rthlr. und weniger weg. Der Unternehmer konnte demnach sein Bestehen nicht finden. Den Nachtheil der Verpachtung spürte aber nicht allein der Unternehmer, sondern in weit höherem Maße die Verwaltung. Bei den geringen Fuhrlöhnen konnte der Unternehmer brauchbares Pferdematerial nicht einstellen. Schlechte Bespannungen der Postwagen und, hierdurch veranlaßt, häusige Verzögerungen der Postkurse bildeten eine ständige Erscheinung in der meklenburgischen Verwaltung. Letztere verhängte zwar unerbittlich gegen säumige Postfahrer hohe Geldstrafen - in manchen Jahren zum Betrage von 500 Rthlr. und darüber -, aber diese Strafgelder brachten die Postfahrer in anderer Weise durch die im Großen betriebenen Unterschleife, verbotwidrige Beförderungen von Personen und Postsendungen zehnfach wieder ein. Aktennachrichten zufolge entgingen der Postkasse noch in den Siebenziger Jahren des vorigen Jahrhunderts jahraus jahrein 4 - 5000 Rthlr. an unterschlagenen Portobeträgen, die nun in die Taschen der Postfahrer flossen.




5) Wöhler, das Münzwesen Meklenburgs.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Geschichte des Landes-Postwesens