Abschnitt 8

Postwesen 1701-1785-Allgemeiner Zustand der Postanstalt


Schon im Jahre 1736 lieferten die Vorsteher der Hauptkontors die Ueberschüsse ihrer Bezirke in der kleinsten Münzsorte ein. Bei dem Hauptkontor in Schwerin, welches die Hauptrechnung der meklenburgischen Posten aufzustellen, außerdem aber auch die Fuhrgelder für die außermeklenburgischen Postkurse zwischen Boizenburg bezw. Gadebusch und Hamburg zu zahlen hatte, ergab sich daher nur die Möglichkeit, sich mit der Renterei und den Posthaltern in der kleinsten Münzsorte auszugleichen. Das bot mit der Regierung keine Schwierigkeit, wohl aber mit den Posthaltern, deren Kontrakte meist auf N 2/3 lauteten und die außerhalb Meklenburgs das meklenburgische Kourant nur mit direktem Schaden hätten verwenden können. An die Hauptkontors erging daher noch im Jahre 1736 die Verfügung, die Ueberschüsse lediglich in N 2/3 Stücken einzusenden; die Verfügung wurde indeß noch in demselben Jahre auf die Vorstellung der Postmeister, daß sie die geforderten Münzsorten ohne Agiozahlung nicht beschaffen könnten, dahin abgeändert, daß wenigstens einige N 2/3 Stücke eingesandt werden möchten. Auch darauf wollten sich die Postmeister nicht einlassen, denn die Korrespondenten zahlten, wie von Hafften in Rostock berichtete, in kleinsten Sorten, 4 ßl.-Stücken oder höchstens in fremdem Gold, die Reisenden führten zu ihrer Bequemlichkeit nur Dukaten und Louisdors bei sich, und so kämen N 2/3 Stücke kaum zur Kasse; auch habe die noch von der Exekutionskasse erlassene Verordnung, daß bei Portobeträgen über 32 ßl. immer nur N 2/3 Stücke gefordert werden sollten, sich nur kurze Zeit aufrecht erhalten lassen. Hafften erhielt endlich nach längerem Schriftwechsel am 23. Juli 1736 die Verfügung, daß er, "da die Louisdors und Dukaten in Rostock noch so sehr begänge nicht sein sollten, von den Passagiers auf gute Art die Bezahlung des Postgeldes in N 2/3 Stücken fordern solle, damit er wenigstens 18 - 20 Rthlr. an grober Münzsorte (N 2/3) einsenden könne." Dabei betrugen die Ueberschüsse des Postkontors in Rostock etwa 300 Rthlr. vierteljährlich.


Mit den Jahren verschlechterten sich die Münzverhältnisse immer mehr. Im Jahre 1740 erhielt der Posthalter in Ratzeburg seine vierteljährlichen Fuhrgelder (75 Rthlr.) in Zweigroschenstücken ausbezahIt, an denen er mindestens 10 0/0 würde zusetzen müssen, wie er selbst äußerte. Dabei waren ihm gute 2/3 Stücke zugesagt. Der Postmeister Jahncke in Schwerin hatte im Osterquartal nach Hamburg 67 Rthlr. 36 ßl. und nach Ratzeburg 98 Rthlr. 18 ßl., zusammen 166 Rthlr. 6 ßl. kontraktlich in N 2/3 zu zahlen. Darauf kamen ein von

Siehe Bild 2

in Kourantmünze blieben demnach 82 Rthlr. 18 ßl. zu zahlen. Jahncke selbst klagte, daß er sein Gehalt in 1 und 2 ßl.-Stücken nehmen müsse. In einem Ouartal 1746 nahm das Kontor in Schwerin nur 3 Rthlr. in N 2/3 ein.

Da vor der Hand keine Aussicht auf günstigen Umschlag vorhanden war, wurden die Hauptkontors angewiesen, bei den Vierteljahrsablieferungen mindestens 20 Rthlr. in N 2/3 Stücken abzuführen, widrigenfalls auf ihre Kosten die Einwechslung vorgenommen werden würde; N 2/3 erzielten zum Kourant damals schon 6 %, sechs Jahre später im Jahre 1752 bereits 14 - 16 % Agio; jeder Thaler mußte mit 6 - 8 ßl. Aufgeld bezahlt werden.

Es war die Glanzzeit, wie die Akten melden, wo Juden und Christen aus der Kursdifferenz des Geldes ihren Vortheil ziehen wollten, sodaß auf mancher Post zwischen Hamburg und Meklenburg Geldsummen von 60 - 70000 Thlr. in Silber und Kupfer befördert wurden, unter deren Last die Postwagen fast zusammenbrachen.

Trotzdem der Nothstand im Münzwesen nun schon jahrelang anhielt, hatte die Regierung bislang aller Aufmerksamkeit ungeachtet einen Ausweg nicht finden konnen. Noch der landesgrundgesetzliche Erbvergleich von 1755 berührte die Tagesfrage: "Da bei den jetzigen Zeiten das Münzwesen im Lande und mit dem sowohl der wucherliche Lauf und Werth der neuen 2/3 Stücke als auch der je länger je mehr überhand nehmende Ueberfluß der geringhaltigen Geldsorten und die daraus entstehende Steigerung des Preises aller guten silbernen und goldenen Münze zu Abwendung offenbaren Nachtheils und Schadens gesammter Landeseinwohner ein landesobrigkeitliches Einsehen erfordert, so verspricht die Regierung, daß sogleich alle Kosten und Bemühungen angewandt werden sollen, damit nach vormaligem alten Fuße und Herkommen im Lande solche Münzsorten wiederum gangbar und gebe werden mögen, gegen welche gesammte Landes-Eingesessene und Unterthanen aller zu ihrem Verkehr, Handel, Wandel und Kreditwesen benöthigten groben und anderen Münzsorten in Silber und Gold, auch außerhalb Landes und in den benachbarten Staaten selbst zu billigeren Preisen und umsonst (ohne Agio) jedesmal habhaft werden können."

Für Meklenburg war von besonderer Wichtigkeit der Hamburger Geldmarkt. "In Hamburg wird nichts - wie ein Bericht des Postdirektors Roland sich über den Einfluß der Hamburger Börse auf speziell meklenburgische Postverhältnisse äußerte - als schwer Geld gebraucht, auch alle Postrechnungen in solcher Münze geführet, dahero alle Briefe, so zu Hamburg mit fremden Posten an meklenburgische Korrespondenten eintreffen, auch ebenmäßig die Briefe, so aus Meklenburg nach Hamburg kommen und von dort weiter befördert werden, mit schwer Geld resp. eingelöst oder weiter frankirt werden müssen. Hierzu ist nun das beim Hamburger Kontor eingehobene schwere Geld nicht zureichend, vielmehr wird durch diese Auslagen (an Porto für Beförderung auf den fremden Posten bei vorausgezahltem Franko) verursacht, daß das Schwerin'sche Kontor quartaliter über 100 Rthlr. an schwerem dänischen Gelde für die von den fremden Hamburger Kontors eingelösten oder auf selbigen weiter frankirte Briefe bezahlen, und da hier kein dänisch Geld in natura vorhanden, N 2/3 anschaffen und selbiges noch dazu mit Agio zu dänischem valeur machen muß. Das sind die sog. Zuschußgelder.

Hierdurch hat nicht nur die Schwerin'sche, sondern auch die Güstrower und Rostocker Postreceptur jährlich einen großen Schaden, indem diese Kontors vor das fremde Geldporto schwer Geld ausgeben, aber nur leicht Geld wieder einnehmen; z. B. ein simpler Brief von Schwerin über Hamburg nach Wien wird von uns in Hamburg frankirt mit 12 ßl. schwer Geld, das sind wenigstens 14 1/2 ßl. leicht Geld, 12 ßl. aber werden nur von den Korrespondenten bezahlt, folglich verlieren Serenissimus 2 1/2 ßl. Ein Brief franko Nürnberg wird von den Korrespondenten bezahlt mit 8 ßl. leicht Geld und hiesiges Kontor muß dafür bezahlen 9 1/2 ßl., verliert Serenissimus also 1 1/2 ßl.; ein Brief franko Wetzlar und Frankfurt a. M. kostet 5 ßl., ein Brief nach Regensburg und Dresden 7 ßl., das hiesige Kontor zahlt aber dafür 5 3/4 ßl. und 8 ßl. 1 . Wie nun dieses mit soviel 100 ja 1000 Briefen das Jahr hindurch passirt, da man mehr bezahlen muß, als eingenommen wird, so liegt der Schaden offen zu Tage."

Diesen Bericht hatte Roland bereits im Jahre 1750 entworfen, aber erst im Jahre 1759 dem Herzoge vorgelegt. Er gab deshalb noch einige Fingerzeige an, wie dem Uebel abzuhelfen sei, z. B. durch Erhöhung der Taxen, Zahlung aller Gelder in Hamburg in leichtem Geld u. s. w., aber die Vorschläge blieben - zum Glück, möchte man sagen - vorläufig Projekt, denn die Erhöhung der Taxe hätte nur den Verkehr gehemmt, das Agiounwesen noch verschlimmert und schließlich eine Vermehrung der Einnahmen sicher nicht erzielen lassen.

Mit Vorschlägen, wie dem Uebel abzuhelfen, traten auch Postdirektor Kütemeyer in Güstrow und von Hafften in Rostock hervor, aber die Vorschläge deckten sich mit denen Rolands. Aus Kütemeyers Bericht vom Jahre 1752 verdient nur ein Punkt hier Erwähnung: "In Natura giebt 2/3 Stücke Niemand, und wenn ich Aufgeld fordere, streiten die Passagiers sich nicht allein, sondern es ist schon zweimal dieser Ursache wegen geschehen, daß einige Passagiers sich zusammengethan und einen eigenen Wagen in der Stadt nach Hamburg genommen, und da ich solche zu anderen Zeiten dazu anhalten wollen, haben sie mit Ungestüm die agio zu 6 und 8 % bis Schwerin erleget und sind von da gegen courant Geld weitergefahren."

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Geschichte des Landes-Postwesens