Abschnitt 7

Postwesen 1701-1785-Allgemeiner Zustand der Postanstalt


Das in der meklenburgischen Postverwaltung von jeher bestehende ausgedehnte Portofreiheitswesen hat ständig die Posterträge mit beeinflußt und bedarf daher eingehenderer Erwähnung. Herzogliche Sachen - für den Hof und die Behörden des Landes - wurden auf den Posten frei befördert. Mancher Mißbrauch kam babei vor, fiel doch im Jahre 1709/10 auf einen reinen Ueberschuß von 4406 Rthlr. für Freibeförderungen allein die Summe von 2260 Rthlr.


Am 4. Mai 1712 erging daher die Verordnung, daß die portofrei zu versendenden Dienstsachen mit dem Rubrum "in Fürstl. Regierungs-, Kammer- und Kantzleigeschäften" und der unmittelbaren Aufschrift des Herzogs versehen sein sollten. Eine spezielle Verordnung derselben Zeit ordnete an, daß die im Namen des Herzogs an Auswärtige auszufertigenden Schreiben baar in Schwerin bezahlt werden sollten. Diese Vorschrift gerieth aber bald in Vergessenheit. Auch die postbeamten hatten für Dienstsachen von jeher die Portofreiheit genossen, allmählich aber war dieselbe auch auf ihre Privatkorrespondenz übergegangen, und die Regierung hatte, in der sicheren Ueberzeugung, daß diesem Brauch durch keine Verordnungen zu wehren sei, hierzu stillgeschwiegen. Aber die Postmeister trieben es so arg, daß sie selbst Briefe von dritten Personen zu ermäßigter Taxe sammelten und im Umschlag an andere Postmeister versandten. Die Akten sprechen ganz offen von diesem Mißbrauch. Postdirektor von Schütz ließ es seine erste Sorge sein, diesem Unwesen ein Ende zu machen. Auf seinen Antrag verfügte die Exekutionskasse am 28. Januar 1729, daß die Postoffizianten die Postfreiheit nur für die von ihnen vertriebenen Avisen genießen sollten.

Vom Jahre 1735 ab wurden die Postfreiheiten allgemein auf eigene herzogliche Sachen beschränkt, alle sonst eingeschlichenen Freiheiten dagegen aufgehoben. Das Uebel wurzelte aber im Stillen unter der Oberfläche ruhig weiter, bis im Jahre 1749 von dem Ober-Pstdirektor von Smith auf höhere Anregung hin energische Maßregeln zur Abstellung des Unwesens getroffen wurden. Der Gesammtportobetrag für die vom 1. December 1748 bis zum 31. Mai 1749 - also für einen Zeitraum von sechs Monaten - portofrei beförderten Sendungen belief sich immer noch auf 857 Rthlr. 46 ßl., für das ganze Jahr mithin auf rund 1700 Rthlr., während die reine Einnahme aus den Posten nur etwa 6300 Rthlr. ausmachte; den Postintraden waren mithin ständig 27 0/0 der Einnahme vielfach mißbräuchlich entzogen worden.

Ober-Postdirektor von Smith ermittelte zunächst, welche Beamten durch spezielle herzogliche Verordnung oder durch Gewohnheit im Genuß der Portofreiheit für eigene Angelegenheiten gestanden hatten; das waren im Besonderen die Mitglieder der Regierung und der Kammer, sowie die gesammten Postmeister des Landes. Da die Portofreiheit nach dem Willen des Herzogs überhaupt aufgehoben werden sollte, so mußte die Berechtigung der vorgenannten Personen zum Genuß der Portofreiheit abgelöst werden, und zwar zweckmäßig durch Baarabfindung. Der Werth der Portofreiheit für den Einzelnen wurde nunmehr in Geld bestimmt und als Gehaltsverbesserung vom 1. Januar 1750 ab den Berechtigten in Ansatz gebracht. Es ist für die Zeitverhältnisse von Interesse, die Antheilnahme der einzelnen Beamtenklassen an der Ablösung genauer kennen zu lernen. Sie betrug für den:

Kammerpräsident von Klein 30 Rthlr.

Geh. Rath von Klein 30 Rthlr.

Ober-Jägermeister von Bergholtz 30 Rthlr.

Regierungsrath Detmer 30 Rthlr.

Geh. Rath von Smith 30 Rthlr.

Landrentmeister Balck 15 Rthlr.

Carmon 15 Rthlr.

Sekretär Wachenhusen 15 Rthlr.


ferner in der Postverwaltung für:

Postsekretär Hennemann 50 Rthlr.

Postkontroleur Bueck 50 Rthlr.

Postdirektor Roland – Schwerin 100 Rthlr.

von Hafften-Rostock 100 Rthlr.

Kütemeyer-Güstrow 100 Rthlr.

Litzenbruder Prosch-Schwerin 30 Rthlr.

die übrigen Postmeister des Landes zusammen 288 Rthlr.


die Ablösungssumme belief sich also auf 913 Rthlr.


Die am 24. December 1749 publicirte Verordnung des Herzogs Christian Ludwig wegen Aufhebung der Portofreiheit trat mit dem 1. Januar 1749 in Kraft. Vom 1. Januar 1750 ab wurden alle Portofreiheiten, auch die für eigene herzogliche Angelegenheiten, aufgehoben; das Porto war künftig baar zu erlegen. Besondere Vorschriften regelten das weitere Verfahren. Nach einigen Jahren war die Verordnung aber schon wieder in Vergessenheit gerathen. Eine Verordnung vom 23. Juni 1764 hob daher nochmals alle Postfreiheiten gänzlich auf.

Durch die Postordnung von 1770 fand das Portofreiheitswesen seine nochmalige Regelung, indem für die Versendung postdienstlicher Gelder, Rechnungen, Laufzettel, Instruktionen für die Unterkontors, sowie die Zeitungen - deren Lesen zur Erhöhung der allgemeinen Bildung, wie es an anderer Stelle heißt, befördert werden sollte - die Postfreiheit ausdrücklich zugesichert war. Sonst blieb die Verordnung von 1764 voll in Kraft, und die Postmeister und sonstigen Postbedienten wurden besonders aufmerksam gemacht, bei Strafe der Dienstentlassung sich alter Defraudationen und eigenmächtigen Briefsammlungen zu enthalten; die von den Postbedienten für eigene Angelegenheiten beanspruchte Portofreiheit wurde nicht weiter berührt.

Bei der Darstellung des Finanzwesens der Post darf ein Faktor, welcher auf die Gestaltung des Kassenwesens in der Zeit von 1701 bis 1785 von einschneidendem Einflusse war, nicht unberücksichtigt bleiben, nämlich die Geld- und Münzverhältnisse dieser Periode. Letztere waren fast ununterbrochen in Folge der kriegerischen Wirren, welche sich in Meklenburg abspielten, die denkbar schlechtesten und näherten sich zeitweilig, besonders in den sechsziger Jahren, einer Münzverwilderung ohne Gleichen.

Es kann hier nicht der Ort sein, auf die Ursachen der Münzwirren näher einzugehen; aber es gewährt Interesse, die Beziehungen des Münzwesens zur Post, die als Geldinstitut an der Zirkulation der Münzen Antheil hatte, in großen Umrissen darzulegen.

Um das Jahr 1700 war der Leipziger Münzfuß, welcher die Mark fein in 18 Gulden zu je 32 ßl., d. h. die sog. Neu 2/3, ausprägte, obgleich von den meklenburgischen Herzögen nicht anerkannt, in Meklenburg in Aufnahme gekommen. Unter Herzog Carl Leopold kam dieser Münzfuß allgemein in Gebrauch, da es an guter Landesmünze mangelte und der Leipziger Fuß zum Reichsmünzfuß erhoben war. Außerdem waren aber im Lande die alten Drittel - Stücke des Zinnaer Münzfußes, sowie ein Uebermaß minder- und vollwerthiger Geldsorten in Umlauf, welche, da in Meklenburg zwischen 1713 und 1752 keine gangbare Münzsorte geprägt worden war, theils von der Regierung verboten, theils nicht als umlaufsfähig anerkannt waren, sodaß in dem Wirrwarr des Münzwesens nur ein vollkommenes Studium vor Schaden bewahren konnte. Es war ja die Zeit, wo jeder, auch der kleinste Staat in Deutschland seine eigene Münze besaß. Gutes vollwichtiges Geld blieb naturgemäß in festen Händen oder mußte mit Aufgeld bezahlt werden, das minderwerthige kam vorzugsweise in Umlauf; wie mit den größeren Stücken, so war es auch mit den kleineren Münzsorten, welche bei den Postanstalten vorzugsweise in den Kassen umliefen.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Geschichte des Landes-Postwesens