Abschnitt 6

Postwesen 1701-1785-Allgemeiner Zustand der Postanstalt


Da die drei Hauptkontore je über gesonderte Kurse abrechneten, so erklärt es sich, daß das Postamt in der verkehrsreichsten Stadt Mecktenburgs - Rostock - die geringsten Ueberschüsse abführte. Das Postamt daselbst rechnete nur über kleinere Postkurse ab und hatte überdies unter der schweren Konkurrenz der schwedischen Fahrpost von Stralsund nach Hamburg und der Hamburger Stadtreitpost, welche beide in Rostock Sendungen annahmen und bestellten, sehr zu leiden. Das Postkontor in Güstrow berechnete dagegen den bedeutendsten und einträglichsten Kurs des Landes, den Fahrpostkurs Güstrow - Schwerin - Boizenburg - Hamburg mit seinen zahlreichen Seitenkursen, während das Postkontor in Schwerin die Einkünfte des Kurses Schwerin - Ratzeburg - Hamburg nachwies. Bei der kursweisen Abrechnung hatten manche Postkontors mit allen drei Hauptämtern sich auszugleichen. Aus demselben Grunde wurden auch die Zahlungen, welche die einzelnen Kontors zu leisten hatten, z. B. Gehälter, nicht immer bei einem Hauptkontor, sondern häufig bei mehreren derselben antheilmäßig berechnet. Als es sich z. B. im Jahre 1774 darum handelte, das Gehalt des Postmeisters in Hamburg dadurch zu erhöhen, daß ihm ein Antheil an der Aufkunft seines Kontors zugebilligt werden sollte, stellte man fest, daß das Kontor vereinnahmt hatte


Siehe Bild 1

Nach dem Verhältniß der Aufkunft wurde demnächst das neue Einkommen berechnet und den Kursdirektionen in Schwerin und Güstrow die Zahlung der beiden Theile aufgegeben.

Dieses Rechnungsverfahren trug nicht zur Uebersichtlichkeit und Beschleunigung der Abrechnungen bei, und der Vortheil, die genaue Aufkunft der einzelnen Kurse zu kennen, wog bei Weitem nicht die Mehrarbeit der zur Erreichung dieses Ziels erforderlichen außerordentlich zahlreichen Unterabrechnungen auf. Uebrigens rechneten die Postämter in den ehemaligen Pfandämtern auch nach Wiedereinlösung der Aemter nicht mit der Postverwaltung, sondern mit der zur Amortisirung der Pfandsumme neu errichteten Reluitionskommission in Schwerin ab, weshalb die Einnahmen aus den Posten in der obigen Uebersicht durchaus nicht die reine Aufkunft aller meklenburgischen Posten aufführen. Aktennachrichten zufolge beliefen sich die zur Reluitionskasse fließenden Postüberschüsse auf jährlich etwa 800 Rthlr.

Trotz der mancherlei Vorschriften, welche bei der Rechnungslegung zu beobachten waren, fand sich doch manche Hinterthür, durch welche ungetreue Beamte die ärgsten Defraudationen verübten. Man war übrigens - im Gegensatz zu dem harten Wortlaut der amtlichen Verordnungen gegen Unterschleife - gegen aufgedeckte Ungehörigkeiten vielfach außergewöhnlich nachsichtig, und der Fälle wären mehrere zu nennen, wo Postoffizianten, deren Unterschleife aufgedeckt worden waren, ein erheblicher Nachlaß beim Ersatz des veruntreuten Gutes zugebilligt wurde. Die sog. "Restanten" bildeten eine ständige Rubrik in den Postrechnungen; war es doch noch im Jahre 1780 vorgekommen, daß der Postmeister in Lauenburg über die meklenburgischen Portoaufkünste an den Posten nach Hamburg, Lübeck und Ratzeburg seit 1775 nicht mehr liquidirt hatte.

In den Taxvorschriften wurden von 1701 - 1785 nur geringfügige Aenderungen vorgenommen. Nach der Taxe von 1701 kostete 1 Brief von Schwerin nach Hamburg 3 ßl., 1 Person nach Lübeck 1 Rthlr. 16 ßl., 100 Rthlr. Gold nach Hamburg und Rostock 12 ßl., 1 Packet zu 1 nach Hamburg 4 ßl. u. s. w. Durch die neue Taxe von 1703 trat eine erhebliche Gebührenermäßigung ein; 1 Person nach Lübeck zahlte jetzt statt 1 Rthlr. 16 ßl. 1 Rthlr., 100 Rthlr. Gold nach Hamburg und Rostock statt 12 ßl. nur 10 ßl., 1 Packet zu 1 nach Hamburg statt 4 ßl. nur 3 ßl. u. s. w., Eßwaaren von und nach Hamburg das 6 statt früher 9 . Das Personenporto wurde allgemein auf 8 ßl. für die Meile festgesetzt. Dem Publikum wurde erlaubt, die Briefe frankirt oder unfrankirt einzuliefern. Das Freigewicht betrug 50 . In der Taxe hieß es zur Ermunterung des Publikums, "das Porto ist so gering wie auf keiner benachbarten Post, deshalb soll jeder den rechten valeur angeben und sich keine Ungelegenheiten machen."

Die neue Taxe war in Plakatform für die 3 Hauptkontore des Landes, in Schwerin, Güstrow und Rostock, ausgearbeitet und umfaßte auch die Zwischenstationen an den Postkursen. Sie enthielt auch zum ersten Mal Nachrichten über die Frankirung von Briefen nach Orten außerhalb Meklenburgs, z. B. nach Breslau, Wien und Ungarn, welche bis Grünberg, Briefe nach Schweden und Norwegen, welche bis Helsingör zu frankiren waren; ein Brief von Güstrow nach Grünberg kostete 8 ßl., Helsingör 11 ßl., Leipzig 10 ßl., Berlin 5 ßl. und Halle 9 ßl. Die Packettaxe umfaßte nur Sendungen innerhalb Landes und nach Hamburg und Lübeck; Kaufmannswaaren genossen Frachtermäßigung gegenüber Eßwaaren und Delikatessen (z. B. Wild und Austern), für kleinere Packete war das Porto verhältnißmäßig theurer als für größere Sendungen. Schon im Jahre 1721 erhoben die Postmeister vielfach die Gebühren rein willkürlich, und bei kaum einem Kontor waren gedruckte Taxen vorhanden. Der Postdirektor von Schütz ließ daher die alte Taxe von 1704 erneuern.

Herzog Christian Ludwig erließ im Jahre 1746 eine neue Taxe, die auf der Taxe von 1704 beruhte; in einer Beziehung wich sie aber wesentlich von der alten Taxe ab, denn sie bestimmte im Interesse des Handels, daß besonders häufig auf den Posten versandte Artikel eine Preisermäßigung genießen sollten. Diese Vergünstigung erstreckte sich namentlich auch auf die Erzeugnisse der Friesmacher in Malchow und Parchim.

Die Taxe von 1770 war kursweise geordnet und regelte die Taxen aller Kontors in Meklenburg für die Beförderung von Personen, Briefen, Geldern, Handpacketen (bis 16), Kaufmannswaaren, Victualien (Wild u. s. w.), Obst, nassen Waaren und leeren Fässern. Eine Person mit 60 Freigepäck (sog. volle Person) zahlte für die Meile 8 ßl., eine Person ohne Gepäck (ledige Person) 6 ßl., von Schwerin bis Rostock (10 Meilen) aIso 1 Rthlr. 32 ßl., nach Hamburg (15 Meilen) 2 Rthlr. 16 ßl. Die Taxe von Rostock nach Hamburg (23 Meilen) war dagegen um 16 bezw. 12 ßl. billiger als sonst im Lande, um der schwedischen Post den Reiseverkehr abzuwenden. Briefe kosteten im Allgemeinen bis zu 1 Loth für je 4 Meilen 1 ßl., von Schwerin nach Rostock (10 Meilen) aber nur 2 ßl., nach Hamburg (13 Meilen) nur 3 ßl.; von Güstrow nach Hamburg (22 Meilen) 4 ßl., von Rostock nach Hamburg (23 Meilen) nur 3 ßl. wegen der konkurrirenden schwedischen Post.

Gelder kosteten im Allgemeinen auf je 4 Meilen bis 20 Thlr. 2 ßl., bis 35 Thlr. 3 ßl., bis 50 Thlr. 4 ßl., bis 65 Thlr. 5 ßl., bis 75 Thlr. 6 ßl., bis 100 Thlr. 8 ßl. 100 Thlr. von Schwerin nach Rostock kosteten 12 ßl., von Güstrow nach Hamburg 24 ßl., von Rostock dahin nur 16 ßl.

Handpackete kosteten innerhalb der Station (von 4 Meilen) bis 4 2 ßl., über 4 bis 10 3 ßl., über 10 bis 16 4 ßl. Für ein Packet bis 10 von Schwerin nach Rostock war zu zahlen 7 ßl., von Güstrow nach Hamburg 12 ßl., von Rostock nach Hamburg nur 10 ßl.

Im Jahre 1774 ließ die Regierung für die Strecke Boizenburg - Hamburg eine Taxänderung eintreten, um hier mit den preußischen Posten - wenigstens innerhalb des Landes - konkurriren zu können. Aber nur das Personenporto wurde ermäßigt; die übrigen meklenburgischen Taxen (für Gelder und Päckereien) blieben beträchtlich höher als die preußischen. Uebrigens wurden die Taxen im Lande je nach dem Bedürfniß ermäßigt oder erhöht, gerade wie es die allgemeine Wirthschaftslage oder örtliche Besonderheiten, z. B. die Konkurrenz der preußischen und schwedischen Posten nach Hamburg erheischten.

So betraf eine wesentliche Aenderung die Versendungen von Baargeldern und Bankonoten zwischen Rostock und Hamburg. Im Jahre 1783 kosteten 2000 Rthlr. Baargeld 10 Thlr., 2000 Rthlr. in Bankonoten nur 12 ßl. Auf den Vorschlag des Postdirektors Wachenhusen wurde die Taxe für Bankonoten im Jahre 1783 auf 1/6 0/0 des Nennbetrages, demnächst im Januar 1784 aber auf die Hälfte des Portos gleich hoher Baarsendungen festgesetzt.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Geschichte des Landes-Postwesens