Abschnitt 4

Postwesen 1701-1785-Allgemeiner Zustand der Postanstalt


Die Postschreiberstellen waren 1785 schon zahlreicher geworden. Die größeren Aemter hatten etatsmäßige Stellen; bei den kleineren Kontoren nahmen die Postmeister Privatpostschreiber an, die bei Gelegenheit in etatsmäßige Stellen einrückten. Ihre Stellung war aber sehr unsicher, sie gehörten ganz zum Dienstpersonal der Postmeister, der für sie zu haften hatte.


Die Kontroleure hatten mit den Postschreibern gleichen Rang und Dienst. Aeltere Postschreiber erhielten den Charakter "Postsekretär", auch wohl den Titel "Postrath". 1)

Zu den Unterbedienten rechneten Litzenbrüder, Briefträger und Wagenmeister, in welche Stellen vielfach alte Militärs einrückten. Der Litzenbruder hatte das zur Bestellung der Sendungen erforderliche Personal selbst anzuwerben und zu besolden. In Rostock gab es schon von Alters her vier Litzenbrüder; sie hatten Passagiere anzusagen, die Posten zu beladen, befaßten sich aber nicht eigentlich mit der Briefbestellung. Sie nahmen auch insofern eine Sonderstellung ein, als sie vom Gewett angestellt wurden und das Rostocker Bürgerrecht besitzen mußten.

Die Stellung der Postoffizianten war durchaus angesehen. In der Rangordnung des Herzogs Friedrich Wilhelm von 1704 nahmen sie aber eine sehr untergeordnete Stufe ein. Der Hofpostmeister gehörte wie z. B. auch die Forstmeister zur 16. Klasse, während der Kammerdiener des Herzogs zur 13. Klasse zählte. Das darf nicht Wunder nehmen, da im Jahre 1704 das Postwesen überhaupt nicht in der Hand des Herzogs, sondern des Geh. Kammerraths Mumme lag. Ein Gesuch des Postmeisters Kütemeyer in Güstrow um Versetzung in eine höhere Klasse fand 1739 keine Genehmigung. Die Postdirektoren mit Hofrathstitel gehörten zur 8. Klasse und rangirten damit vor dem Bürgermeister von Rostock (10. Klasse).

Bei feierlichen Aufzügen (Hochzeiten in der fürstlichen Familie) ritten meistens blasende Postillone unter Führung eines Beamten dem Zuge voran. Bei der Beisetzung der Leiche des Herzogs Carl Leopold (1748) eröffnete den Leichenzug ein berittener Postsekretär mit zwölf Postillonen.

In den Gehaltsverhältnissen hatte eine Aenderung bis 1785 fast garnicht stattgefunden. Das fixe Gehalt war gering (in Schwerin, Rostock, Güstrow und Hamburg 300 Rthlr., in Boizenburg 200 Rthlr., sonst schwankte es zwischen 4 und 60 Rthlr.). Die Postschreiber bezogen zuerst 100 Rthlr., später 150 - 200 Rthlr., die Wagenmeister 60 Rthlr., Litzenbrüder nur einige wenige Thaler, dagegen alle Bestellgelder und hohe Accidenzien aus dem lebhaften Reiseverkehr.

Für Postmeister und Beamte bestand eine besondere Uniform noch nicht. Im Jahre 1730 hatten Briefträger und Litzenbrüder bereits eine Art Montirung, deren Werth ihnen auf ihr Diensteinkommen angerechnet wurde.

Die Postillone erhielten die Montirung aus herrschaftlichen Mitteln; sie bestand im Jahre 1738 in einem Livreerock mit 24 Wappenknöpfen, dessen Preis 5 Rthlr. 16 ßl. betrug; das Posthorn kostete 16 ßl., das Wappenschild, welches der Postillon am Rock zu tragen hatte, gleichfalls 16 ßl. Später wurden den Postillonen auch Reitwesten geliefert. Alle zwei Jahre erhielten Wagenmeister und Postillone einen Mantel. Lieferant der Montirungen war der Rathsverwandte Kütemeyer in Schwerin. Alle Montirungen waren ehemals von rother, seit Beginn des 18. Jahrhunderts von blauer Farbe.

Die Anstellung aller Offizianten lief gewohnheitsmäßig auf halbjährige, beiden Theilen zustehende Kündigung; von derselben wurde indeß nur bei erwiesenen sträflichen Dienstvergehen und auch dann noch nicht durchweg Gebrauch gemacht. Die Kautionen waren der Höhe nach für die einzelnen Beamtenklassen nicht fixirt, sie waren verhältnißmäßig hoch; Postdirektor Hennemann hatte z. B. für seinen Sohn, den Postsekretär Hennemann in Schwerin, im Jahre 1773 eine Bürgschaftsakte über 1000 Rthlr. hinterlegt. An anderen Orten wurde die Kautionssumme auch nach der Jahresaufkunft der Station bemessen.

Die Versorgung invalider Postoffizianten kam erst unter der Regierung des Herzogs Christian Ludwig auf; der Pensionsbetrag wurde indeß nicht immer aus der Staatskasse gezahlt, sondern bildete meist einen Schuldtitel der von dem Pensionär bisher verwalteten Stelle und war als solcher von dem Amtsnachfolger zu übernehmen. Bei dem Ausscheiden des Postdirektors Roland aus dem Dienste im Jahre 1764 wurde ihm ein Ruhegehalt üon 200 Rthlr. zugebilligt, welches sein Nachfolger, Postdirektor Hennemann, von dem Einkommen seiner Stelle zu zahlen hatte.

Die Wittwen verstorbener Postoffizianten bezogen schon im Jahre 1741 das Sterbe- und Gnadenquartal; Roland's Wittwe erhielt - obgleich er bereits im Ruhestande lebte - bei seinem Hinscheiden bereits ein Sterbe- und zwei Gnadenquartale. Erst die Generalverordnung vom 2. April 1757 und die Konstitution Herzogs Friedrich vom 28. März 1770 wegen der Sterbe- und Gnadenquartale oder Monate für die Wittwen, Kinder und Erben der Verstorbenen herzoglichen Civilbedienten regelte das Versorgungswesen eingehender.

Das Dienstverhältniß der Beamten der Postverwaltung war wie in den anderen Ressorts patriarchalischer Art; die Beamten waren keine Staatsbeamte, sondern herzogliche Diener in der Vermögensverwaltung der Herzöge. Das ergiebt sich klar und deutlich aus dem Wortlaut der Bestallungen 2) und Eidesformeln, die von zahlreichen Pflichten und Dienstleistungen sprachen, andererseits aber von besonderen Rechten der Postoffizianten keine Erwähnung thaten. Die in den Bestallungen aufgeführten Gebührnisse des Dieners bildeten lediglich den Dienstlohn aus herrschaftlicher Kasse. Als unmittelbare herzogliche Diener besaßen die Postoffizianten naturgemäß den eximirten Gerichtsstand solcher.

Wie schon hervorgehoben wurde, waren für die Verwaltung des Postwesens rein fiskalische Gesichtspunkte maßgebend. Daß aber auch Stimmen nicht fehlten, welche die wirthschaftliche Bedeutung der Posten betonten und die Verwaltung mehr in diesem Sinne geführt wissen wollten, geht aus einem Schreiben des Engeren Ausschusses vom Jahre 1771 hervor, in dem es heißt: "Der Landtag erkennt zwar an, daß das Postregale, insofern es zur Bequemlichkeit und zum Nutzen der Unterthanen ausgeübt wird, dem Durchl. Landesherrn nach aller Billigkeit nicht zum Schaden und Nachtheil gereichen ober insofern es onerose sein könne - ob dieses Regale aber gerade ein Utile seyn, eine Kammer-Revenüe daraus gemacht und um diesen Zweck zu erreichen, die natürliche Freiheit der Unterthanen eingeschränket werden könne, das wird schwerlich je ein Lehrer des Staatsrechts von einem solchen Lande behaupten."

Die Folgen der engen Audfassung des Postwesens als Finanzobjekt konnten naturgemäß nicht ausbleiben. Wegen der hohen Postgebühren, die von Station zu Station berechnet wurden, bildeten Unterschleife des Personals und verbotwidrige Beförderungen postmäßiger Gegenstände durch das Fuhrgewerbe eine stehende Erscheinung im Verkehrswesen des übrigen Jahrhunderts. Diesen Uebeln durch Ermäßigung der Postgebühren abzuhelfen, daran dachte Niemand. Unverändert wie die Hauptpostrouten blieben fast während des ganzen vorigen Jahrhunderts auch die Gebührensätze, sehr zum Nachtheil der herzoglichen Kassen, denen bei zweckmäßigeren Gebührensätzen und durch Schaffung neuer Verkehrswege sicher größere Summen zugeflossen wären, die jetzt zum Theil an das Fuhrgewerbe verloren gingen. Wenn heute die Postverwaltung bei hoch entwickelten, intensiven Verkehrseinrichtungen in Meklenburg kaum Ueberschüsse erzielt, während die alte Landespost alljährlich namhafte Beträge an die herzogliche Chatulle abliefern konnte, so beweist diese Erwägung allein schon, daß derartige Resultate nur das Ergebniß eines drückenden, fiskalischen Verwaltungsystems sein konnten. Und in der That, selbst zu Zeiten schwerster wirthschaftlicher Krisen, die gerade im vorigen Jahrhundert in Meklenburg häufig eintraten, erzielte die Regierung alljährlich nicht unerhebliche Ueberschüsse, wie die in Anlage 10 des Anhanges abgedruckte Uebersicht ergiebt.




1) Sekretäre waren schon 1715 bei dem Postkontor in Schwerin beschäftigt, es waren Ahrens und Mester, deren Namen bereits oben genannt sind.
2) Eine von Geh. Kammerrath Mumme (1708) entworfene Bestallung mit Dienstvorschriften ist im Anhang als Anlage 9 abgedruckt.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Geschichte des Landes-Postwesens