Abschnitt 3

Postwesen 1701-1785-Allgemeiner Zustand der Postanstalt


Kulturhistorisch interessant ist die Thatsache, daß Postlivree, Brustschild und Posthorn alleinige Attribute der landesherrlichen Posten waren, deren Gebrauch Privatleuten strenge untersagt war. Den Posten mußte auf ein Zeichen des Postillons mit dem Posthorn von jedem Fuhrwerk ausgewichen werden. Im Jahre 1751 war der Gebrauch des Posthorns aber auch in Privatkreisen allgemein geworden, da bei den schlechten Straßen, welche vielfach durch Hohlwege führten und ein Ausweichen zweier Gespanne nur selten zuließen, der Gebrauch des Posthorns sich als unentbehrlich erwiesen hatte. Dieser Gebrauch war aber geeignet, die Interessen der Posten empfindlich zu schädigen. Durch Verordnung vom 19. Februar 1757 wurde daher der Gebrauch des Posthorns bei 10 - 20 Thlr. Strafe verboten; auch die Postordnung von 1770 verbot den Gebrauch des Posthorns. Dadurch fühlte sich aber die Ritterschaft des Landes gekränkt, denn sie hatte es bis dahin als ihr Vorrecht angesehen, bei Reisen ihre fahrenden Knechte mit dem Posthorn auszurüsten. Besonders Herr von Bülow-Düssin glaubte sich zum Anwalt der ganzen Ritterschaft machen und deren Rechte wahren zu müssen. Er befand sich bald mit dem Postmeister in Boizenburg in heftigster Fehde, welche erst zu Ende ging, nachdem die Sache wie ein Haupt-Kriminalfall aufgebauscht war und die verschiedensten Instanzen, sowie die Universität Rinteln ihr Urtheil abgegeben hatten. Das Urtheil bestätigte der Regierung das Recht, Privaten den Gebrauch des Posthorns zu untersagen. Im Jahre 1777 wurde der Drost von Fabrice in Boizenburg mit seiner Equipage auf Veranlassung des Postmeisters daselbst angehalten und erst nach Erlegung von 20 Rthlr. Strafe freigelassen, weil sein Vorreiter ein Posthorn geführt hatte. Herr von Fabrice brachte die Sache vor den Engeren Ausschuß, und sie spitzte sich sogar politisch zu, bis der Herzog schließlich die Rückzahlung der Summe anordnete. Das herzogliche Vorrecht war aber nicht aufgegeben. Noch im Jahre 1784 wurde ein Antrag des herzoglichen Kanzleidirektors von Schröder in Rostock, ihm den Gebrauch des Posthorns bei der Fahrt nach seinem Gute, die durch einen Engpaß führte, zu erlauben, des Princips halber abgelehnt.


Ueber die Wahrung des Briefgeheimnisses enthält keine Verordnung, keine Andeutung in den Akten ausreichendes Material. Dagegen waren schon im Jahre 1708 die Postmeister durch eine Verordnung, welche das Briefsammeln und die Versendung von Briefen verschiedener Art unter einem Umschlage verbot, angewiesen, derartige verdachtige Briefe anzuhalten und zu öffnen. Die Postordnung von 1770 verbot aber die Unterschlagung von Geldern u. s. w., sowie von bloßen Briefen und setzte für das Verbrechen u. A. auch Lebensstrafe fest Herzog Friedrich Wilhelm hatte schon am 15. März 1712 verordnet, daß Beamte, die sich Veruntreuungen im Betrage von über 100 Thlr. zu Schulden kommen ließen, mit dem Tode, bei geringeren Veruntreuungen am Leibe, und wenn die Schuldigen gestorben waren, mit unehrlichem Begräbniß "unterm Tropfenfall oder an anderem unhonnetten Orthe" bestraft werden sollten. so wurde im Jahre 1718 der Postschreiber Puhlmann in Boizenburg, welcher geständlich einen Geldbeutel mit 500 Rthlr. unterdrückt hatte, zum Tode verurtheilt; auf das Flehen seiner Mutter milderte Herzog Carl Leopold diese Strafe auf 4 Jahre Karrenschieben in Schwerin.

Daß den Postmeistern an den Postsendungen bis zu einem gewissen Grade ein Retentionsrecht zustand, ergiebt sich aus mehreren Beschlagnahmeverfügungen der Regierung, allerdings auch aus der Zeit des Herzogs Carl Leopold.

Die Verwaltung des Postwesens ruhte seit dem Austritt des Geh. Kammerraths Mumme ununterbrochen bei der Kammer. In der Regel hatte ein Mitglied derselben als Ober-Postdirektor die Postangelegenheiten zu bearbeiten. In der Wahl der Persönlichkeiten zu diesem Amte waren mehrfach bedenkliche Mißgriffe vorgekommen; nur mit Brunsich, Edlem von Brun, war die Postverwaltung gut berathen. Nach ihm entfaltete die Hauptpostkommission eine fruchtbringende Thätigkeit.

Unter der Kammer standen 1701 erst 39 Postkontore, und diese Zahl hatte bis 1785 eine beträchtliche Steigerung (auf 52 Anstalten) erfahren. Die Kontore in Schwerin, Güstrow und Rostock wurden 1708 zu Hauptkontoren erhoben und erhielten zunächst für Zwecke der Rechnungslegung je einen Bezirk zugewiesen, in dem sie später auch in sonstigen dienstlichen Fragen eine gewisse bevorzugte Stellung einnahmen. Sie waren den Postkontoren ihres Bezirks aber nicht vorgesetzt. Eine wichtige Stellung nahmen auch die Kontore in Boizenburg und Hamburg ein, jenes als Grenzpostanstalt für den Wechselverkehr mit den preußischen Posten, dieses als Vermittlungsanstalt für den Verkehr mit den zahlreichen fremden Postanstalten in Hamburg. Ueberschüsse konnte das Kontor zu Hamburg nur in seltenen Fällen abliefern, weil es aus seinen Erträgen die Abrechnungen mit den fremden Posten zu bewirken hatte. Dennoch war es für das meklenburgische Postnetz unentbehrlich, weil es in Hamburg die aus dem Reiche nach Meklenburg und die von hier ins Reich gerichtete Korrespondenz abnahm, welche auf den langen meklenburgischen Postkursen nach Hamburg hohe Portobeträge zu zahlen hatte. Ohne ein eigenes Postamt in Hamburg hätten die einträglichen Postkurse nach Hamburg überhaupt nicht bestehen können, und das meklenburgische Postwesen wäre außer Stande gewesen, eine so zähe Lebensfähigkeit zu entfalten, die alle Krisen überstand. Der Postmeister in Hamburg war gleichzeitig Hofagent der Herzöge und genoß als solcher eine angesehene und einflußreiche Stellung.

Den Postmeistern in Schwerin, Güstrow und Rostock wurde durch Verordnung vom 4. Juli 1753 die Amtsbezeichnung "Postdirektor" verliehen. Nach längerer Dienstzeit erhielten die Postdirektoren in der Regel den Titel "Hofrath". Für alle übrigen Postmeister blieb dieser Titel als Amtsbezeichnung Gebrauch, nur in Neukalen und Dargun (1757) versahen Postexpediteure den Dienst.

Die Stellen in der Postverwaltung waren wegen der mit dem Amte verbundenen fixen Einnahme sehr begehrt und schwer zu erlangen, da die Aemter vielfach in einer Familie forterbten. Nicht selten kam auch der Fall vor, daß noch bei Lebzeiten des Stelleninhabers schon Anwartschaften auf das vielleicht erst nach Jahren zur Erledigung kommende Arnt vergeben wurden. In Neubukow erbte das Postmeisteramt fast während des ganzen Jahrhunderts in einer Familie fort und lag zeitweilig sogar in der Hand einer Frau "unter Assistenz eines getreuen Kerl". Als in Grabow 1759 der alte verdiente Postmeister Marggraf starb, erhielt seine nachgelassene Tochter das Konservatorium des Amts. Einem Bewerber um die Stelle, dem Amtsregistrator Weber, wurde dieselbe zugesagt unter der Bedingung, daß er die Tochter des Marggraf heirathe.

Die Anwartschaften wurden schriftlich ertheilt und betrafen nur die Stellen in kleineren Städten. Auf die Aemter in Schwerin, Güstrow und Rostock gab die Regierung keine Expektanzen, weil "in den Postkontors daselbst geschickte Postsekretärs und Kontroleurs sind, die eventualiter eintreten und avanciren zu lassen Sr. fürstl. Durchl. Gerechtigkeit und Gnade gemäß sein möchte. Nähme man durch Einschub unbekannter, unerfahrener Leute diesen Personen den Muth, so sei zu befürchten, daß das Postwesen in den äußersten Verfall kommen dürfte." (Bericht der Kammer vom 18. Januar 1768.)

Ein Stellenkauf fand nicht statt. Wenn Roland gleichwohl beim Eintritt in das Amt im Jahre 1745 "aus Dankbarkeit" 1000 Rthlr. in die herzogliche Chatulle zahlte, so wird die Sache einen anderen Grund gehabt haben. Während der Exekutionszeit scheint aber der Stellenhandel Platz gegriffen zu haben, wodurch manche ungeeignete Personen ins Amt kamen. In Schwerin erhielt deshalb der Rentmeister Jahncke das Postmeisteramt, der "als in der Mitte (des meklenburgischen Postnetz) noch die Schwäche von beiden Extremis (Postämter zu Hamburg und Rostock) balanciren könne."

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Geschichte des Landes-Postwesens