Abschnitt 13

Postwesen 1701-1785-Allgemeiner Zustand der Postanstalt


Sämmtliche Postsendungen, auch die gewöhnlichen Briefe, wurden einzeln in die Charte eingetragen. Werthsendungen wurden in der Charte durch ein NB kenntlich gemacht. Gewöhnliche Briefe mußten spätestens eine Stunde, Packete und Gelder aber zwei Stunden vor Abgang der Post, sonst im Allgemeinen alle Sendungen im Winter vor 8 Uhr, im Sommer vor 9 Uhr Abends eingeliefert werden. In den Posthäusern aushängende Uebersichten gaben dem Publikum von dem Postenverkehr des Ortes Kenntniß. Eigentliche Beschränkungen bezüglich der zu versendenden Gegenstände kannte die meklenburgische Postpraxis nicht. Nur die Beförderung von Schießpulver auf den Posten war untersagt, weil gelegentlich ein Faß mit Schießpulver auf einem Postwagen explodirt war, wodurch andere Sendungen Beschädigungen erlitten hatten. Dagegen machten die von Zeit zu Zeit grassirenden verheerenden Seuchen besondere Anordnungen nöthig, da die Seuchen angeblich auch durch die Posten verschleppt sein sollten. 8)


Die Versendung der Briefe erfolgte in Beuteln; Werthsendungen und kleinere Packete wurden in die Postlade verpackt. Alle übrigen Sendungen lagen lose verpackt auf dem offenen Postwagen.

Die Leitung der Sendung erfolgte auf dem Wege, auf welchem die längste Strecke auf meklenburgischen Postrouten zurückzulegen war, gleichgültig, ob dadurch eine Verzögerung der Sendung eintrat; die Hauptsache war, daß möglichst hohe Portobeträge zu erheben waren. So ging fast die gesammte Auslandskorrespondenz über Hamburg, selbst nach Hannover, zeitweilig auch nach Sachsen. Sonst war bei Versendungen nach dem Osten Deutschlands der Weg über Berlin der gebräuchlichste.

Am Bestimmungsorte erfolgte die Ausgabe eine Stunde nach Ankunft der Post. Jedermann konnte aus der öffentlich hinter einem Drahtgitter ausgehängten Charte selbstfeststellen, ob Briefschaften für ihn eingegangen waren. Thatsächlich gelangten die meisten Briefe zur Abholung. Waren Briefe von unrechtmäßigen Personen abgeholt, so war der Beamte doch von Strafe frei, wenn er eidlich versichern konnte, "alle mögliche Vorsicht gebraucht zu haben." Der "boshaftige Abforderer" wurde mit Geldstrafe, oder nach Bewandtniß der Umstände mit anderer willkürlicher schwerer Strafe belegt

Die nicht abgeholten Sendungen wurden gewisse Zeit nach Eingang der Post von einem Briefträger, Postjungen oder Litzenbruder bestellt, welcher für die Bestellung der Sendungen eine Gebühr einzufordern berechtigt war, die einen Theil seines Einkommens bildete. Eine Bestellung der nach dem Landgebiet oder nach Orten ohne Postanstalt gerichteten Korrespondenz war im Allgemeinen nicht eingerichtet. Die regelmäßigen Posten gaben zwar an allen Unterwegsorten des Kurses Sendungen ab und nahmen solche an, hierdurch stand aber nur ein geringer Theil der Landorte mit dem Postnetz in Verbindung. Wie man sich zu helfen wußte, zeigt der Schlußsatz eines amtlichen Postenverzeichnisses vom Jahre 1708: "Bei den fürstlichen Aemtern werden gewisse Boten gehalten, welche die Briefe von den Oertern und Aemtern, wo die Posten durchgehen, weiter an die nahegelegenen Höfe und Städte, so etwa von der Post nicht berührt werden, bringen, oder da die Post durch solche Oerter nicht durchgehet, von der nächstgelegenen Stadt die Postbriefe abholen und so weiter ans Ambt und darin belegene Höfe bringen sollen, welcher Kommodität ein jeder Korrespondirender sich nach Belieben wird bedienen können."




8) Von Interesse ist in dieser Beziehung eine Verordnung vom 18. August 1710, welche genau das Verhalten der Postoffizianten beim Ausbruch einer Seuche festsetzt:
Von dem Ausbruch einer Seuche haben die Postoffizianten sofort Anzeige zu erstatten; wenn es eine pestilentialische oder sonst böse ansteckende Seuche ist, sollen sie weder Passagiere noch Packete von solchen Orten auf die fahrende Post annehmen und, da das Uebel völlig ausgebrochen wäre, die fahrenden Posten auch unerwartet Unser ordre einstellen. Soll der Postmeister allen Korrespondenten angeben, daß sie alles Papier, so sie zur Korrespondenz gebrauchen, nacher in Pest- und anderen scharfen Essig legen und sodann allemeist darauf schreiben, ferner lauter einzelne dünne Briefe und wo möglich sonder Couvert machen. Sobald diese Briefe abgegeben werden, soll der Postmeister dieselben einmal durchden Essig ziehen und mit Räucherpulver beräuchern, so jedwedem Postmeister vor der Hand zugeschickt wird. Wann die Briefe auf einem Post oder des Winters auf einem Ofen wieder trocken gemachet, sollen sie encartiert, auf den Brief selbst auch der Ort, woher sie kommen, deutlich notirt werden, damit der Empfänger bei Eröffnung desselben seine praecautiones nehmen könne. Wo die Wechselung der Poststationen geschieht u. s. w., hat sich der Postmeister, wann der Ort, welches der Allerhöchste in Gnaden verhüte, inficirt, mit dem nächsten Postmeister zu vergleichen und darzu einen Ort außzufenden, der nicht weit von einer noch gefunden Stadt oder Dorff gelegen. An solchen Platz soll eine Bude oder Hütte von Brettern aufgeschlagen und von dem ankommenden Postillon, wenn er sich selbiger nähert, ins Horn gestoßen werden, damit der ablösende Postillon, welcher mit seinem Pferde gegen die Zeit der Ankunft, am Thore oder vorm Dorffe halten muß, solches hören und sich ebenmäßig der Hütten auf eine gewisse Distantz nähern könne.
Weil auch alle auf dergleichen Stationen liegende Postillons mit einem Feuerzeuge, Licht, einer kleinen Feuersenge oder Feuerbecken und dem vorgeschriebenen Räucherpulver zu versehen sind: als hat der ankommende Postillon bei dem Eintritt in die Bude Licht anzuschlagen, das Felleisen zu eröffnen, die Packete auf ein Brett zu legen, solche sodann Stück vor Stück wohl zu beräuchern und wann solches geschehen und er selbige nebst obverordneter Specification auf dem Brett liegen lassen, sich mit dem Felleisen aus der Bude zu retiriren und darin weder Linnen noch sonsten das geringste von seinen Sachen liegen zu lassen." - Dann erst hat der ablösende Postillon die Sachen zu übernehmen.
Aehnliche Verordnungen ergingen auch später des öftern. In welchem Zustande Briefe u. s. w., welche der Desinfection unterlegen hatten, in die Hände der Empfänger gelangten, melden die Akten leider nicht.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Geschichte des Landes-Postwesens