Abschnitt 4

Einrichtung von Postanlagen-Fremde-Schweden


Die Stadt Rostock konnte wegen der Nähe der schwedischen Truppen nichts für Völschow thun. Allmonatlich lief deshalb von ihm ein KIagebrief nach dem Andern in Schwerin ein mit Berichten über immer neue Uebergriffe der schwedischen Postbedienten. Aber auch die Regierung war ebenso wie Rostock um Maßregeln zur Abhülfe üerlegen. Eine halbwegs befriedigende Lösung gelang erst dem Geh. Kammerrath Mumme, dem Pächter der herzoglichen Posten. Er wußte mit den schwedischen Behörden einen Vergleich zu Stande zu bringen, demzufolge der schwedische Postillon das Relais von Behrendshagen nach Rostock zwar fahren durfte, aber mit der Maßgabe, daß er seinen Fuhrvertrag und seine Bezahlung von dem herzoglichen Postmeister zu Rostock nehmen und meklenburgische Livree tragen mußte; überdies sollten die Portoerträge der Strecke Rostock - Behrendshagen dem Rostocker Postkontor zufließen.


Ob für den Durchgang der schwedischen Post an Meklenburg je eine Rekognition gezahlt worden ist, wie Herzog Christian Louis im Sinne hatte, läßt sich nicht mehr feststellen. Es ist sogar, da in den Rentereirechnungen beider Regierungen sich keine derartige Einnahme findet, in höchstem Grade unwahrscheinlich. Varenius giebt zwar gelegentlich an, daß früher sowohl an den Hof in Güstrow wie in Schwerin eine bestimmte Abgabe gezahlt sei, er verwechselt aber anscheinend hiermit die vor Jahren von der alten Hamburger Botenanlage gezahlten Rekognitionen.

Weiter unten wird sich Gelegenheit bieten, die fernere Entwicklung der Beziehungen Meklenburgs zur schwedischen Durchgangspost darzulegen. Dagegen muß hier noch einer anderen schwedischen Post Erwähnung geschehen und zwar der sog. Küchenpost des schwedischen Generalgouverneurs in Deutschland, Grafen Bjelke, von Stettin nach Hamburg, die allerdings nur kurze Zeit bestanden hat, aber auf ihrem Kurse ganz Meklenburg von Osten nach Westen berührte. Sie sollte zur directen Verbindung zwischen Stettin und Hamburg dienen.

Graf Bjelke, welcher Ende der 90er Jahre in der Güstrower Successionsfrage eine für Meklenburg verhängnißvolle Rolle spielte, legte im Jahre 1689 den Regierungen in Schwerin und Güstrow den Plan vor, daß er "zu Sr. Majestät von Schweden und seiner eigenen Commodität und Hauses Behueff eine geschwinde Post von Stettin auf Hamburg anzulegen" beabsichtige. Er erbat gleichzeitig für seine Post- und Küchenkalesche freien Transit durch das meklenburgische Gebiet. Die Post sollte in jeder Richtung einmal wöchentlich kursiren und ihren Weg über Neubrandenburg, Waren, die Station "zum grünen Jäger" bei Krakow, Settin (im Amte Crivitz), Wittenburg und Schwarzenbeck gehen. An jedem dieser Orte hatte er bereits 3 - 4 Pferde mit den nöthigen Knechten als Relais untergebracht, auch wegen der Verpflegung der Knechte und Pferde Abmachungen getroffen.

Die Schweriner Räthe wandten sich, da der Herzog außer Landes weilte und seine Befehle daher nicht in Kürze einzuholen waren, an den Bürgermeister von Rostock, Liebeherr, der gleichfalls bei der Güstrower Succession eine Rolle spielte und dem man in dieser Angelegenheit ein ersprießliches Urtheil zumuthete, um Rath, ob dem Antrage Bjelke's zu willfahren sei. Liebeherr erwiderte: "Hochgedachte Ihre Excell. haben zwar bei dero Anwesenheit zu Güstrow von dieser anzulegenden neuen Post einige Erwehnung gethan, auch damals von J. F. Durchl. eilfertige Erklärung dazu erhalten. Wie aber nachgehends der Güstrowsche Postverwalter Plate nähere remonstration gethan, das durch dergleichen Veranlassung das gantze Postwesen verrücket werden würde, da haben J. F. D. sich eines anderen bedacht und den Kammerrath Mummen nach Stralsund geschickt, welcher anzeigen müssen, daß aus vielen bewegenden Gründen die Verenderung der Posten nicht thunlich fallen würde." Daraufhin sei schwedischerseits der Plan aufgegeben und nur gebeten worden, ob man nur hin und wieder eine Küchenkalesche nach Hamburg schicken dürfe.

Die Güstrower Regierung genehmigte schließlich den Durchgang der Post; die Räthe in Schwerin verhielten sich dagegen ablehnend. Graf Bjelke setzte indessen seine Bemühungen, die Schweriner Regierung umzustimmen, fort und gab die bündige Erklarung ab, die Post solle nur zur Verbindung mit dem schwedischen Herzogthum Bremen 2) dienen, um die Korrespondenz dahin sicher zu stellen; auch sollten mit der Post zu Niemands Schaden nur die außer den Posttagen kommenden Sachen, Briefe und Personen befördert werden, insbesondere "auch ein und andere refraîchissements an Früchten, Gartengewächsen und anderen Dingen"; schließlich wurde den Schweriner Räthen noch versichert, "daß die intention von jedem besorgten praejudicio weit entfernt sei, und die hochfürstliche superioritas territorialis durch diese Anordnung in keinem Wege gekränkt oder beleidiget, noch der geringste Abnutz dem fürstlichen Einkommen oder dero Vnterthanen entzogen, vielmehr dero Nahrung und Vortheil merklich befördert werden soll."

Was man von derartigen Versprechungen Schwedens zu halten hatte, war gerade um diese Zeit bei der schwedischen Post Stralsund - Hamburg zum sichtlichen "Abnutz des fürstlichen Einkommens" und zur "merklichen Schmälerung von Nahrung und Vortheil der Unterthanen" klar zu Tage getreten. Die Schweriner Räthe beharrten deswegen auf ihrer ablehnenden Haltung. Sie gaben diese auch erst auf, als Bjelke auf die in den Herzogthümern Holstein und Bremen stehenden schwedischen Truppen hingewiesen und bei weiterer Ablehnung seiner Forderung Repressalien im Herzogthum Schwerin in Aussicht gestellt hatte.

Der Gewalt mußten die Schweriner Räthe im Interesse des Landes weichen, Sie ertheilten also nunmehr die Erlaubniß zur Durchführung der Post, aber nur "unter der Hand und ohne expressen Befehl Sr. Fürstl. Durchlaucht."

Inzwischen hatte sich Graf Bjelke, dem die Verhandlungen mit der Schweriner Regierung zu umständlich und zeitraubend waren, direct an Herzog Christian Louis mit der Bitte gewandt, ihm den Durchgang seiner Post durch das Herzogthum Schwerin zu gestatten; Graf Bjelke ließ dabei einfließen, wie er bei dem Durchmarsche der schwedischen Truppen durch Meklenburg immer auf das zwischen Schweden und Meklenburg bestehende freundschaftliche Verhältniß Rücksicht genommen und seine Truppen stets von gewaltthätigen Uebergriffen abgehalten habe, daß nunmehr aber das gute Veichältniß zwischen beiden Ländern getrübt scheine, da die fürstlichen Räthe in Schwerin ihm den Durchgang seiner Küchenkalesche durch das Schweriner Gebiet verwehrt hätten.

Herzog Christian Louis, welcher die Vereinigung der meklenburgischen Herzogthümer in seiner Hand zu erreichen und für seine Pläne sich des schwedischen Beistandes bei der bevorstehenden Succession in Güstrow zu sichern trachtete, suchte naturgemäß alles zu vermeiden, was das gute Verhältniß zwischen ihm und der Krone Schweden sowie dem mächtigen Generalgouverneur von Pommern, Grafen Bjelke, stören konnte. In zuvorkommender Weise ersuchte er mittels eigenhändigen Schreibens ( de la Haye , 21. April 1690) den Grafen, die ablehnende Haltung seiner Räthe zu entschuldigen. " Je feray en suite tout ce qui se peut vous complaire, peutêtre que mes gens ont appréhendé avec raison de laisser introduire une nouveauté qui pourroit avec le temps donner lieu à des conséquences qui ne sont pas toujours aisé à remédier ."

Gerade jetzt hatten auch die Schweriner Räthe zur Durchführung der Post von sich aus ihre Zustimmung ertheilt Graf Bjelke setzte seine Küchenpost deshalb in Gang. Sie bestand aber nur kurze Zeit; wann sie wieder aufgehoben wurde, hat sich nicht mehr feststelIen lassen.

Trotz der wiederholten gegentheiligen Versicherungen von schwedischer Seite hat sowohl die Küchenpost Stettin - Hamburg wie die Post Stralsund - Hamburg die herzoglichen Landesposten in außerordentlichem Maße geschädigt. Besonders die Stralsunder Post beschränkte sich nicht auf die bloße Durchführung der Korrespondenz von Pommern nach Hamburg und umgekehrt, sondern sammelte und bestellte auf dem ganzen Kurse durch Meklenburg Briefe, Packete und Gelder, nahm auch Reisende auf und konnte wegen der Nähe der Schwedischen Truppen ungestört ganz wie im eigenen Lande verfahren. Ja, diese Nähe der schwedischen Truppen mußte obendrein noch im Publikum unwillkürlich die Ueberzeugung wecken, daß die schwedische Post bessere Garantie und höhere Sicherheit biete als die Landespost, zumal deren Organisation gegenüber der schwedischen Post offenbar zurückstand. Im Lande, z. B. zu Rostock, und in besonders hervortretender Weise auch in dem Städtchen Gadebusch, floß der schwedischen Post fast der ganze Verkehr nach Hamburg zu, so daß nicht selten die herzoglichen Posten leer fahren mußten.

Es begreift sich daher, wenn bei der meklenburgischen Regierung von Jahr zu Jahr die Erbitterung gegen die schwedische Post stieg und man nur auf die Gelegenheit wartete, sie beseitigen zu können.




2) Im Herzogthum Bremen stand damals der Feldmarschall Horn mit schwedischen Truppen.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Geschichte des Landes-Postwesens