Abschnitt 3

Einrichtung von Postanlagen-Fremde-Schweden


Die Schweriner Regierung ließ sich indeß durch diese Drohungen nicht einschüchtern. Anscheinend hatte sie aus dem energischen Verhalten des Güstrower Hofes eine Lehre gezogen und suchte jetzt, das Versäumte nachzuholen. Sie erhob sofort gegen das Schreiben der Regierung in Wismar Widerspruch und begründete ihre Forderung damit, daß im Römischen Reiche jeder Landesherr für sein Territorium das Postregal ausübe und sie folgerichtig fordern müsse, daß auch seitens fremder Posten ihre Verfügungen respectirt würden. Sie verlangte, daß die schwedische Post auf der alten bekannten Poststraße über Kröpelin und Neubukow fahre, widrigenfalls Gewaltmaßregeln ergriffen werden müßten. Damit noch nicht zufrieden, stellte die Regierung in Schwerin die ausdrückliche Forderung, daß die schwedische Post mit nicht mehr als 2 Pferden bespannt sein, höchstens 2 - 3 Personen befördern, nur die ordinairen Landwege fahren, vor den Zoll- und Posthäusern anhalten und keine zollbaren Güter laden dürfe. (Schreiben d. d. Schwerin 23. April 1686.) Um ihrer Verfügung auch den erforderlichen Nachdruck zu geben, ließ sie die Verordnung von den Kanzeln ablesen und an den Post- und Zollhäusern öffentlich anschlagen, auch die Beamten und Städte in geeigneter Weise instruiren. Ueberdies wurden zur Wahrung der herrschaftlichen Interessen zwei Reiter in Altkarin stationirt.


Für kurze Zeit hatten diese Maßregeln Erfolg. Aber da die Regierung zu Schwerin schon einige Monate später bei der Ueberwachung der schwedischen Post erlahmte, so nahm diese nach wie vor den Weg über Karin. In Schwerin war damit zum zweiten Mal die Gelegenheit verpaßt, um der schwedischen Post auf meklenburgischem Gebiet erfolgreich entgegentreten zu können. Die Folgen zeigten sich bald.

Durch königliche Verordnung vom 10. Januar 1699 war das gesammte schwedische Postwesen in Sr. Majestat deutschen Provinzen dem königlichen Kantzlei-Collegium und der königlichen Ober-Postdirektion in Stockholm unterstellt worden. Das Collegium verfügte alsbald, daß die Post von Stralsund nach Hamburg auf dem ganzen Kurse, also auch auf meklenburgischem Gebiet, als königlich schwedische Post eingerichtet und von königlichen Postillonen in schwedischer Montirung gefahren werden sollte. Den meklenburgischen Höfen wurde von diesen Anordnungen keine Mittheilung gemacht, dagegen wurde das von dem fürstlichen Postmeister Völschow in Rostock an dem Umspannorte Behrendshagen aufgestellte Gespann kurzer Hand an Völschow ledig zurückgeschickt. In Rostock traf dafür ein schwedischer Postillon mit einem neuen königlichen Postwagen ein.

Bald darauf fand sich auch bei Völschow ein schwedischer Postsecretair Fischer von Stralsund mit einem amtlichen Schreiben des Inhals ein, daß vom Jahre 1700 ab die schwedische Post in Rostock von schwedischen Beamten u. s. w. expediret und dirigiret werden solle, auch die Post ihren Weg direct von Stralsund auf Rostock nehmen werde, wo sie von der königlichen Post von Wismar aufgenommen werden solle.

Dieser Gewaltmaßregel konnten die meklenburgischen Höfe nur wenig energisch entgegentreten. Doch ließ sich Völschow wenigstens nicht abhalten, zu handeln, wie es ihm Eid und Pflicht befahl. Er nahm zwar die schwedische Post ab, schickte aber den schwedischen Postwagen ledig nach Stralsund zurück und beforderte die Post mit seinem eigenen Postwagen nach Wismar weiter. Zu längerem energischen Widerstand fühlte sich Völschow, wie er den Regierungen in Schwerin und Güstrow mit einem Bericht über das Vorgefallene anzeigte, aber zu schwach, so daß er wohl nicht lange mehr den Uebergriffen der schwedischen Regierung glaubte wehren zu können.

Von Schwerin wurde nunmehr der Kammersecretair Varenius an die Regierung in Wismar abgeordnet, um im Wege der Unterhandlung den Streitfall möglichst in einer für Meklenburg günstigen Weise zu ordnen. In Wismar ließ man sich nur auf Allgeweinheiten ein und behauptete, das königliche Kanzlei-Collegium beabsichtige nur, den Kurs Hamburg - Stralsund - Ystadt als ein einheitlich Ganzes einzurichten, und zwar lediglich zur Beförderung der schwedischen Korrespondenz zwischen Hamburg und Schweden.

Die Erlaubniß sei von den meklenburgischen Höfen ertheilt worden, und die Post sei immer als schwedische Post gegangen, auch hatten schwedische Bediente - zu ihnen rechnete man schwedischerseits auch Völschow in Rostock - immer die Abfertigung der Post besorgt. Allerdings gab die Regierung in Wismar zu, daß in der Zwischenzeit in der Organisation der Post auf Völschows Betreiben eine Aenderung eingetreten sei insofern, als die Post auf meklenburgischem Gebiet von herzoglichen Postillonen gefahren worden sei, das ändere aber an dem rechtlichen Stande der Sache nichts, denn Völschow habe als königlich schwedischer Postmeister die Post von Rostock bis Damgarten gefahren, sei also gleichsam der Postfahrer des eigentlichen Unternehmers der Post, des Postmeisters Vatky in Stralsund, gewesen, und wenn er im Jahre 1686 die Postillone der Post auch in rothe Livrée (ursprüngliche Uniform der meklenburgischen Postillone) gesteckt habe, so sei dieser Umstand doch unwesentlich. Wenn die schwedische Regierung auch hiergegen nicht eingeschritten sei, so habe Vatky gegen Völschow's Verfahren doch rechtzeitig Protest erhoben. Schließlich gab die Regierung in Wismar deutlich zu verstehen, daß man etwaigen Eingriffen seitens der meklenburgischen Regierungen und der Stadt Rostock in schwedische Rechte nach Erfordern mit Waffengewalt entgegentreten würde.

In Schwerin residirte damals der Herzog Friedrich Wilhelm, in Güstrow leitete seit 1695 die kaiserliche Provisionalregierung die Geschäfte bis zur Erledigung der Thronfolgefrage. Herzog Friedrich Wilhelm hatte gegründete Aussicht auf die Nachfolge in Güstrow. Da ihm somit in absehbarer Zeit der Besitz des ganzen Gebiets, welches von der schwedischen Fahrpost in Meklenburg passirt wurde, zufallen mußte, so lag ihm natürlich sehr daran, daß die mit Schweden schwebenden Poststreitigkeiten günstig für ihn verliefen. Er ließ es deshalb nicht bei den durch Varenius geführten fruchtlosen Unterhandlungen bewenden, sondern focht den Streit weiter aus.

Von der Krone Schweden wurde als Grundlage für ihre Berechtigung zur Anlegung der Fahrpost immer das Schreiben des Herzogs Christian (Louis) (d. d. Paris 1685), in welchem dieser die Einführung der Post zugelassen hatte, allen Einwendungen der meklenburgischen Regierungen entgegengehalten. In Schwerin wollte oder konnte man das Vorhandensein des Schreibens nicht geradezu leugnen, aber man zweifelte die Echtheit desselben an (allerdings wohl mit Unrecht, da das über den Schriftwechsel des Herzogs Christian Louis geführte, noch erhaltene Copierbuch den Vermerk enthält, daß das dem Wortlaut nach angegebene Schreiben am 19. Januar 1685 von Paris nach Schweden abgegangen sei), auch trat man mit der Behauptung hervor, daß die von Herzog Christian Louis der Krone Schweden eingeräumte Freiheit nur für ihn und nicht auch für seine Nachfolger rechtsverbindlich sei, es vielmehr jetzt mindestens einer Erneuerung des Antrages um weitere Zulassung der Post bedürfe. Aber alle Einwendungen seitens der Regierung in Schwerin verschlugen nichts, sie hatten nur den Erfolg, daß das schwcdische Kanzlei-Collegium um so zäher an seinem Recht festhielt.

Nachdem inzwischen auch der große nordische Krieg ausgebrochen war, und schwedische Truppen sich im Lande aufhielten, war für Friedrich Wilhelm der Augenblick, seine Rechte der Krone Schweden gegenüber nach Umständen mit Gewalt zur Anerkennung zu bringen, schlecht gewählt. Er sah daher vor der Hand von allen Schritten zur Beseitigung der schwedischen Post ab und wartete für sein Vorhaben eine bessere Zeit ab.

Das schwedische Kanzlei-Collegium benutzte aber die günstigen politischen Verhältnisse, um für die Post weiter Raum zu gewinnen. Vatky wurde beauftragt mit Völschow wegen seiner Bestellung zum königlichen Postmeister und wegen Uebernahme der Fahrpost zu unterhandeln. Völschow wurde daraufhin von Vatky aufgefordert, einen Revers zu unterzeichnen, durch den er sich zur Besorgung der schwedischen Post bereit erklärte. Das Begleitschreiben enthielt die Warnung, bei seiner Weigerung werde eine andere geeignete Person zum Postmeister bestellt werden. Völschow erbat darauf von der Regierung in Schwerin Verhaltungsmaßregeln. Dieser war die Sache aber wegen der Nähe der schwedischen Truppen sehr unwillkommen. Sie sprach sich Völschow gegenüber auch nur sehr gewunden aus, beauftragte aber Bürgermeister und Rath in Rostock, das Vorhaben des Postkommissars Vatky in Stralsund auf alle "glimpfliche" Weise zu hindern und "da er dennoch mit Bestellung eines neuen Postmeisters in Unserer erbunterthänigsten Stadt verfahren sollte, den Bürgern ein solches und die Annahme und Beherbergung solcher Posten bei harter Ahndung zu untersagen. (7. März 1700)"

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Geschichte des Landes-Postwesens