Abschnitt 2

Einrichtung von Postanlagen-Fremde-Hamburg


Bei der Deutlichkeit dieser Worte gaben Bürgermeister und Rath es auf, weitere Versuche zur Zurückgewinnung des verlorenen Terrains zu machen; die Hamburger Boten suchten aber aus der Niederlage zu retten, was zu retten war, und forderten von Bahlemann und Schwengel sofortige Abwicklung der Rechnungen aus der Zeit vor dem Jahre 1667. Bahlemann wußte die Sache aber durch allerlei Ausflüchte bis 1671 hinzuziehen; schließlich behauptete er sogar, daß er als herzoglicher Diener nichts mehr zu leisten habe, "zu geschweigen, daß bei täglicher Abnahme der commercien nach Abzug derer J.J. F.F. G.G. desfalls abstattenden recognitions gelder vom übrigen man kaum die Knechte und Wagen unterhalten kann." Erst auf Dazwischentreten des Herzogs Christian Louis und nachdem aus Hamburg ein besonderer Abgesandter der Kaufmannschaft der Sache in Rostock unter Zuhülfenahme eines Notars mehr Nachdruck gegeben hatte, sah Bahlemann sich veranlaßt, seinen Verbindlichkeiten gegenüber dem Hamburger Botenamt nachzukommen.


Einige Jahre später, als man in Hamburg eine günstigere Zeit gekommen wähnte, wurden die Bemühungen um den Transit durch Meklenburg von Neuem aufgenommen. Damals aber richtete sich die Aufmerksamkeit von Bürgermeister und Rath nach einer anderen Seite. Im Jahre 1680 fragte er Namens der Leipziger Botenschaft bei der Schweriner Regierung an, ob die zwischen Hamburg und Leipzig laufenden Boten das meklenburgische Gebiet passiren dürften "auf und von Magdeburg, so lange es allda gesund und ohne contagion 1) bleibet"; die Boten sollten sich auch aller Personen- und Sachbeförderung enthalten, "auch bei Annehmung der Leipziger Briefen zu Magdeburg mit Räucherung undt sonsten alle Behörige äußerste Sorgfalt zu gebrauchen . . ., wenn den Boten nur "die freie passage und repassage " gewährt würde, und bitte Bürgermeister und Rath den Boten "den innoxium und oberwähnter Maßen praecautionirten transitum unaufgehalten inskünftig zu gönnen." Der Antrag wurde seitens der meklenburgischen Regierungen indeß kurzer Hand abgelehnt.

Befremdlicher Weise hatte die Schweriner Regierung aber schon wenige Jahre darauf ihren Standpunkt gegenüber den Hamburger Botenposten wesentlich geändert; Herzog Christian Louis war außer Landes, und seinen Räthen mochte die Sache nicht von Wichtigkeit erscheinen - kurz, im Jahre 1682 war der Danziger Bote von Hamburg aus auf meklenburgischem Boden wieder in Thätigkeit. Der Kurs ging über Ratzeburg, Stove auf Wismar, die Post verkehrte als Reitpost zwei Mal wöchentlich und hatte auf dem Gute Röggelin bei Stove eine Umspannstation. Die Genehmigung zur Anlegung der Post war seitens der Hamburger Kaufmannschaft bei dem Schweriner Hofe nicht eingeholt worden; auf Erkundigung der Regierung berichtete der Gutsverwalter zu Röggelin, die Kaufmannschaft habe mit ihm vereinbart, er möge auf ein paar Monate ein Pferd in Fütterung nehmen. Die neue Einrichtung, so habe man sich Hamburgerseits geäußert, würde übrigens nicht lange dauern, da die reitende Post bald in eine fahrende umgewandelt werden und die letztere dann über Gadebusch kursiren sollte. Nun legte sich die Regierung allerdings ins Mittel und verbot den Durchgang der Post durch die Aemter Rehna und Grevesmühlen. Die Hamburger Boten gaben den Versuch aber trotzdem noch nicht auf; die Eigenthümer der Post (der oben schon genannte Hans von Hargen, Schorer und Lührmann in Hamburg) richteten eine Bittschrift nach Schwerin des Inhalts, daß ihnen Bürgermeister und Rath die "Postgerechtigkeit" verliehen habe, weswegen sie für ihren Postkurs um freie Passage durch Meklenburg bäten. Wider Erwarten verfügte die Regierung in Schwerin an die Bittsteller am Juli 1683, . . . "welchergestalt Ihr von Bürgermeister und Rath zu Hamburg mit der Postversehung über Wismar belehnet und Ihr Uns umb eine freie passagie für dieselbe durch Unsere Lande und Gebiet in Unterthänigkeit ersuchet. Wir geben Euch darauf zur gnädigsten Antwort, dieweilen das Postwesen an ihm selbsten nützlich, daß Wir Eure unterthänigste Anmeldung wegen berührender Unser Landen zu einen schuldigem respect auf- und annehmen und in Ansehung Eurer bezeigten devotion und was dem gemeinen Besten hierunter zu gute kömbt, Eurem unterthänigsten Suchen mit Verstatung der Durchreise gnädigst Raum und Statt geben, dahingegen Ihr jedoch, wegen solcher erlangter Gnade Unsere fürstlichen Briefe oder sonst an unsere Regierung und Bediente destiniret mit- und zurücknehmen, ohne daß Ihr davon einiges Brief- porto fodern werdet."

Damit war der alte Betrieb der Hamburger Boten auf einem Theil bes meklenburgischen Gebiets unter uneingeschränkter staatlicher Konzession wieder zugelassen. Der Kurs Hamburg - Wismar kam bald wieder in Aufschwung, da er die gesammte Hamburger Korrespondenz nach Pommern u.s.w. zur Beförderung erhielt, wodurch den herzoglichen Posten schwerer Abbruch zugefügt wurde. In vollständiger Verkennung der Verhältnisse hatten die meklenburgischen Posten sogar noch Leistungen zu Gunsten des Hamburger Botenamts auszuführen, denn sie beförderten das Felleisen mit der Hamburg - Pommerschen Korrespondenz zwischen Wismar und Demmin vollkommen frei, und das Botenamt bezog überdies ungetheilt die Portoerträge für die von Hamburg abgehende Korrespondenz.

Daß man in Schwerin einen bedauerlichen Mißgriff mit Ertheilung der Konzession gethan hatte, lag schon nach kurzer Zeit klar zu Tage, aber rückgängig zu machen war dieser Schritt nicht mehr.

Aus dem Jahre 1693 finden sich noch Botenzettel des neuen Hamburg - Danziger Botenkurses vor, die in dem vorgebruckten Theile als Stationen des Kurses Hamburg - Stettin - Danzig die Städte Wismar, Rostock, Demmin und Anklam aufführten, während der Postverkehr zwischen diesen Städten durch meklenburgische Posten vermittelt wurde, ein Beweis, daß das Hamburger Botenwesen den meklenburgischen Theil des Danziger Kurses, trotzdem er in herzogliche Verwaltung übergegangen war, immer noch als ihm gehörig betrachtete und offenbar nur auf die Gelegenheit wartete, die Postfahrt auf dem ganzen Kurse für sich zurückzugewinnen.




1) Es handelte sich um die während dieser Zeit in Mitteldeutschland herrschende verheerende Viehseuche.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Geschichte des Landes-Postwesens