Abschnitt 1

Einrichtung von Postanlagen-Fremde-Hamburg


II. Einrichtung eigener und fremder Postanlagen
in Meklenburg. (Von 1645 bis 1701.)


2. Fremde Posten in Meklenburg und ihr Verhältnis zur Landespost.

b. Hamburger Posten.

Die am Ende des 17. Jahrhunderts in Meklenburg bestehenden Hamburger Postanlagen kann man als die Wiederaufnahme des alten Hamburg - Danziger Botenkurses bezeichnen. Eine aus dem Jahre 1773 herrührende Relation über den rechtlichen Bestand der Post in Meklenburg spricht sich über dieselbe folgendermaßen aus: "Die Lage, welche das Herzogthum Meklenburg zwischen Hamburg, Lübeck, Holstein, Bremen, Westfalen, Holland und England auf der einen und ganz Pommern, Danzig, Preußen, Kurland, Lifland und Rußland auf der anderen Seite hat, scheint diesem Lande schon einen natürlichen Anspruch auf die Unterhaltung der Correspondance zwischen diesen beiden Gegenden zu verschaffen. Natürlich gehen alle Posten von der einen nach der anderen Seite der Länge nach durch das meklenburgische Gebiet, nur mit dem Umstande, daß die fahrende Post zwischen Hamburg und Schwedisch-Pommern bis Rostock für königlich schwedische, zwischen Hamburg, Lübeck und Preußisch-Pommern aber die reitende für Hamburger und Lübecker Rechnung gehen, obgleich diese beiden Städte nur die reitende Post bis Wismar auf ihre Kosten unterhalten, von da ab aber ihr Felleisen bis Schwedisch-Pommern lediglich auf herzoglich meklenburgische Kosten unentgeltlich fortgebracht wird.

Den Grund dieser Anomalie setzt die Stadt Hamburg in unvordenklichen Besitz. Beweis hat sie zwar darüber nicht zu führen für gut befunden, aber der Besitzer hat die Präsumtion eines gerechten Titels für sich, und es ist sehr glaublich, daß in vorigen Zeiten, bevor die ordentliche Fortbringung des Briefwechsels vermittelst der Posten im 17. Jahrhundert ein landesherrliches Regal ward, die Städte Hamburg und Lübeck ihre damals wohl noch häufigere Korrespondenz mit Stralsund, Stettin, Danzig und allen Ostseeschen Hansestädten nicht auf Kosten der hierbey gar nicht interessirenden Landesherrn, sondern lediglich auf ihre eigenen Kosten ganz hin und her durch reitende Boten betrieben haben, gleichwie noch itzt zwischen Lübeck, Hamburg, Bremen und Amsterdam eine diesen Städten gemeinschaftIiche reitende und fahrende Post geht, und so wie noch itzt im Reiche fast jede beträchtliche Reichsstadt, z. B. Nürnberg, ihre sog. Boten oder Landkutschen fast nach allen Gegenden hin mitten durch die Territorien der Fürsten, aller von diesen sowohl als noch mehr von dem Kaiserlichen General-Postmeister gemachten Widersprüche ungeachtet, bis diese Stunde, wiewohl unter manchen Einschränkungen, unterhält."

Der Verfasser der Relation hat mit seiner Vermuthung über den Ursprung der Hamburger Post in Meklenburg Recht. Thatsächlich war der Hamburg - Danziger Botenkurs eine uralte Boteneinrichtung der Hansestädte; aber schon seit der Mitte des 17. Jahrhunderts waren dem Durchgange des Botenkurses seitens der meklenburgischen Höfe - besonders in Rostock - Schwierigkeiten bereitet worden. Im Jahre 1657 sahen sich daher die Aeltesten der Börse zu Hamburg, denen die Botenanlage unterstand, veranlaßt, bei Bürgermeister und Rath dahin vorstellig zu werden, daß den Boten in ihrem Betriebe auf meklenburgischem Gebiet Hindernisse in den Weg gelegt würden; denn, obgleich sie mittels ihrer seit Jahr und Tag ununterbrochen ausgeübten Postfahrten alle Briefe Pakete und Personen richtig befördert hätten, sodaß von allen Kaufleuten und Reisenden die Botenanstalt und gute Ordnung ihres Betriebes sonderlich gerühmt worden wäre, so hätte jetzt doch ein Anderer "auch unter J.J. F.F. D.D. von Meklenburg-Schwerin und Güstrow in Rostock wohnhafftig, besagten Botten darin einige Sperr- und Hinderung zu thun und solche guthe taugliche Fuhr- und Anstalt Ihnen zu nehmen und an sich zu ziehen, auß lauter Abgunst und gewinnsüchtigen Eigennutz sich unterstanden." Die Aeltesten der Börse baten daher den Rath, "zu eigener dieser Stadt und deren Kommerzien Wollfahrt, Beforderung und Auffnahme" nach Güstrow und Schwerin zu Schreiben, daß den Boten, Kauff- und reisenden Leuthen allsolche ordinari bestellte, gute, taugliche Fuhr möge gelassen und anstaat derer wider uhralt Heerkommen und Gebrauch kein ander untaugliche und unanstendige Fuhr und Leute angetrungen werde." Aber alle Klagen waren vergeblich. Auch Bürgermeister und Rath vermochten nichts bei den meklenburgischen Herzögen zu erreichen, denn diese hatten gerade damals begonnen, eigene Posten im Lande anzulegen.

Im Jahre 1667 - als kaum die bisherigen Hamburger Boten in Rostock, Bahlemann und Schwengel, in herzogliche Dienste getreten waren - klagten die Boten: daß ihnen jetzt der Durchgang durch Meklenburg nicht mehr verstattet werde; denn J.J. F.F. D.D. hätten selbst Leute bestellt, denen sie ihre Briefe und Sachen übergeben müßten, "welche dieselbe, soweit J.J. F.F. D.D. Fürstenthumber sich erstrecken, überbringen sollen. Weil wir nun keine Brieffe in Meklenburg samblen, besondern allein dieselbe so wir allhier empfangen undt diejenige Brieffe so zu Zeiten J.J. F.F. D.D. Unß zu überbringen zumuthen, durch unsere substituirte durchführen, welches Kur- und Fürsten des heyl. Röm. Reiches allen auß Hamburg reysenden Pothen verstatten," so baten die Boten den Rath zu Hamburg, nochmals bei den Herzögen um Wiederherstellung der alten Zustände nachzusuchen.

Als das wiederum vergeblich war, übten sie ihrerseits an den fürstlichen Postverwaltern zu Rostock Repressalien mancherlei Art - auch Bürgermeister und Rath zu Rostock scheinen dabei die Hand im Spiele gehabt zu haben -, sodaß Bahlemann und Schwengel bei Herzog Gustav Adolf lebhafte Beschwerde führten, wie ihnen, trotzdem sie als fürstliche Postverwalter "mit gewisser Ordre bestellt wären, von den Postverwaltern zu Hamburg Jörgen Petersen und Hans von Hargen Schwierigkeiten bereitet und der von J.J. F.F. D.D. ausgegebenen Postordre schnurstracks zuwider gehandelt werde." Sie hatten deshalb nach Hamburg berichtet, daß in Meklenburg jetzt Landesposten beständen und daß eine Abrechnung über die Beförderung auf der meklenburgischen Strecke des Danziger Botenkurses nicht mehr erfolgen könne. Letzterer Einwand scheint für Bahlemann und Schwengel seinen besonderen Grund gehabt zu haben, denn sie suchten sich nun auch der Abrechnung aus der Zeit vor 1666 mit Hamburg zu entziehen. Die meklenburgischen Herzöge mischten sich zunächst nicht in die Angelegenheit, um den Hamburgern nichts Schriftliches zukommen zu lassen, aus dem für die Zukunft nachtheilige Ansprüche hergeleitet werden könnten; überdies war Herzog Gustav Adolf auf Bürgermeister und Rath in Hamburg nicht gut zu sprechen, weil dieser sich in der Korrespondenz an die Herzöge "allein als Dienstwillige" unterzeichnet und der Herzog dies als " despectirlich und wider alles Herkommen" fand. Die Schweriner Regierung, mit der Herzog Gustav Adolf sich sogar in Benehmen gesetzt hatte, dachte kühler über diesen Punkt, denn sie schrieb, daß sie " in Archivo Nachfrage angestellet und daraus befunden, das sich Burgermeister und Rath ab antiquo sonder qualität alß Dienstwillige und also bloßerdinge Burgemeister und Raht, recentius Dienstwillige, öffters Dienstbereitwillige unterschrieben, von welchem letzten modo B. und Rath zu Hamburg in ihrer subscription nicht sonders different befunden werden, daß wir also bey Unß anstehen müssen, da man gleich einige Erinnerung wegen besser Beobachtung beiderseits J.J. F.F. D.D. respects nacher Hamburg abgehen ließ, ob man damit etwas Fruchtbarliches schaffen oder außrichten werde."

Damit war die Sache abgethan, aber die meklenburgischen Herzöge hielten es doch für geboten, Bürgermeister und Rath zu Hamburg ein für allemal ihren Standpunkt zu der ganzen Angelegenheit darzulegen. Sie ließen im Juli 1667 ein gemeinsames Schreiben nach Hamburg ab, in welchem es hieß:

. . . . "waßgestaldt Ihr um Abstellung Unser in Newlichkeit von Rostock mit Bestellung der Brieffe und ander sonst beigefügten Sachen, nacher Dantzig angelegten Post, dadurch absunderlich Eure bei Euch vorhandenen Botten an ihrer intention behindert würden, ansuchen wollen, worbey Ihr dann zu mehrer Feststellung Eures eingewandten Gesuchs die Verwilligung Unßer Vorfahren, daß auch solches, wan durch Unsere Lande Eure Botten mit Brieffen und anderen Sachen nacher Dantzig gereiset und auch unterweges hieselbsten einige Bedienten angenommen, in effectu pro libero et facili transitu anzusehen und daß Wir sothanen hochgemelter Unser Vorfahren angezeigten vestigiis fürters nachzugehen kein Bedenken tragen wollten, der Länge nach angeführet. Wir mögen Euch darauff in günstgnädiger Antwort nicht bergen, obwohl Unsere Vorfahren die Bestellung einiger Bedienten in Unseren Landen Ewren Dantziger Boten expresse nicht verwehret, daß dennoch solche conniventz Unß zur continuation keineswegs verbinden könne oder möge. Wir hetten auch zwar solchem passu fürters nachgesehen, wenn nicht bey den Dantziger Botten eine sonders große negligentz , wodurch öfters viele Brieffe auch andere kostbare Sachen vielen interessenten zu merklichem praejuditz verwahrloset und veräußert, mit Unseren hierüber veruhrsachten Mißfallen verspüret worden, daß Wir dahero ohnumbgänglich bewogen, eine solche Anstalt in Unseren Landen zu machen, dadurch Wir und zwar vermittelst angenommener caution von denen zur Post bestellten Persohnen für dergleichen praejuditz und schädlichen Verlust nebenst anderen Interessenten gesichert seyn könnten; da Wir nun solchergestalt vermöge bekannter Reichsabschiede und krafft Unser landesfürstlichen Obrigkeit die Post in unseren Landen bestellet, dasselbe auch zu thun wol befugt, ist daraus ohnschwer abzunehmen, daß Wir executione juris nostri hierunter keinen vnd also weniger Ewren Dantziger Botten einiges Ungleiche zufügen, bey so bewandten Umbständen undt da Wir allbereit gewiße Persohnen zu solchen Postwesen ordiniret , auch Unsere fürstliche reputation hierunter interessiret ist, Wir umb so viel weniger daß angefangene Werk rescindiren oder wieder umbstoßen können."

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Geschichte des Landes-Postwesens