Abschnitt 2

Einrichtung von Postanlagen-Fremde-Brandenburg


Aber die Hoffnungen, welche die meklenburgischen Höfe nach dem Schreiben der kurfürstlichen Räthe für sich an das Bestehen der Post knüpfen durften, erfüllten sich in der Folgezeit nicht. Die kurfürstlichen Beamten bei der Post waren in Erfüllung der Verpflichtungen, welche der Berliner Hof zu Gunsten der meklenburgischen Regierungen übernommen hatte, seit Beginn der sechsziger Jahre nachlässig geworden. Die freie Beförderung sowie die schnelle Besorgung der herzoglichen Korrespondenzen hatte wiederholt zu wünschen übrig gelassen, und die kurfürstlichen Postillone und Postmeister erhöhten noch durch fortgesetzte Plackereien und Chikanen die Verstimmung der meklenburgischen Behörden in dem Maße, daß bei diesen bereits im Jahre 1664 erwogen wurde, ob "den herzoglichen Interessen leidlich, daß die brandenburgische geschwinde Post die Aemter Dömitz und Boizenburg berühre, und daß der Kurfürst in Boizenburg einen eigenen Postmeister halte, der sich bei Abfertigung der Post des kurfürstlich brandenburgischen Postsiegels bediene." 2)


Vorläufig kam es indeß noch nicht zur Austragung der Angelegenheit.

Als dann aber im Jahre 1669 die Berliner Post in der Nähe von Boizenburg angefallen, der Postknecht erschlagen und nun von Berlin aus angeregt worden war, die Poststraße an Posttagen von Reitern bewachen zu lassen, lehnte Herzog Gustav Adolf diesen Vorschlag zwar nicht ab, ließ aber nach Berlin mittheilen: "Nachdem Wir des Postwesens in Unseren Landen Uns billig allein anzunehmen und darin die Post zu bestellen haben, so seind Wir auch jetzo bedacht, Kurbrandenburg künfftig dessen in Boitzenburg zu entheben und die Post daselbst behufigermaßen einzurichten."

Die meklenburgischen Höfe traten nunmehr mit einander wegen der Berliner Post in Verhandlung. Dabei ergab sich das überraschende Resultat, daß bei beiden Höfen - 14 Jahre nach Anlegung der Post - nicht mehr bekannt war, in welcher Weise und wann dieselbe entstanden, und ob seitens Meklenburgs die Genehmigung hierzu ertheilt sei. Die Schweriner Regierung war - allerdings ohne dasselbe " pro certa regula " behaupten zu wollen - der Ansicht, "daß die Post durch Dömitz gehe, wobey wir jedoch dies angemerket, daß die Posten daselbsten nicht sonders ruhen oder ihr Ablager halten, sondern den geraden Wegk durch und nach anderen Ohrten nehmen, welches vielleicht die Vhrfach sein mag, daß darüber zwischen Ihrer Kurfürstl. undt Unsers gnäd. Herrn Fürstl. Durchl. oder zuvor dero Herrn Vaters hochsehligen Andenkens gewiße pacta nicht verfaßet oder aufgerichtet worden, sondern die toleranz dem Werk die mensur allein bißhero gegeben hat; wir wollen Unß jedoch bei Ihro Durchl. Bedienten und voraus zu Dömitz weiteres erkundigen."

Aber das Rechtsverhältniß der Post zu den meklenburgischen Höfen blieb auch jetzt noch für letztere ungeklärt, da auch (Amts-) Hauptmann von Bülow zu Boizenburg, der in der Sache zum Bericht aufgefordert worden war, nur nach Güstrow melden konnte, daß die Post bereits seit dem Jahre 1657 (thatsächlich schon seit dem Jahre 1656) durch Boizenburg gehe, wie die dem Postmeister Lembcke daselbst ertheilte kurfürstliche Bestallung nachweise, daß aber sonst über den Ursprung der Post, der sog. "kurfürstlichen Hofpost", Näheres nicht in Erfahrung zu bringen gewesen sei.

Bei dem Mangel verbürgter Nachrichten hielt H. Gustav Adolf es nicht an der Zeit, Maßnahmen zur Aufhebung der kurfürstlichen Posten in Meklenburg vorzubereiten, sondern schlug dem Schweriner Hofe vor, "alte weiteren Vmbstände zu betrachten vndt wann etwa sonst ein vndt anderes bei Kurbrandenburg zu negotiiren were, besser mündlich am kurbrandenburgischen Hofe die inconvenientien angebracht vndt in gutem Vernehmen, Ihrer Hochfürstl. Durchl. praejuditz zu verhüten, dieselbe abzuthun wäre, auch bei den Benachbarten erkundiget werden könnte, welchergestalt auch daselbst die kurbrandenburgischen Posten eingeführet."

Da die Schweriner Regierung bei der Abwesenheit des Herzogs Christian Louis in Frankreich für die ganze Angelegenheit nur geringes Interesse zeigte, so blieb die Sache vor der Hand auf sich beruhen.

Aber am Güstrower Hofe empfand rnan immer drückender die Abhängigkeit von dem guten Willen der brandenburgischen Postmeister, welche bei der Freibeförderung der herzoglichen Korrespondenz manche Schwierigkeiten und Weiterungen machten. Herzog Gustav Adolf sandte deshalb im Jahre 1670 den Amtshauptmann von Bülow mit der Anweisung nach Berlin, hier energisch auf Abhülfe der vielfältigen Beschwerden zu bringen. Dies hatte den Erfolg, daß der kurfürstliche Postdirector Michael Mathiaß im Auftrage der Regierung an den brandenburgischen Postmeister in Boizenburg verfügte, "daß er künftig alle fürstlich Meklenburgischen wie auch dero Minister und Beamten Briefe und Packete auf der kurfürstlichen Post frei nach Hamburg mit fortsenden, die zurückkommenden gleichergestalt frei abfolgen lassen möchte, da Sr. Kurfürstl. Durchl. eigentlicher gnädigster Wille ist, daß Ihre Fürstl. Durchl. zu Meklenburg auf der kurfürstlichen Post, soviel immer möglich und ohne Versäumniß der Post geschehen kann, zur Hand gegangen und aller guter Wille bezeugt werden möge. Der Herr Abgesandte v. Bülow hat dagegen versichert, daß solcher guter Wille nicht solle gemißbrauchet oder die Post über die Gebühr beschweret, auch keine andere als die fürstlich Güstrowsche oder, was dero Minister und Beamte in deren Hohen Herrschaftl. Geschäften zu schreiben haben, frei mit fortzusenden begehrt werden."

So entgegenkommend sich der Berliner Hof den Wünschen der Güstrower Regierung gezeigt hatte, so trat doch nach kurzer Zeit wieder das alte Verhältniß ein.

Aber Herzog Gustav Adolf sah davon ab, nochmals bei dem Berliner Hofe Vorstellungen zu machen, sondern er suchte sich vielmehr jetzt selbst zu helfen durch Einrichtung einer eigenen Post nach Hamburg, deren oben bereits gedacht ist (S. 45). Nach Herstellung dieses Postkurses wurden alle Verbindungen zur Berliner Post gelöst; der Güstrower Hof schenkte der kurfürstlichen Post fortan keine Beachtung mehr und sah auch der Vermehrung der brandenburgischen Posten auf der Berlin - Hamburger Straße stillschweigend zu, trotzdem die brandenburgischen Posten jetzt, nachdem meklenburgische Posten zwischen Boizenburg und Hamburg verkehrten, infolge ihrer besseren Organisation und ihres häufigeren Ganges entgegen den Versprechungen vom Jahre 1656 in beträchtlichem Maße zum Präjudiz der meklenburgischen Posten beitragen mußten, da sie den größeren Theil des Postverkehrs auf der meklenburgischen Route an sich gezogen hatten.

Im Jahre 1682 kursirte die Brandenburgische Rost zwischen Berlin und Hamburg bereits in nachstehender Weise:

• die ordinäre oder große Post geht Sonnabend auf .Hamburg und kommt vor Dömitz um 10 Uhr Vormittag an, legt aber nicht ab, sondern muß vor dem Thor so lange halten, biß zuförderst die Passagiere angemeldet und der Postwagen im Zollgebäude angegeben ist; von Hamburg nach Berlin am Freitag 10 Uhr Vormittag;
• die geschwinden Posten von Berlin nach Hamburg gehen Donnerstag und Sonntag 3 Uhr Nachm.; von Hamburg nach Berlin Sonntag und Donnerstag 4 Uhr;
• die Küchenposten von Berlin nach Hamburg kommen Montag und Mittwoch 10 Uhr Abends; von Hamburg nach Berlin Mittwoch und Sonnabend 10 Uhr Abends.

Die Post kursirte demnach 5 Mal wöchentlich in jeder Richtung.

Bis 1690 hatte die Berliner Post ihren Weg von Lenzen über Dömitz, Lübtheen und Boizenburg genommen; aber die Strecke bei Dömitz war besonders bei Hochwasser nur mit Gefahr von den Posten zu passiren. Die kurfürstliche Regierung bemühte sich daher, von den meklenburgischen Höfen die Erlaubniß zur Durchführung der Posten auf einem anderen Wege, von Lenzen direct über Lübtheen auf Boizenburg, zu erlangen. Hierdurch veränderte sich die Kursstrecke auf meklenburgischem Gebiet, sodaß auf dem Wege zwischen Lenzen und Boizenburg (8 Meilen) die Wahl eines anderen Orts zum Pferdewechsel nothwendig wurde. Auf das Gesuch um Anlegung einer Station zum Pferdewechsel in der Mitte dieser Strecke erwiderte die Schweriner Regierung bejahend und genehmigte eine Station in dem Dorfe "Quassel oder wo es sonst bequem sei", nachdem seitens der brandenburgischen Regierung versichert worden war, "daß diese von Schwerin erlangte gutwillige Concession zum Nachtheil der Schweriner Regierung keineswegs mißbraucht und nichts angemaßt werden solle, was Sr. hochfürstl. Durchl. juri superioritatis entgegen zu sein nur scheinen könnte."




2) Von kurfürstlicher Seite war einem Bürger in Boizenburg kurz nach Inbetriebnahme (1657) die Abwartung der Post übertragen worden, ohne daß vorher eine Verständigung mit den Höfen in Schwerin und Güstrow stattgefunden hatte.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Geschichte des Landes-Postwesens