Abschnitt 6

Einrichtung von Postanlagen-Eigene-Mecklenburg-Güstrow


Die günstigen Erfolge der eigenen Verwaltung erweckten übrigens den Argwohn, daß le Plat von den aus den Posten gezogenen Ueberschüssen erheblichere Vortheile erzielt hätte, als bei Abschluß des Vertrages im Jahre 1678 vorausgesetzt wurden, sodaß der Versuch sich lohnte, le Plat noch nachträglich zu einer Abzahlung zu veranlassen. Bei der über den Fall angestellten Untersuchung stützte sich le Plat auf seinen Kontrakt von 1678; die Regierung habe die spätere Uebernahme der Hamburger Post sich zwar ausbedungen, sei aber auf diesen Gedanken nicht wieder zurückgekommen. Er selbst habe übrigens bei dem Betriebe viel Schaden durch Theuerung und Viehsterben gehabt, auch über seine Einnahmen nie Rechnung geführt. Die Zahlung irgend welcher Entschädigungsgelder lehnte er rund ab. Aber sein früherer Mitunternehmer Krüger, den er aus dem Unternehmen zu verdrängen gewußt hatte, wies nach, daß die Posten jährlich etwa 3000 Rthlr. an Einnahmen getragen hätten und der Reingewinn auf 1000 Rthlr. angeschlagen werden könnte. Die Regierung legte darauf, ohne sich auf weitere Erhebungen einzulassen, dem le Plat die Zahlung einer Abfindungssumme von 750 Rthlr. auf, ob mit Erfolg, ist aus den Akten nicht ersichtlich.


Der von Jahr zu Jahr steigende Gewinn aus dem Postwesen bestärkte Herzog Gustav Adolf in seinem Bestreben, die Posten nach Möglichkeit zu verbessern. Der Gang derselben unterlag noch manchen Zufälligkeiten, sodaß häufig erhebliche Verzögerungen vorkamen. Er beauftragte daher den Hofpostmeister Brünsich in Güstrow 10) im Jahre 1693, eine Inspection der Posten vorzunehmen. Erhebliche Verbesserungen konnte aber auch Brünsich nicht erreichen, denn die schlechten Wege machten alle Mühe und Aufsicht vergeblich, und die Gespanne, besonders das des Escheburger Posthalters, ließen alles zu wünschen übrig.

Gleichzeitig machte die Güstrower Regierung den Versuch, ihre Posten auch über die Grenzen des eigenen Landes hinaus zu erweitern. Sie beauftragte am 31. Januar 1693 Brünsich, mit der schwedischen Regierung in Stettin über die Durchleitung der Güstrow - Neubrandenburger Post bis Stettin zu verhandeln. Im Besonderen sollte er mit dem schwedischen Gouverneur Graf Bielke, dem wir noch weiter unten begegnen werden, in Benehmen treten und demselben vorstellen, daß der schwedischen Post nach Hamburg kein Eintrag zugefügt werden solle, da die herzogliche Post sicher aus Mecklenburg ausreichenden Zugang an Personen und Päckereien haben würde; auch hatte Brünsich Auftrag, die Erlaubniß zur Anlegung einer Güstrowschen Poststation in Anclam nachzusuchen.

Brünsichs Kommissorium verlief resultatlos, wenigstens berichten die Akten nichts von der Ausführung des weitausschauenden Projects.

Obgleich diese Versuche scheiterten, durfte Gustav Adolf mit dem bisher Erreichten zufrieden sein. Der allgemeine Rahmen war für die Güstrower Postkurse vorgezogen. Die Hauptorte des Landes waren durch regelmäßige Postrouten mit einander verbunden, vor Allem war die wichtige Verbindung mit Hamburg hergestellt. Es fehlte nur noch an der festen Ordnung des Betriebes. Diese erließ Herzog Gustav Adolf unter dem 20. September 1693 als "Fürstl. Mekl. - Güstrowsche Renovirte Postordnung". 11) Sie ist insofern von Wichtigkeit, als sie die erste herzogliche Postordnung war, welche alle Postkurse des Herzogthums Güstrow betraf. Die bisher erlassenen Postordnungen und Ordonnanzen hatten nur die Sonderverhältnisse jedes Kurses geregelt; die Verschiedenartigkeit all dieser Verordnungen mußte naturgemäß mit zunehmendem Verkehr zu lästigen Weiterungen Anlaß geben.

Trotz der Fürsorge, welche H. Gustav Adolf den Posten zu Theil werden ließ, blieben die finanziellen Ergebnisse aber hinter seinen Erwartungen erheblich zurück. Der Herzog übersah dabei vielleicht, daß die jungen Anlagen manche Schwierigkeiten zu überwinden haben, vor Allem aber erst bei der Bevölkerung und dem Handelstande festen Fuß fassen mußten, bevor sie nennenswerthe Erträge abwerfen konnten; andererseits wurde den Postanlagen durch Frachtfahrer und durch die Postillone selbst, wie die Regierung mit Recht argwöhnte, fortgesetzt großer Schaden zugefügt. Erfahrungen, wie diesem Unwesen zu wehren sei, hatten bislang noch nicht gesammelt werden können, und zahlreiche Vorschläge von berufener und unberufener Seite erwiesen sich als wirkungslos. H. Gustav Adolf' griff daher zu dem Ausweg, die Posten eine Zeitlang einem Unternehmer in Pacht zu geben, in der Voraussetzung, daß eine Privatperson weit besser die Abstellung aller Mängel bewirken könnte, als die mit Sonstigen Geschäften überbürdeten Regierungsbeamten, zumal es sich bei einem Unternehmer um die Wahrung gewichtiger eigener Interessen handelte. Ein geeigneter Unternehmer fand sich in der Person des herzoglichen Geh. Kammerraths Mumme, der schon seit 1689 als Postdirektor in der Kammer die Postsachen bearbeitet und reges Interesse für den Gegenstand gezeigt hatte.

Der über die Verpachtung abgeschlossene Vertrag ist vom 13. Juli 1694 datirt. Mumme hatte danach eine Jahrespacht von 1000 Rthlr. zu zahlen; die Dauer des Vertrages war zunächst auf 6 Jahre bemessen, der Beginn auf den 15. Juli festgesetzt. Alle Intraden sollten dem Pächter zufließen, dafür aber hatte er auch alle Unterhaltungskosten zu tragen; maßgebend für die Erhebung der Gebühren blieb die herzogliche Postordnung. Die fürstliche Korrespondenz, ebenso "Päckschen" für den Hof bis 20 Gewicht waren portofrei zu befördern. Das Postpersonal wurde zur uneingeschränkten Disposition des Pächters gestellt, er hatte Beamte und Postillone anzustellen, zu besolden und zu entlassen, auch die Letzteren in den Hoffarben kleiden zu lassen; die Beamten sollten aber als fürstliche Diener gelten und ihre bisherigen Freiheiten auch fernerhin genießen. Der Herzog sagte den Posten seinen Schutz zu und versprach, "Kriegstroublen, so Gott gnädigst verhüten wolle, die den Postenlauf störten, in billige consideration zu ziehen und dem Geh. Kammerrath Mumme an der Pension gut zu thun."

Mumme entfaltete alsbald die ersprießlichste Thatigkeit. Die Entwicklung der Posten schritt unter seiner Leitung sichtlich vorwärts, was vor allen Dingen der ausgiebigen Unterstützung zu danken war, welche Mumme für seine Bestrebungen bei dem Herzoge fand. Aber das gute Verhältniß zwischen Beiden wurde schon im Jahre 1695 durch den Tod Herzog Gustav Adolf's gelöst.

Da Leibeserben nicht vorhanden waren, so entspannen sich um die Nachfolge im Herzogthum Güstrow mehrjährige Streitigkeiten, während deren allerdings Herzog Friedrich Wilhelm von Schwerin in der ersten Zeit die Regierungsgewalt ausübte, sie aber bald darauf an die im Lande eingesetzte kaiserliche Interimsregierung abtreten mußte. Während der Anwesenheit H. Friedrich Wilhelms in Güstrow hatte Mumme die Gelegenheit wahrgenommen, sich den Pachtvertrag bestätigen zu lassen. In der That gab der Herzog am 29. Januar 1696 seine förmliche Genehmigung dazu, "daß wenn Wir zur Güstrauischen Succession gelangen, ihm das Postwesen gnädigst beigelegt und er biß zu fernerer Verordnung darin nicht beeinträchtigt werden solle."

Der Pachtvertrag blieb bis zum Jahre 1701 von Bestand, ohne von einer Seite aufgekündigt worden zu sein.

Wir haben oben schon gesehen, wie während dieser Zeit in beiden mecklenburgischen Herzogtümern die Postpächter im besten Einvernehmen mit einander der Leitung der Posten oblagen. Die Haupttätigkeit, welche auch die Posten im Herzogtum-Schwerin berührte, entfaltete aber Mumme, der in Betrieb und Organisation wesentliche Verbesserungen vornahm. So gelang ihm, der in beiden Betrieben festen Fuß gefaßt hatte, auch die Beilegung des langjährigen Zwistes über den Durchgang der Güstrow - Hamburger Posten durch Schwerin'sches Gebiet; dieselben nahmen seit dem Jahre 1697 ihren Weg nicht mehr über Banzkow oder Parchim, sondern über die Residenz Schwerin, die fortan zwei Verbindungswege nach Hamburg besaß.

Das alte Projekt der Herzöge von Mecklenburg, die Verbindung mit Hamburg, war 1701 zur gesicherten Ausführung gelangt. Zwei große Postkurse von Rostock über Bützow, Sternberg, Schwerin, Gadebusch, Ratzeburg und von Neubrandenburg über Güstrow, Sternberg, Schwerin, Boizenburg vermittelten in ununterbrochenem Lauf den Verkehr mit Hamburg; Seitenkurse schlossen auch die abgelegenen Theile des Landes an diese Hauptwege an. Der Betrieb war, soweit es die schwankenden Zeitverhältnisse zuließen, zweckdmäßig eingerichtet, jedenfalls berechtigten die Anlagen zu guten Hoffnungen. Wenn diese sich aber nur zum Theil erfüllten, so hatte das seinen Grund mit an dem Bestehen fremder Postanlagen auf mecklenburgischem Gebiet, die gerade auf den Straßen nach Hamburg mit den mecklenburgischen Posten in Konkurrenz getreten waren.




10) Brünsich war 19. Februar 1690 von seiner Stellung als Proviantmeister entbunden und zum Hofpostmeister befördert worden; er bezog nach seiner Bestellung ein Einkommen von 200 Rthlr., wofür er auch das Postlokal zu stellen und die Aufsicht über die übrigen Postmeister und Postfahrer (Postillons) im Lande zu führen hatte.
11) Anhang Nr. 7.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Geschichte des Landes-Postwesens