Abschnitt 3

Einrichtung von Postanlagen-Allgemeiner Zustand der Postanstalt


Die Postknechte (Postillone) trugen rothe Montirung, "die fürstlichen Farben," auf der Brust das herzogliche Wappen, ein silbernes Schild, damit, wie Bahlemann in Rostock naiv meint, "böse Buben und Straßenräuber offenbar sehen können, daß sie Postführer sein und für denselben sicher reisen mügen, dieselben sich auch nicht entschuldigen mügen, daß Sie es nicht gewußt, daß es Postführer seien." Außerdem führten die Postillone das Posthorn.


Als Postwagen waren einfache, offene Leiter- oder Korbwagen in Gebrauch; sie ruhten auf fester Achse. Auf die Leitern wurden Bänke gesetzt als Sitzplätze für Passagiere. Die Postsachen lagen lose im Wagen; Brieffelleisen und Werthgegenstände wurden aber in der kastenähnlichen Lade aufbewahrt, welche auf den Boden des Wagens gestellt wurde. Ein Wagen kostete 7 - 20 Thaler und hatte trotz seiner schweren, ungefügen Bauart eine Gebrauchsdauer von 1, höchstens 2 Jahren, denn die schlechten Wege machten auf jeder Fahrt Reparaturen nöthig. Der Postillon führte daher stets Aushülfsstücke bei sich. Vorne und hinten am Wagen waren leiterähnliche Schoßkellen zum Aufbewahren von Reisegepäck angebracht. (Abbildung auf Seite 94.)

Für die Posten konnten nur starke, gute Pferde gebraucht werden; ein Pferd kostete 25 - 40 Thaler. Jeder Wagen wurde je nach der Beschaffenheit der Wege mit 3 - 5 Pferden bespannt. Der Bestand an Postpferden muß an einzelnen Orten, z. B. in Boizenburg und Güstrow, sehr erheblich gewesen sein; denn dem Postmeister le Plat in Güstrow waren einmal 24 Pferde, einem anderen Posthalter bald darauf 15 Pferde in einem Jahre an Rotz und Wurm eingegangen. Die Postmeister waren durchweg gleichzeitig Posthalter; letztere hatten die Posten innerhalb einer Station (Wegstrecke von 6 - 8, später von 3 - 5 Meilen) zu befördern.

Die Aufsicht unterwegs führte der Schirrmeister; ein solcher wurde jeder Fahrpost beigegeben. Er hatte, besonders in Hamburg, nach Kräften durch Ansagen in Krügen und Schenken Passagiere für die Post heranzuziehen.

Der Dienst bei den Postanstalten - Postkontors - war einfach; sie waren an Posttagen den ganzen Tag, sonst nur während einiger Stunden für den Verkehr geöffnet. Eine Stunde nach Eintreffen der Post mußte die Briefkarte, in welcher alle eingelaufenen Sendungen mit dem Namen des Empfängers verzeichnet waren, am Posthause öffentlich ausgehängt werden, sodaß Jeder selbst nachsehen konnte, ob Sendungen für ihn eingegangen waren.

Briefe, welche binnen einer bestimmten Zeit nach Ankunft der Post nicht abgeholt waren, wurden in Rostock und Güstrow durch den Litzenbruder den Empfangern ausgehändigt.

Wie es bei dem Postamt in Rostock bei Ankunft oder Abgang von Posten herzugehen pflegte, davon giebt nachstehender Bericht des Postmeisters Bahlemann an die Herzöge von Schwerin und Güstrow vom Jahre 1667 hinlängliche Kunde:

"Alß bey der mir gn. anvertrauten Postverwaltung nicht geringe Beschwerden sich ereugnen, dahero, daß auff den Posttagen bey abgehenden Posten die Briefe nicht zu rechter Zeit eingebracht, sondern damit mannigmahl biß 11 und 12 Uhr in der Nacht verzogen, großer tumult daneben und Muthwill verübett, frömbde reyßende Leute in ihrer Ruhe verstörett werden, überdehm alsofort, sobald nur die Posten alhier angekommen, und ehe und .bevor die abgehende Posten wieder abgefertigett, sich theilß Leute finden, die Briefe mit unnützen, ja fast ehrenrührigen Worten fodern, und aber die angekommene Briefe nicht ehe, biß die abgehende Posten abgefertigett, außgeantwortett werden können, gestalt solche Posten keinen Vertzug noch Aufhalt leiden,

So gelanget an E.E. D.D. .meine unterth. Bitte, in gn. Erwegung, da demselben nicht gesteuret, die Posten verzögert, auch der Geringste mich mit schimpflichen ehrenrührigen Worten anzufahren und sowol für alß im Posthauße allerhand Muthwillen anzurichten sich unterstehen würde, in patenti forma eine ernste Verordnung, so im Posthause affigirt werden kann, deß Einhalts, daß ein Jeglicher, so Brieffe mit der Post nach Wißmar, Lübeck, Hamburg . haben will, selbige des Sonntags und Mittwochs umb 8 oder höchst umb 9 Uhr, auf Stralsundt, Greyfswald, Anklam, Stetin, Dantzig Sonntags bis 1 Uhr und Donnerstags umb 4 Uhr Nachmittags praecise einbringen, die angekommenen Briefe aber nicht ehe, bevor die abgehende Posten abgefertigett und die Postcharte affigirett , ohn einiges mein Beschweren und molestiren abfordern, mich weder bey der Eingabe noch Abforderung der Briefe mit schimpflichen und ehrenrührigen Worten anfahren, noch sonst bey Tag und Nacht, für und in den Posthause Widerwillen verüben solle, ergehen zu lassen, und Bürgermeister und Raht alhie, daß sie darüber ernstlich halten, ernstlich zu injungir en."

Daß dem Unwesen kein Einhalt geboten worden war, zeigen spätere Klagen Bahlemanns an die Herzöge.

In den Posthäusern hing die herzogliche Postordnung oder Taxe aus. An Orten, wo keine fremden Posten konkurrirten, blieben die Taxen jahrelang unverändert, an anderen Orten, z. B. Rostock, Boizenburg, Hamburg, machte die herzogliche Taxe alle durch Abänderung der fremden Taxen hervorgerufenen Schwankungen mit, damit die Landesposten nicht durch die fremden Posten hinsichtlich der Gebühren unterboten und so vom Postverkehr ausgeschlossen würden. Andererseits sind auch Fälle bekannt, daß an Orten, wo offenkundige Konkurrenz des Fuhrgewerbes bestand, nicht selten um Postfracht- und Fuhrlohn gefeilscht wurde und niedrigere Gebühren zur Erhebung gelangten, um die Postwagen nicht leer fahren zu lassen.

In Schwerin hatte nach ber Taxe von 1701 eine Person, welcher 40 - 50 Freigepäck bewilligt war, für die Meile 1) 8 ßl. zu zahlen; ein Brief (vor 1 entzeln Brieff wird gerechnet so unter und bis 1 Loth, darüber nach proportion ) nach Hamburg 2 ßl. (über Gadebusch - Ratzeburg) und 3 ßl. (über Wittenburg - Boizenburg); Gelder und Juwelen kosteten nach Hamburg für je 100 Rthlr. oder 6 Gold oder Silber 12 ßl., Juwelen nach proportion des obigen Werths; die Taxe nach Rostock war der für Hamburg gleich, die von Parchim 8 ßl. gleich der von Wismar u. s. w. Päckereien (auch Akten) kosteten nach Hamburg 1/2 - 1 4 ßl.; 2 - 6 à 2 ßl.; 6 - 16 à 1 ßl.; darüber à 9 ; 100 Austern in Schalen 12 ßl., ohne Schalen 6 ßl.; 1 Reh 24 ßl., 1 Hase 8 ßl., 1 Schwein je nach der Größe 1, 1 1/2 - 2 Rthlr.; ähnlich waren die Taxen nach Rostock, Wismar u. s. w.




1) Man unterschied noch jahrelang später nach großen, gewöhnlichen und kleinen Meilen; Gadebusch - Ratzeburg (24 km) waren 3 große Meilen, Wittenburg - Boizenburg (30 kmi) 4 kleine Meilen, Schwerin - Rehna (34 km) 4 Meilen, Schwerin - Gadebusch (23 km) 3 Meilen u. s. w.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Geschichte des Landes-Postwesens