Abschnitt 1

Einrichtung von Postanlagen-Allgemeiner Zustand der Postanstalt


II. Einrichtung eigener und fremder Postanlagen
in Meklenburg. (Von 1645 bis 1701.)


3. Allgemeiner Zustand der Postanstalt.

Im Allgemeinen bietet die Entwicklungsgeschichte des Postwesens in Meklenburg bis zum Jahre 1701 wenig befriedigende Züge dar. Neben manchem Licht treten große Schattenseiten in den Vordergrund.

Das bemerkenswertheste Moment in der Entwicklungsgeschichte der meklenburgischen Landesposten vor 1701 bildet die Statuirung des Postregals als Hoheitsrecht der Krone. Die Grundlage für das neue Regal bildeten die Beschlüsse der Kreistage, als Vorbild für die Ausgestaltung desselben dienten die Postanlagen in Brandenburg, vor allem aber die Taxis'schen Posten, welche schon über 100 Jahre bestanden. Wie in Brandenburg, so beanspruchte auch in Meklenburg die Krone das Recht, allein im Lande regelmäßige Beförderungsanlagen - Posten - herstellen und betreiben zu dürfen. Die Durchführung der Postregalsrechte innerhalb des Landes, d. h. gegenüber etwaigen Ansprüchen der Stände oder Städte des Landes gelang auch in Meklenburg ohne Schwierigkeit.

Aber der Werth des neuen Regals war hoch in Meklenburg erheblich beschränkt. Zunächst durch die fremden Posten, die das Land durchschnitten; denn die Landespost mußte ihre Verwaltungsmaßregeln immer im Hinblick auf das Bestehen und die Möglichkeit einer Konkurrenz der fremden Posten treffen, sie war bei der vollen Ausübung ihrer Regalsrechte behindert, in ihrer Entschließung unfrei und, was schwerer ins Gewicht fällt: die meklenburgischen Regierungen waren in rein internen Landesangelegenheiten bis zu einem gewissen Grade vom Auslande abhängig.

Andererseits erfolgte die Ausgestaltung des Regals in Meklenburg nicht nach hinreichend festen Principien, sodaß die Konkurrenz anderer Beförderungsanlagen im Lande - vor allen Dingen des Fuhrgewerbes - nicht erfolgreich niedergehalten werben konnte. Das zeigt sich deutlich an der Entwicklung des Postzwangs.

Herzog Gustav Adolf verbot (16. November 1661) die Beförderung von Personen zwischen Güstrow und Rostock mit anderen Beförderungsmitteln als durch die Post, "es wäre denn, daß der ordinari Postwagen seine volle Ladung hätte," später (2. März 1680), mit besonderer Bezugnahme auf die Kontraventionen des Fuhrgewerbes, die Beförderung von Reisenden auf den Straßen nach Boizenburg und Hamburg, nach Wismar, Rostock, Parchim bei 8 Thlr. Strafe, "es were denn an Markttagen oder daß die ordinairen Posten ihre volle Ladung hätten."

Herzog Christian Louis wies (11. März 1679) die Beförderung von Personen an Posttagen überhaupt den Posten zu. H. Friedrich Wilhelm verbot (23. Juli 1697) bei 50 Rthlr. Strafe im Allgemeinen die Beförderung von Reisenden durch andere Fuhrgelegenheiten.

Hinsichtlich des Sachtransports waren Vorrechte zu Gunsten der Posten nur vereinzelt und ohne Nachdruck angeordnet worden. Erst H. Friedrich Wilhelm drückte (23. Juli 1697) den Postzwang für Briefe durch. Die Verordnung vom 23. August 1701 bestimmte, daß an Posttagen die Beförderung von Briefen und kleinen Packen allein den Posten zustehen sollte. Hinsichtlich der Personenbeförderung war aber in dieser Verordnung nur bestimmt, daß Reisende zwischen Güstrow und Rostock überhaupt, sonst im Lande an den Posttagen nur von den Posten befördert werden sollten.

So unzureichend der Postzwang präcisirt war, um so mehr nahm das Fuhrgewerbe Anlaß, den bereits seit den sechsziger Jahren gegen das Postregal geführten Kleinkrieg mit aller Erbitterung fortzusetzen. Besonders das zunftmäßig organisirte Fuhramt in Rostock nahm den Kampf mit den herzoglichen Posten sehr energisch auf. Strafen, häufige Pfändungen von Wagen und Gespannen hatten nur vorübergehend Erfolg, und Klagen über die Kontraventionen und die "Unterschleife" des Fuhrgewerbes bildeten bis tief in das 18. Jahrhundert hinein eine ständige Erscheinung in den Akten der Postverwaltung.

Das Postregal in den Händen der meklenburgischen Herzöge hatte daher einen wesentlich geringeren Werth als in dem benachbarten Brandenburg, wo der große Kurfürst schon am Ausgang des 17. Jahrhunderts das Postregal von nachtheiligen Einflüssen fast ganz frei zu machen verstanden hatte.

Im Uebrigen legte die absolute Staatsgewalt auch in Meklenburg den Posten noch mancherlei Vorrechte bei, um sie freier in der Bewegung zu machen. Schlagbäume und Thore mußten den Posten selbst bei Nachtzeit auf das Signal der Postknechte sofort geöffnet werden, bei schlechten Wegen durften die Posten Umwege auch über Aecker nehmen, wenn diesem Vorrecht auch lebhaft widersprochen wurde und Pfändungen der Postwagen aus diesem Anlaß vorkamen. Eine "Arretirung" der Postwagen war strenge untersagt. Die Behörden hatten Anweisung, den Posten allen nur möglichen Schutz angedeihen zu lassen. Die Postmeister, Posthalter u. s. w. genossen vielfach Befreiung von bürgerlichen Lasten, Einquartierung u. dergl.

Das Briefgeheimniß wurde streng gewahrt; wenigstens findet sich keine Stelle in den Akten, wo über die unbefugte Eröffnung oder Unterdrückung von Briefen Klage geführt worden wäre. Aus diesem Grunde enthalten die Akten auch keine besonderen herzoglichen Verordnungen über die Wahrung des Briefgeheimnisses durch die Postbeamten; vielleicht mochte man aber auch an das Briefgeheimniß selbst nicht unseren heutigen Maßstab anlegen, denn der Brauch, die Briefkarte mit den Namen der Empfänger von Postsenbungen zur öffentlichen Kenntniß auszuhängen, war für die Wahrung des Briefgeheimnisses an sich schon schlecht geeignet.

Die Verwaltung der Posten war gleich Anfangs den herzoglichen Kammern übertragen worden; aber die Herzöge, vor Allem Adolf Friedrich, Gustav Adolf und Friedrich Wilhelm, übten dennoch auf die Verwaltung tiefgreifenden persönlichen Einfluß aus. Wenn sie trotzdem fast gleichzeitig die Posten in beiden Herzogthümern pachtweise an Privatpersonen überließen, so mag diese Maßregel, zumal die Posten mitten in der Entwicklung begriffen waren, wirthschaftlich nicht gerechtfertigt erscheinen, aber die im Ganzen wenig befriedigenden Ergebnisse der Posten führten zu der richtigen Erwägung, daß ein geeigneter Pächter, welcher an der gedeihlichen Entwidlung der Posten pekuniär interessirt war, besser als die mit anderen Geschäften überlasteten Kammern in der Lage wären, in kurzer Zeit die Posten neu zu beleben, die ihnen anhaftenden Mängel zu beseitigen und dem Betriebe für seine fernere Entwickelung eine gesunde Grundlage zu geben. In dieser Erwägung hatte sich H. Gustav Adolf nicht getäuscht, denn der Geh. Kammerrath Mumme, welcher 1694 die Güstrower und bald darauf auch die Schweriner Posten in Pacht übernahm, hat sich außerordentliche Verdienste um die Entwicklung der Landesposten erworben, so daß seine Thätigkeit den Uebergang zu einer neuen Entwicklungsphase der Landespost bildet.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Geschichte des Landes-Postwesens