Abschnitt 1

Botenanlagen in Mecklenburg-Der Herzöge


I. Botenanlagen in Mecklenburg.


1. Die Botenanlagen der Herzöge von Mecklenburg.

Über die Botenanlagen der Herzöge von Mecklenburg ist in den zahlreichen Akten und Urkunden des Geheimen und Hauptarchivs zu Schwerin eine Fülle schätzbaren Materials enthalten, welches in Verbindung mit sonst in Büchern und Schriften zerstreuten Nachrichten es ermöglicht, ein anschauliches Bild von der Organisation und dem Betriebe der Botenanstalten zu gewinnen. Die noch vorhandenen Nachrichten über Leistungen von Botendiensten durch berufsmäßige Boten reichen bis in den Anfang des 16. Jahrhunderts zurück. Damals war das Land in die zwei Teile Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Güstrow gespalten. Die Fürsten beider Landesteile hatten ihre gesonderten Boteneinrichtungen, die den alleinigen Zwecken der Herzöge und Regierungen dienten. Auch einzelne herzogliche Behörden nahmen eigene Boten in den Dienst; für das Kirchengericht und Consistorium in Güstrow wurden z. B. durch die Kirchengerichts- und Consistorienordnung von 1570 zwei besondere Boten bestellt.

Nach den vom Beginne des 16. Jahrhunderts ab noch vorhandenen Rechnungen der herzoglichen Rentereien in Güstrow und Schwerin, in denen unter der Abteilung "Botenlohn, Postgeld" u. s. w. die einzelnen Botengänge, das Ziel der Boten, die Dauer der Reise und die Botenlöhne aufgeführt werden, ist zu unterscheiden zwischen Boten, die mit Briefen im Lande, und Boten, die nach Orten außerhalb Mecklenburgs zu laufen hatten. Botengänge ins Reich kommen in den Rechnungen sehr häufig vor, denn die Beziehungen zwischen Schwerin und Güstrow einerseits und Wien und Speyer andererseits waren dauernd sehr rege, da die inneren Angelegenheiten häufig die Intervention von Kaiser, Reichshofgericht und Reichskammergericht erforderlich machten.

Die Boten standen in unmittelbarem Dienste der Herzöge, leisteten für die pünktliche Erfüllung ihres Amtes den Boteneid 1) und führten deshalb die Bezeichnung "geschworene Boten". Vereinzelt kommt auch die Bezeichnung "Silberbote" vor; Herzog Johann Albrecht hatte 1571 einen Silberboten Nickel Kirchner nn Dienst, der, wie es auch in Brandenburg der Fall war, die herzogliche Korrespondenz in einer silbernen Kapsel beförderte.

Die geschworenen Boten führten in der Regel Aufträge außerhalb Landes aus, da deren Besorgung größere Sicherheit, mithin zuverlässige Leute erforderte. Im Lande wurden die nur ausnahmsweise auf Botengänge ausgesandt; sonst wurden für Botenreisen innerhalb Landes Personen verwendet, welche für jeden Botengang Bezahlung erhielten.

Schon am Ende des 16. Jahrhunderts kommt in den Rechnungen der Ausdruck "Postbote" vor, eine aus dem Reiche übernommene Bezeichnung, welche nur auf das Amt der Boten, die Bestellung der herzoglichen Korrespondenz, hindeutet, mit regelmäßigen Posten aber sonst nichts gemein hat.

Die geschworenen Boten erhielten festes Einkommen, sowie Bekleidung und Schuhzeug. Als Zeichen ihres Amtes trugen sie auf der Brust ein metallenes (später auch silbernes) Schild 2) mit dem herzoglichen Wappen.

Die beiden Boten in Schwerin, Panthel Zeitz und Nickel Kirchner, erhielten nach der Hofgesindsbesoldung für das Jahr 1590/91 je

8 fl.
16 fl.
8 fl.
--
Besoldung,
Monatsgeld,
Kleidung,
6 ßl. Hutgeld.

Ähnlich lagen die Verhältnisse in Güstrow, wo die Hofgesindebesoldung für 1588/89 drei geschworene Boten aufführt.

Außer dem festen Einkommen erhielten die geschworenen Boten auch Lauf- und Zehrgeld. Dieses betrug zwischen 2 und 4 ßl. für die Meile und für Stilllager an Orten, wo die Boten verweilen oder auf Bescheid ("Verabschiedung") warten mußten, meistens 3 ßl. für den Tag; das Zehrgeld wurde den Boten nach der Rückkehr auf Grund des Botenzettels gezahlt, der Angaben über den Weg, die Dauer und Weite des Botenganges enthielt. Fürstliche Freigebigkeit entschädigte die Boten für die Beschwerlichkeit der Reise auch wohl noch in besonderer Weise, wie manche Vermerke in den Rentereirechnungen bezeugen.

Das Botenamt war deshalb verhältnißmäßig einträglich und, wie es scheint, sehr begehrt 3), zumal die Boten auch Befreiung von manchen bürgerlichen Lasten genossen 4).

Die Boten führten ihre Reise zu Fuß oder zu Pferde aus, die kürzeren Botengänge wurden meist zu Fuß zurückgelegt. Als Boten zu Roß werden in den Rechnungen in mehreren Fällen auch "Einspännige" erwähnt, es kommt diese Bezeichnung berittenen herzoglichen Dienern zu, welche eine den heutigen Amtslandreitern oder Gendarmen ähnliche Stellung bekleideten.

Die Aufsicht über die Boten war den Botenmeistern übertragen. Nach der Kanzleiordnung des Herzogs Johann Albrecht von 1569 hatte der Botenmeister "ein ordentlich Register zu halten und dar zu verzeichnen den Monatt vnd Tagk, auch Nahmen der personen, von Botten vnd Supplicanten, damit man wiße, wan vnd wer Briefe in die Cantzley vbergiebet, auch die nötigsten vmd eltesten Sachen schleunig vnd vor andern gefurdert und verabschiedet werden mögen." Auch sollte von dem Botenmeister "das was vor Mittag gefertiget, vmb zwölf den Parteien oder Botten zugestellet, was aber nach Mittagk verrichtet, zwischen vier vnd fünf außgetheilet werden. Desgleichen soll auch sein Befehlich sein, die Briefe, so durch die Amtsbotschaften zu bestellen, dem Hauptmann, Küchenmaister oder Landreiter zu behendigen vnd darauf den Monath, Tagk ond Stunde der Abfertigung zu zeichnen, damit zu befinden, ob vnd an wem es gemangelt, das die Briefe nicht zur rechten Zeit zur Stedte gekommen."

Besonderes Gewicht wurde, wie man sieht, auf die möglichst beschleunigte Abfertigung der Boten gelegt. Deswegen sollte auch der Kanzler "für schleunige Verabschiedung aller einkommenden Sachen sorgen, auch frembde Botten so fürderlich als immer muglich abgefertigett oder, so die sachenn wichtig vndt Vertzug haben, muß denselben Recognition Zettel gegeben werden. Vnser Cammersecretarius soll auch Vertzeichnus machen, vff welchen Tag Prieff, daran gelegen, abgefertigett werden, vnb ber Botten Namen und ReIationes vertzeichnen."

Die Kanzleiordnung Herzogs Hans Albrecht von Güstrow von 1612 bestimmte wegen des Botendienstes unter Nr. 35: "Der Botte so die Acta 5) entweder alßbaldt zurück bringet oder hernacher wieder holet, soll schuldig seinu, von den Urtheilfassern einen Zettell, darinn, wie viell tage er des Ortes aufwarten, und was er pro studio et labore geben vnd entrichten mußen, vorzeichnet sey, zu fordern, vnd neben den Acten unserem Kantzler oder Räthen einzuschaffen oder in Vnterlassung dessen seines Bottenlohnes verlustig sein."

Der Botendienst war schwer und wegen der Mangelhaftigkeit und Unsicherheit der Straßen nicht ohne Fährlichkeit. Die Boten führten daher ihre Reise bewaffnet aus, und es wurde bei ihrer Auswahl auf körperliche Rüstigkeit und Gewandtheit besonderes Gewicht gelegt; dabei mussten sie verstehen, sich je nach Lage der Umstände und im Verkehr mit Personen aller Kreise geschickt und anstellig zu benehmen. Die Reisen der Boten dehnten sich oft weit aus und dauerten zuweilen Monate lang.




1) Nach der Kirchengerichtsordnung von 1570 hatte der Bote zu schwören, daß er den Commissarien des Consistorii gewärtig und gehorsam sein, ihre Botschaften und, was ihm jederzeit befohlen und übergeben werde, getreulich, förderlich und mit Fleiß auszurichten, und dem Notario derwegen gebührliche Relation zu thun, d. h. Meldung von seinem Botengange zu erstatten.
2) Ein derartiges (silbernes) Schild (am Schluss dieses Abschnitts abgebildet) ist uns aus späterer Zeit (1743) erhalten. Es trug der letzte Reisebote der Schweriner Justizkanzlei bis zu seinem 1812 erfolgenden Tode.
3) Davon zeugt u. A. ein in den Akten des Archivs befindliches Gesuch an Herzog Ulrich von Mecklenburg von 1578 (Nr. 2 des Anhangs).
4) Von einer derartigen Steuerbefreiung meldet auch ein Patent der Güstrow'schen Räte von 1637 (Nr. 3 des Anhangs).
5) von den gutachtenden Universitäten.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Geschichte des Landes-Postwesens