Geschichte des Hamburger Rathauses

Nach den hinterlassenen Vorarbeiten des Herrn Dr. J. M. Lappenberg
Autor: Cipriano F. Gaedechens, Verein für Hamburgische Geschichte, Erscheinungsjahr: 1867
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Hamburger Rathaus, Architektur, Baugeschichte, Baumeister, Stadt Hamburg
Einführung

Schon vor der Zerstörung des alten Rathauses durch den Brand von 1842 beschäftigte sich der Verein für hamburgische Geschichte mit Forschungen über die frühere Beschaffenheit dieses altehrwürdigen Gebäudes. Nachdem dasselbe in Asche gelegt, entstand der lebhafte Wunsch, der Nachwelt ein getreues Bild des Verschwundenen zu überliefern und Alles zusammenzustellen, was über dasselbe zu finden wäre. Herr Dr. J. M. Lappenberg übernahm es eine Abhandlung über das alte und älteste Rathaus zu liefern, die zugleich als Festschrift bei der Grundsteinlegung des in Aussicht genommenen Neubaues erscheinen sollte. Im Jahre 1847 war diese Arbeit bereits so weit gediehen, dass der Jahresbericht des Vereins den baldigen Druck ankündigte, aber der Neubau unterblieb und somit auch die Veranlassung der sofortigen Herausgabe. Drei Ansichten waren schon auf Stein gezeichnet, welchem noch einige Grundrisse und eine Ansicht aus der neueren Zeit hinzugefügt werden sollten. Die Herstellung derselben bot aber nicht geringe Schwierigkeiten, weil die vorhandenen Risse offenbar ungenau waren. Diese Arbeit ward dem Unterzeichneten übertragen und ihm zu genügender Lösung seiner Aufgabe das ganze vorhandene Material mitgeteilt. Es stellte sich bald heraus, dass von den bereits angefertigten Ansichten nur die der Rathaushalle zu benutzen, die übrigen aber wegen ihrer Mangelhaftigkeit zu verwerfen waren. Wenn auch das tiefere Eingehen in die Sache zunächst nur der Herstellung der artistischen Beilagen galt, so führte es doch auch zu neuen Aufklärungen, welche Dr. Lappenberg veranlassten seine Forschungen auszudehnen und namentlich die vorhandenen Auszüge aus den alten Stadtrechnungen zu benutzen. Die Resultate derselben waren so reichhaltig und eingreifend und die inzwischen der ursprünglichen Arbeit hinzugefügten Ausführungen und Anlagen so bedeutend, dass Dr. Lappenberg selbst eine völlige Umarbeitung der meisten Abschnitte erforderlich hielt. (Vergl. Jahres.-Bericht vom 26. Mai 1858, Bd. IV S. 628.) Er ließ im Jahre 1858 mit dem Druck der Zeichnungen beginnen, ward aber durch seine vielfachen anderen Arbeiten verhindert die beabsichtigte Umarbeitung des Textes vorzunehmen, was um so mehr bedauert werden muss, weil bei seiner umfassenden Kenntnis der althamburgischen Verhältnisse, seine geistreiche Feder unbedingt ein für die hamburgische Geschichte höchst anziehendes und lehrreiches Werk geliefert hätte. Nach Lappenbergs allzu frühem Tode kam das reiche Material an den Verein, und dem Unterzeichneten erschien es als Pflicht, wenn auch mit schwachen Kräften, doch mit dem Gegenstande seit Jahren vertraut, die angefangene Arbeit seines langjährigen Gönners zu Ende zu führen. Wenn die ursprüngliche Anlage die Bekanntschaft mit den verbrannten Baulichkeiten voraussetzte und von dem Bekannten auf die frühere Zeit und Bestimmung zurückwies, so schien es, nachdem 25 Jahre seit der Zerstörung verflossen, nicht mehr ratsam diese Anordnung beizubehalten, in die sich überdies die vielen Ergänzungen schwer richtig einfügen ließen. Es musste der chronologischen Ordnung der Vorzug gegeben werden, die zugleich gestattete ein klares Bild der verschiedenen Zeiten zu liefern. Soweit es möglich war, ist Lappenbergs Text beibehalten, doch haben neuere Beiträge und Aufklärungen an manchen Stellen nicht unwesentliche Änderungen hervorgerufen. Ein dem Niedergerichte gewidmeter besonderer Abschnitt ist fortgelassen, weil inzwischen Herr Dr. D. H. Jacobi denselben in seiner Geschichte des Hamburger Niedergerichts benutzt hat; doch konnte das Gerichtsgebäude nicht ganz übergangen werden, teils weil es mit dem Rathause in enger Verbindung stand, teils weil das darüber Gedruckte mancher Berichtigung und Vervollständigung fähig ist. In den Vorarbeiten liegt noch Material für weitere Ausführungen einzelner nicht unbedingt zum Rathause gehöriger Nebenabschnitte, welche Lappenberg eingehender zu behandeln gedachte, dessen gelegentliche Benutzung aber gewandteren Federn überlassen werden muss. Möge das Gebotene eine nachsichtige Beurteilung erfahren.

Hamburg 1867.

C. F. Gaedechens.
Das Rathaus einer freien Stadt, der Mittelpunkt aller bürgerlichen Interessen, ist für deren Geschichte von großer Bedeutung. Abgesehen von den allgemeinen historischen Erinnerungen, welche sich an jedes größere alte Gebäude knüpfen, ist es für die Verwaltungs- und selbst für die Verfassungs-Geschichte sehr lehrreich zu erfahren, wie mit der Entwicklung des Staatslebens seine Hallen sich umgestaltet haben, von welchen Behörden und wie es von denselben benutzt ist. Die Kenntnis von der Einteilung der alten Räume darf nicht ganz untergehen, wenn die Gesetze, auf welche die älteren Verfassungen beruhen, deutlich verstanden werden sollen. Und wie viel wüssten nicht die alten Mauern und ihr architektonischer Schmuck demjenigen der hören wollte, zu erzählen von den alten Kaisern unter deren Schutze, von den Schauenburgischen Grafen, unter deren Mitwirkung die Stadt Hamburg aufgeblüht war; auch manches Traurige berichten die Wände von Unruhen und fremder Friedensvermittlung; selbst von der Herrschaft einer fremden Nationalität, aber auch von langjährigem Genusse besonnenen gedeihlichen Bürgertums, von manchem Tage der Freude und des Rums.

Blick auf Hamburg - Unterelbe

Blick auf Hamburg - Unterelbe

Hamburg Rathaus

Hamburg Rathaus