Abschnitt 2

Den Bau des den Fürsten gestatteten Hofes vollendete der Pilger ( † 2. Januar 1302) wohl noch selbst. Heinrich II., der Löwe, des Pilgers Sohn, verschmerzte jedoch die Keckheit der Stadt nicht; sein Unwille stieg zum Zorn, als die Wismaraner ihm im J. 1310 die Feier der Vermählung seiner Tochter Mathilde mit dem Herzoge Otto von Lüneburg in ihrer Stadt verweigerten. In der deßhalb entstandenen Fehde brachen die Rostocker, als Helfer der Stadt Wismar gegen die Fürsten, den fürstlichen Hof im J. 1310 12). Jedoch zwang der Fürst bald die Stadt und brachte es dahin, daß er, an der Stelle des von den Rostockern gebrochenen Hofes, innerhalb der Stadtmauern zwischen dem Kloster der schwarzen Brüder und dem meklenburger Thore, im J. 1311 eine Feste mit einem starken hohen Thurme baute 13), aus welcher ein Thor, neben einem andern starken, hohen Thurme, durch die Stadtmauer nach dem Weberkamp außerhalb der Stadt führte. Diese Feste lag hiernach unbezweifelt in der meklenburger Straße neben dem noch stehenden sogenannten schwarzen Kloster nach dem meklenburger Thore hin und war von dem Weberkampe, auf welchem das alte Schloß des Fürsten Johann gestanden hatte, nur durch die Stadtmauer geschieden. Der Weberkamp muß sich also von dem altwismarschen Thore gegen das meklenburger Thor hin erstreckt haben. Die Stelle dieser oder der frühern ältesten Feste ging den Fürsten in. der Folgezeit auch nicht verloren; die ganze Folgezeit hindurch bis in das 17. Jahrhundert besaßen sie in der meklenburger Straße einen geräumigen Hof, der meklenburger Hof 14) genannt, welcher kurz vor dem Jahre 1644 einstürzte 15).

Doch der Wachsthum der Stadt stand noch bevor, und mit diesem stieg ihr Muth, und so wußte sie gleich nach dem Tode des Löwen am 18. März 1329 die in ihren Mauern residirende Vormundschaft seines minderjährigen Sohnes Albrecht des Großen dahin zu bringen, daß diese der Stadt das fürstliche Schloß innerhalb der Stadt am meklenburger Thore 16) mit dem Thurme und dem Bergfrit (Burgfried, Verschanzung) verkaufte 17). Dagegen gestattete dieselbe den Fürsten die Bewohnung eines andern Hofes innerhalb der Stadt bei der St. Georgen-Kirche, im Osten derselben, welcher Hof schon dem Fürsten Heinrich II., dem Löwen, Albrechts Vater, gehört hatte 18).


An dieser Stelle hat denn auch seitdem immer der fürstliche Hof zu Wismar gestanden, im Osten der St. Georgen-Kirche, zwischen dieser und der St. Marien:Kirche, unter den Namen des Fürstenhofes und des Tribunals 19).

Als der Fürst, nachherige Herzog Albrecht, mit dem Anfange des Jahres 1337 nach erlangter Volljährigkeit die Herrschaft seiner Väter selbstständig angetreten hatte, zeigte er sich zwar der Stadt Wismar freundlich, trug jedoch gegen sie schweren Zorn im Herzen wegen der Versetzungen und Zerstörungen der Schlösser 20) unter seinen Vorfahren und söhnte sich erst im J. 1339 ganz aus. Seine Macht auf die Städte gründend, befestigte er jedoch den Fürstenhof nicht wieder, sondern war, im Gefühle seines Ansehens, mit dem einfachen Hofe an der St. Georgen-Kirche zufrieden, welchen er um das J. 1356 und späterhin einer seiner Nachfolger Heinrich um das Jahr 1430 weiter ausbauten. Den Platz der zweiten Feste, der Burg Heinrichs des Löwen, in der meklenburger Straße muß er jedoch von der Stadt Wismar wieder erlangt und mit einem Hofe bebaut haben, da dieser in spätern Zeiten, wie eben bemerkt, unter dem Namen des meklenburger Hofes 21) im Besitze der Herzoge vorkommt, wobei zu bemerken ist, daß im 16. und17. Jahrhundert der Fürstenhof an der St. Georgen-Kirche auch oft der meklenburger Hof genannt wird, während dann der eigentliche meklenburger Hof: das Haus in der meklenburger Straße heißt.




12) Vortmehr scholden se ehren heren antwerden de slotele tho einem dore der stadt, - - alse lange, bet he binnen der stadt sinen hof hedde wedder gebuwet, den ehm de van Rostock hadden thobraken.
Rostocker Chronik, S. 11, vgl. Not. 35.
Der Hof stand nicht außerhalb der Stadt, wie v. Lützow II. S. 95 annimmt.
13) Die (slotele van dem meckelborgesken dore) behelt he also lange, beth he twisken der swarten brodere clos Teer vund dem vor geschreuenen
14) Nach den Acten im Großherzogl. Archive. - Schröder kannte noch die Stelle, welche der meklenburgsche Hof genannt ward. Vgl. v. Lützow II, S. 49. - Nach dem handschriftlichen Registrum parochiae St. Mariae fol. LXII lag der meklenburgische Hof in der Parochie St. Marien; es lag z. B. eine Bude: "bode in opposito curie magnopolensis" (Mittheilung des Hrn. Dr. Burmeister zu Wismar).
15) Dieser meklenburger Hof in der meklenburger Straße lag im J. 1644 unmittelbar neben dem" Stadthause des jedesmaligen Syndicus, " zu der Zeit des damaligen Mitburgemeisters Dr. Arnold Bötticher". Nach der Mittheilung des Hrn. Dr. Burmeister ist das Syndicatshaus erst jüngst von dem Magistrate an den Kaufmann Gerte verkauft; hiernach hätte der meklenburger Hof an der Stelle des dem Amtshauptmann Oldenburg gehörenden Hauses, zwischen dem schwarzen Kloster und dem altwismarschen Thore nach der Stadtmauer hin gelegen. Dies ist also wahrscheinlich ein Theil der Stelle des ältesten Schlosses.
16) Wi Albert van der gnade godes ein junchere van Mekelenborch - - bekennen - -, dat wi - -, na rade - - unser vormundere - -, -. - der gantzen statt - tho der Wismer verkoft hebben - - vsen hoff binnen der statt tho der Wismer vor (d. h. an) dem meklenborger dohre - - mit deme torne und mit dem berchvrede.
Urkunde vom 18. März 1329; gleichmäßig lautet der Consens der Vormünder von dem selben Dato.
17) Schon der alte Fürst Heinrich mochte die Macht der Stadt fürchten, als er im J. 1327 einen Theil des fürstlichen Hofes (spacium curiae nostrae in Wismaria) an die Ritter des deutschen Ordens verkaufen wollte, wahrscheinlich zur Erbauung noch einer Feste zu seinem Schutz. Der Magistrat der Stadt brachte den Fürsten jedoch dahin, das den Rittern gegebene Versprechen zurückzunehmen (vgl. Schröders Pap. Mekl. I, S. 1071); nach Beschränkung der fürstlichen Macht erreichten freilich die Ritter während der Vormundschaft des Prinzen Albrecht die Erwerbung eines Hofes, jedoch unter sehr beschränkenden Bedingungen. (Vgl. Schröders Pap. Mekl. I, S. 1100.)
18) Dartho hebben use leue ratmanne us gelaten binnen der stat tho der Wismar, tho ehre unde tho gemake user unde user nakomelinge enen hof, de belegen is bi sunte Juriens kerken uppe deme orde in dat osten, de useme leuen vader hadde thogehort.
Urk. v. 18. März 1329.
Dieser Hof hatte schon früh im 13. Jahrhundert dem Fürsten Heinrich I., dem Pilger gehört; dieser hatte ihn (curiam sitam olim retro cimiterium beati Georgii apud aquam) seinem Bruder, dem Präpositus Nicolaus, geschenkt, welcher ihn im J. 1289 an die Stadt für 50 wend. Mark verkaufte (vgl. Schröders Pap. Mekl. I., S. 797 u. 703). Nach der Urkunde vom 18. März 1329 war der Hof wieder in Besitz des Sohnes Heinrich I., Heinrichs des Löwen , gekommen.
19) Tribunal ward das Schloß während der Zeit der schwedischen Herrschaft in Wismar genannt, weil während derselben das schwedische Obergericht (Tribunal) über die Herrschaft Wismar in dem Schlosse seinen Sitz hatte. Das Gebäude ward im J. 1653 dem Gerichtshofe eingeräumt (vgl. Schröders Beschr. S.284).
20) Indignationem, quam nos caperet (?) de antiquo, - - et specialiter nominatim ex parte destructionis turris et transpositionis curie sue.
Aus dem Wismarschen Rathsbuche.
21) So heißt es:
Anno 1464 don wart des hervestes gegaten de grote klocke (zu St. Nicolai) up dem meklenburger Haue.
Ex Mscr. antiquo in Schröder's Pap. Mekl. S. 2169.
Im J. 1436 verbesserten die Söhne der Herzogin Katharina deren Leibgedinge durch "vnsen hoff tor Wismar nomelken des Mekelenborghes hoff".