Schwerin

Schwerin
II. Das Schloß zu Schwerin.

Ueber die frühesten Bauten am fürstlichen Schlosse zu Schwerin und über die Schicksale desselben sind durchaus keine andere Nachrichten vorhanden, als die bekannten, ganz allgemein gehaltenen: daß der letzte Wendenkönig Niclot im J. 1161 die alte wendische Burg Zuerin bei seinem Rückzuge vor der andringenden sächsischen Macht in Brand steckte 1) und der Herzog Heinrich der Löwe von Braunschweig sie wieder aufbauen ließ und mit der neuen Grafschaft und der Burg Zuerin den ersten Grafen, Guncelin von Hagen, belehnte, dessen Nachkommen, als Grafen von Schwerin, ihren Hauptsitz in der Burg Schwerin hatten. Mit der Erwerbung der Grafschaft verlegte der Herzog Albrecht von Meklenburg in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts seine Residenz nach Schwerin, und seit dieser Zeit ist die Burg oder "Festung Schwerin" (castrum Zuerin) immer Hauptresidenzschloß der Herzoge von Meklenburg geblieben.


Von allen alten gräflichen und herzoglichen Gebäuden des Schlosses aus dem Mittelalter ist aber nichts mehr vorhanden, sondern im Anfange der neuern Geschichte, vorzüglich während des 16. Jahrhunderts, sind an der Stelle der alten Gebäude nach und nach neue aufgeführt, und von der alten Burg der Grafen ist nichts übrig geblieben, als der bloße Name, um so mehr da die Burg im ganzen Mittelalter keine besonderen Schicksale erlebt hat, wie es bei der Fürstenburg von Wismar der Fall ist. So unbestreitbar dieser Ausspruch, schon nach dem Styl der Gebäude, ist, so schwierig wird dem Forscher der Beweis desselben, da über den Bau auch dieses Schlosses nur wenige unbedeutende Actenstücke vorhanden sind und die Geschichte desselben vorzüglich nur aus weit zerstreueten Ueberschriften und Inventarien in Landestheilungs- und Vormundschafts-Acten, aus Rechnungen und Tagebüchern und hunderten von kleinen, zufälligen Vorkommenheiten geschöpft werden kann.

So viel ist aber gewiß, daß im Anfange des 16. Jahrhunderts das Schloß zu Schwerin, wie alle Schlösser des Mittelalters, aus einer großen Menge einzelner Gebäude ("Häuser, Gemächer, Gebäude, Säle, Dornitzen" genannt) bestand, an deren Stelle nach und nach eine geringere Zahl größerer Gebäude getreten ist; dennoch ist durch die vielen Bauten am Schlosse noch jetzt keine Einheit hervorgebracht, vielmehr trägt die "Festung Schwerin" der Anlage nach noch immer etwas von dem Charakter des Mittelalters.

Das Schloß zu Schwerin besteht gegenwärtig aus sieben verschiedenen Haupttheilen oder "Häusern" und "Gebäuden", welche einen innern Schloßhof einschließen 2).




1) Et videns Niclotus virtutem ducis (Henrici) succendit omnia castra sua, videlicet Ilowe, Mikilinburg, Zuerin et Dobin, praecavens obsidionis periculum. - - Dux ergo demolitus omnem terram, coepit aedificare Zuerin et communire castrum. Et imposuit illic nobilem quendam Guncelinum, virum bellicosum, cum militia. Helmold Chron. Slav. I, cap. 87, §. 2 et 7.
2) Zur klarern Ansicht ist ein Grundriß des schweriner Schlosses in Steindruck beigelegt. Die Abtheilungen der folgenden Abhandlung stimmen mit den Buchstabenbezeichnungen auf der Lithographie überein.