Abschnitt 3

Nach seiner Rückkunft aus Schweden reclamirte er sein Eigenthum wiederholt, bis ihm im J. 1581 der Herzog Ulrich die geforderte Entschädigung zuerkannte. - Hiernach ist dieser Johann Baptista Parr wohl ohne Zweifel des Herzogs Johann Albrecht I. Baumeister während dessen neuer Schloßbauten zu Schwerin gewesen. - Vor seinem Abgange nach Schweden bauete er noch das fürstliche Haus zu Fürstenberg, so wie im J. 1570 die alte Kanzel im Dom zu Schwerin, am nordwestlichsten Pfeiler neben der Orgel im Auftrage des Dom-Capitels, dessen Wappen und Inschrift zum Gedächtnisse dieses Kanzelbaues noch an dem Pfeiler steht Ein dritter war der Steinmetz und Baumeister Christoph Parr, Bruder des Johann Baptista Parr und des Franz Parr und Schwiegersohn des Schulrectors Dabercusius zu Schwerin. Dieser stand sicher schon seit dem J. 1558 theils als Steinmetzmeister, theils als Baumeister neben seinem Bruder in des Herzogs Johann Albrecht I. Diensten, indem er im J. 1558 die Pforte am Aufgange zum Schlosse zu Schwerin baute 13), und hatte sich bald nach dem Jahre 1563 auch ein Haus zu Schwerin gekauft. Von 1558 - 1561 arbeitete er auch als "Steinmetz" unter seinem "Bruder Franz" an dem neuen Schloßbau zu Güstrow; in den Jahren 1562 - 1564 wirkte ein anderer "Steinmetz, Hans Strale", am Schloßbau zu Güstrow. Auch er ging ungefähr im J. 1572 aus des Herzogs Diensten, indem ihn im November 1573 dieser "seinen gewesenen Baumeister" nennt. In den J. 1572 und 73 bauete er (der "Baumeister Christoff Pahr") 14) für den Fürsten noch den fürstlichen Kirchenstuhl, der Kanzel gegenüber, das jetzt sogenannte adeliche Chor, im Dome zu Schwerin 15). Diesem Manne wird in den Acten Schläfrigkeit, Langsamkeit und Nachlässigkeit zum Vorwurfe gemacht; allerdings kommt er auch am wenigsten in den Verhandlungen und Rechnungen zum Vorschein 16).

Ohne Zweifel ist es also, daß Johann Baptista Parr der Hauptbaumeister des Herzogs Johann Albrecht I. während der Neubauten desselben zu Schwerin war.


Nach der Entdeckung der Baumeister der fürstlichen Schlösser aus dem 16. Jahrhundert in Meklenburg läßt sich vielleicht auch etwas über den Styl ihrer Bauten sagen.

Die mit den thönernen Ornamenten bekleideten Schlösser zu Wismar und Schwerin (1552 - 1556) sind noch von ächt niederdeutschen oder niederländischen Meistern ausgeführt, und es ließe sich dieser eigenthümliche Styl wohl ein niederdeutscher oder niederländischer nennen, um so mehr, da auch die Ziegelbrenner und andere Arbeiter neben den Maurermeistern Niederländer oder Niederdeutsche waren oder doch niederländische Namen führten. Trotz aller anderer Einflüsse hielt sich dieser Styl dennoch einige Zeit in Meklenburg, indem noch im J. 1570 der Herzog Christoph das Schloß zu Gadebusch in demselben Geschmacke aufführen ließ.

Die Herkunft der Parr ist dunkel. Der Name Parr kommt sehr häufig in Spanien vor und es wäre glaublich, daß die Parr spanisch- niederländische Künstler 17) waren, welche in der nahen Verbindung zwischen Spanien und den Niederlanden nach Deutschland kamen. Die rein hochdeutsche Bildung dieser Männer läßt jedoch schon auf eine deutsche Geburt dieser Männer schließen; aus dem Begehren des Herzogs Johann Albrecht nach dem kurfürstlich-sächsischen Baumeister möchte man freilich annehmen können, daß er auch die Parr aus Sachsen kommen ließ, wie in der Mitte des 16. Jahrhunderts so viele Sachsen nach Meklenburg kamen, wenn nicht die Schreibweise auf eine rheinisch-niederländische Herkunft deutet. Dennoch blieben italiänische Einflüsse nicht ferne. Der Styl der neuern Bauten des 16. Jahrhunderts dürfte daher wohl eher ein deutsch-italiänischer sein; der ausgezeichnete Bau des güstrowschen Schlosses (jetzigen Landarbeitshauses) scheint auch hiefür zu sprechen.

Der italiänische Einfluß auf die neuern Schloßbauten im 16. Jahrhundert zeigt sich schon mit dem Beginne derselben 18).

Jedoch ist es gewiß, daß italiänische Baukünstler noch nicht zu der Zeit im Lande waren, als die Gebäude mit den thönernen Verzierungen zu Wismar und Schwerin aufgeführt wurden.

Der unmittelbare italiänische Einfluß taucht in Meklenburg zuerst auf, als der Herzog Johann Albrecht I. den Plan faßte, die Schlösser zu Dömitz und Schwerin kunstgemäß zu befestigen. Am 25. Januar 1557 empfahl der Herzog Herkules von Ferrara, welcher mit dem Herzoge Johann Albrecht in Briefwechsel stand, einen Baumeister Francesco a Bornau von Brescia (Bressensis). Dieser ward auch alsbald in Dienst genommen und kam mit wenigstens acht welschen Maurergesellen, alle aus Trient (von Trendt), und einem italiänischen Ziegler gegen das Ende des Jahres 1557 nach Meklenburg 19).




13) In den Renterei-Rechnungen heißt es:
1558. "60 Thaler dem Steinhawer auf sein vordinge gebenn, der die Pfortenn machet zu Swerin am 9. Martii".
"30 Thaler dem Steinmetzer auf das vordinge der pfortenn gebenn zu Schwerin am 9. Mai".
"30 Thaler dem Christoff Par steinhawer auf daß thor zu machen geben lassen am 18 Julii".
"20 Thaler dem Steinmetzen so daß thor gemachet auf Rechenschaft gebenn den letzten Octobris".
"20 Thaler dem Steinmetzen, Christoffer Pahr gebenn zu gentzlicher betzalunge seins vordinges mit dem gehawenen thor Swerin den 11 Novembris".
14) Auch der Steinmetz Philipp Brandin ward mit der Zeit "bestallter Baumeister" des Herzogs Ulrich, der ihn dem Könige von Dänemark auf einige Zeit zur Ausführung des Baues zu Nyköping 1590 überließ.
15) Der Contract zwischen dem Herzoge und Christoph Parr ist in der Beilage Nr. 5 und die letzte Abrechnung des Baumeisters in der Beilage Nr. 6 mitgetheilt. Aus dem letztern, von Chr. Parr eigenhändig geschriebenen und untersiegelten Actenstücke geht hervor, daß auch dieser Parr ein rein hochdeutsch gebildeter Mann war.
16) Am 31. Oct. 1581 erhielt Christoph Parr für sich, seine Frau und seine Kinder den siebenten Theil von 250 Thalern Gnadengeld, welche dem verstorbenen Rector Dabercusius und dessen Erben von dem Herzoge verschrieben waren; hierüber quitirt in C. Parrs Abwesenheit sein Schwager M. Bernhard Hederich.
17) Ueber die Herkunft der Parr könnten vielleicht ihre Wappen entscheiden. Joh. Bapt. und Christoph Parr führen 1571 zum Wappen einen quer getheilten Schild, in der obern Hälfte einen rechts schauenden fliegenden Adler, in der untern Hälfte, wie es scheint, drei brennende Herzen oder drei Haubitzen im schräg links gestreiften Felde; über dem Schilde hat jener die Buchstaben I. B. P., dieser C. P. - Franz Parr führt 1558 ein Monogramm aus den verschlungenen Buchstaben F P im Siegel.
18) Italiänischer Einfluß auf die Baukunst scheint sich in einzelnen Aeußerungen jedoch schon in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts in Meklenburg zu zeigen, als nämlich im J. 1534 am Hauptgebäude des Schlosses zu Lübz zwei neue Giebel aufgeführt wurden mit "Erkern nach der neuen welschen Manier", in welchen "nur Ein Stuhl" sollte stehen können.
19) In den Renterei-Rechnungen heißt es:
1557. "200 goltfl. dem welschen Bawmeister geben zur Zerunge vnd damit er das Volk aus Italien bringe, Swerin am 28 Nouembris".