Drittes Kapitel



Urban V. Papst. Krieg wider Bernabò. Rom huldigt dem Papst. Rosso de Ricci Senator 1362. Friede mit Velletri, mit Bernabò. Staatsmännische Tätigkeit des Albornoz. Revision der Statuten Roms. Fortdauer des Regiments der Reformatoren und Banderesi. Die Soldbanden. Ihre Entstehung und Einrichtung. Der Graf von Landau. Hans von Bongard. Albert Sterz. Johann von Habsburg. Johann Hawkwood. Florenz bemüht sich, eine Liga wider diese Banden zu errichten. Vertrag mit der weißen Kompanie. Bemühungen des Kaisers und Papsts zur Ausrottung der Banden. Liga von Florenz, September 1366.


Wilhelm, Sohn Grimoards von Grisac aus Languedoc, ursprünglich Benediktinermönch, dann Professor in Montpellier, Abt von St. Victor in Marseille, niemals Kardinal, wurde der Nachfolger Innocenz' VI. Er befand sich als Nuntius am Hofe der Königin Johanna, deren Gemahl Ludwig gestorben war, als am 28. Oktober 1362 die Wahl auf ihn fiel. Am 6. November bestieg er in Avignon den Heiligen Stuhl als Urban V.

Die Fortsetzung des Kriegs gegen Bernabò war die wichtigste Angelegenheit für den neuen Papst, denn seit Ezzelin hatte die Kirche kein so wütender Feind bedrängt. Er anerkannte den Papst nicht mehr; er zog alle geistlichen Güter ein; er quälte mit ausgesuchten Martern Mönche und Kleriker; er zwang eines Tags einen Priester Parmas, vom hohen Turm herab das Anathem über Innocenz VI. und die Kardinäle auszurufen. Er bedrängte durch seine Kriegsmacht Albornoz aufs äußerste. Innocenz hatte Himmel und Erde wider Bernabò in Bewegung gesetzt und die Fürsten Europas bestürmt, ihm zur Erhaltung des bedrängten Bologna Beistand zu leisten. Jetzt betrieb Urban V. mit gleichem Eifer und mehr Geschick den Kreuzzug gegen den Tyrannen, welchen er als Ketzer gebannt hatte.

Die Römer eilten, dem neuen Papst das Dominium ihrer Stadt zu übertragen, und er anerkannte ihre demokratische Verfassung, welche unverändert blieb. Seit dem November 1362 war Rosso de Ricci aus Florenz Senator, ein Mann, streng und gerecht, der trotzige Barone auf dem Kapitol aufknüpfen ließ und eine Empörung des Adels unterdrückte. Nach Ablauf seines Amts sandten ihn die Römer mit einem ehrenvollen Zeugnis nach Florenz. Diesen Brief vom 30. Mai 1363 unterzeichneten neben den sieben Reformatoren auch die Banderesi und die vier Vorsteher der Armbrustschützen und Schildträger, woraus folgt, daß die Bannerführer bestimmt schon um diese Zeit zum hohen Rate zugezogen waren.

Rom blieb ruhig, aber im Landgebiet war der Adel, namentlich das Haus Orsini, im Aufstande. Diese Barone riefen jetzt die Bande des Annichino herbei, welche von Toskana her bis vor die Stadt streifte. Um so heftiger begehrte man die Rückkehr des Papsts. Eine feierliche Gesandtschaft lud Urban V. im Frühjahr 1363 nach Rom ein; er vertröstete die Römer, wie seine Vorgänger es getan hatten.

Guelfo de Pulgiensibus von Prato und Bonifatius de Riccardis aus Pistoja waren hintereinander Senatoren noch im Jahre 1363. Im Herbst des folgenden vermittelte Albornoz den Frieden mit Velletri, wozu der Papst dringend ermahnte; denn in ganz Italien, so schrieb er den Römern, ruhen die Waffen mit alleiniger Ausnahme dieses einen Kriegs. In der Tat genoß das Land einer Ruhepause, weil der Kampf zwischen der Kirche und Bernabò am 13. März 1364, unter Vermittlung des Kaisers und der Könige von Frankreich und Ungarn, durch einen Frieden beendigt worden war, wonach der Visconti auf Bologna verzichtete und 500 000 Goldgulden Entschädigung erhielt. Albornoz, dem die Erhaltung jener Stadt, des Kleinods in der Krone St. Peters, nach heißen Anstrengungen geglückt war, kam, von seinen Neidern verdächtigt, um seine Rückberufung nach Avignon ein. Es mußte ihn kränken, daß der Kardinal Ardoin, welchen der Papst zum Abschluß jenes Friedens nach Bologna geschickt hatte und den er selbst als untüchtig mißachtete, nun doch seine Stelle als Legat einnahm. Seine Aufgabe war vollendet; er konnte auf seinen Lorbeeren ruhen; indes der Papst beschwichtigte seinen Mißmut und drang in ihn, noch in Italien als Legat für Neapel zu verbleiben.

Der große Staatsmann widmete seinen Eifer der Gesetzgebung im Kirchenstaat, die er gleichförmig einzurichten suchte. In diese Zeit gehört auch die Reform der römischen Statuten, welche im Jahre 1363 in einen städtischen Codex zusammengefaßt wurden. Albornoz bestätigte die Verfassung, wodurch der Adel von den Staatsämtern ausgeschlossen blieb. Die volksmäßige Obrigkeit der Reformatoren und Banderesi dauerte fort, entweder neben dem fremden Senator, oder, wie im Jahre 1365, ohne ihn regierend. Am Ende 1364 war Franciscus Ugolini de Archipresbiteris, Ritter von Perugia, Senator, aber während des folgenden Jahrs verwalteten nur die sieben Reformatoren den Senat. Dies geschah ohne Frage mit Zustimmung des Legaten, und nur unter dieser Bedingung mochte das römische Volk den Frieden mit Velletri angenommen haben. Die Zünfte wollten überhaupt den Senator ganz entfernen, dessen Erhaltung der Stadt zur Last fiel; indes sie setzten diese Absicht nicht durch. Johannes de Rodio von Aquila wurde für das erste Halbjahr 1366 berufen; ihm folgten sodann wieder die Reformatoren; dann ward im Herbst 1366 Bindus de Bardis aus Florenz Senator. Aus solchem Wechsel ist nicht immer auf Umwälzungen zu schließen. Die Reformatoren und die Häupter der Schützengilde bildeten vielmehr eine dauernde Behörde, welche das Regiment allein versah, so oft der Senator abgetreten oder noch nicht ernannt war. In dieser Epoche war die anarchische Adelsregierung und der Kampf der Faktionen vollkommen beseitigt, so daß Rom nur selten eine gleiche Ordnung genossen hatte. Die Errichtung der Schützenmiliz war heilsam; sie machte die Stadt gegen die Soldbanden widerstandsfähig, doch sie bewahrte die römischen Landschaften nicht vor Brandschatzung durch diese immer furchtbarer werdenden Freibeuter.

Seit der Mitte des XIV. Jahrhunderts nahm das wandernde Soldatentum immer mehr überhand. Das vom englischen Krieg aufgelöste Frankreich und das zerrissene Italien waren dafür die naturgemäßen Schauplätze. Die Geschichtschreiber jener Zeit konnten nicht begreifen, woher es kam, daß so viele Herren von altem Adel, so viel tapfere Krieger sich frevelvollen Räuberbanden anschlossen, noch es fassen, daß diese Kompanien wie über Nacht immer neu emporwuchsen und die schönsten Länder ungestraft durchziehen durften. Sie erklärten dies Symptom einer Krankheit im Körper der Gesellschaft selbst, aus dem Einfluß von Planeten oder als Strafgericht des Himmels. Die damalige Welt, worin die großen Ordnungen des Mittelalters, Reich, Kirche, Lehnsmonarchie, Rittertum, patrizisches Städtewesen, verfielen, war in Auflösung und suchte eine neue soziale Form. Die Söldnerbanden waren das Proletariat jener aus ihren Fugen gehenden europäischen Gesellschaft. Das Rittertum, einst der glänzende Verein, worin Manneskraft und Sitte gesetzmäßige Formen fanden, war durch die steigende Bildung und den Wohlstand des Bürgertums überwältigt; der Geist entwich aus ihm, und es wurde zum fahrenden Glücksritterwesen. Dasselbe Bürgertum verdrängte den Erbadel aus den Republiken; daraus folgte, daß die müßigen Edlen im Soldatenhandwerk Beschäftigung suchten und fortan als Condottieri auftraten, wie selbst die Colonna, Orsini und Savelli von Rom. Der Sturz der Aristokratie, des konservativen, auf erblichem Grundbesitz ruhenden Standes, war zugleich eine wesentliche Ursache zur Auflösung der alten Kommunalverfassung. Denn er beraubte die Gemeinden des Geistes ritterlicher Ehre und der kriegerischen Kraft, deren Verlust durch den arbeitenden, auf dem beweglichen Kapital beruhenden Bürgerstand nicht ersetzt werden konnte. Seit Rom und Florenz die Edlen ausgestoßen hatten, wurde die Wehrkraft beider Republiken immer geringer. Industrie und Wohlstand machten die Bürger untüchtig zur Verteidigung; sie mieteten Söldner wie die Gemeinden in antiker Zeit, als Hellas verfiel. Tyrannen warfen sich mit Hilfe derselben Söldner zu Herren auf. So wurde überall ein gesetzloses Wesen von Faustrecht und Willkür erzeugt. Während nun die Staaten kraftlos darniederlagen, schloß sich die Gesellschaft zum Angriff wie zur Abwehr in Bündnisse zusammen. Die Assoziation ward herrschend, im guten wie im schlimmen Sinn. Dasselbe Mittel bot Verderben und Heil. Dies ist das Zeitalter der Ligen politischer und sozialer Art, der Waffenbrüderschaften, der Ritterbündnisse, der Städtebünde, der Konfraternitäten in jeder Richtung und in jedem Lande Europas.

Dies Wesen begann in dem erschöpften Deutschland seit Heinrich VII., in Italien seit dem Exil des Papsttums und dem Falle der neapolitanischen Monarchie; in Frankreich durch den Erbfolgekrieg mit England, welcher den Staat Philipps des Schönen beinahe auflöste. Auf Grund seiner Verbindung mit der ganzen Welt wurde namentlich Italien der Tummelplatz für die Soldknechte aller Nationen. Die Söldner aus Navarra und Frankreich, die dort durch den Krieg hingezogenen Engländer, die Deutschen, welche durch die Beziehungen des Reichs stets mit Italien zu tun hatten, die Polen und Böhmen, die Karl IV. mit sich brachte, die Ungarn, welche durch das Haus Anjou nach Italien kamen, strömten massenweise herein, zumal wenn ein Friedensschluß sie dienstlos machte. Denn stehende Heere gab es nirgends. Die Kriege der Kirche wider die Visconti, die Kämpfe zwischen Montferrat und Mailand, zwischen Siena und Perugia, Pisa und Florenz boten den Soldbanden immer neue Nahrung. Denn jeder Herr und jede Stadt begehrte sie. Sie selbst waren wandernde Militärstaaten, bewunderungswürdig gut eingerichtet. Den Anführer dieser ganz in Eisen gepanzerten Barbuten (wie sie von ihren Helmen hießen) umgab ein Rat von vier Kapitänen für die Reiter (cavalieri) und von ebenso vielen für die Fußgänger (masnadieri). Wichtige Angelegenheiten wurden außerdem nach republikanischer Weise dem Parlament aller Korporale vorgelegt. Konstabeln, Marschälle, Korporale bildeten nämlich verschiedene Grade in diesem Soldatenbunde je nach den Bandieren oder Squadren, in welche die Kompanie geteilt war. Es gab Richter und Notare und Schatzmeister, welche Beute und Sold auszahlten und die Finanzen verwalteten. Ein Schwarm von Weibern, fortgeschleppte Nonnen und willige Lustdirnen begleiteten diese Banden, denen entsetzte Flucht voraufzog und Hunger und Pest nachfolgten. Ihr buntes Lager war ein Markt, wo die Beute von Klöstern und Städten an Händlerschwärme verkauft ward, während große Banken Italiens in Geschäftsverbindung mit den Hauptleuten standen, welche ihren Raub bei ihnen verzinsten. Die Kompanien unterhandelten mit Fürsten und Republiken in diplomatischen Formen, als Gleiche mit Gleichen. Sie empfingen deren Abgesandte in dem kleinen Kriegsrat oder im großen Parlament; sie schickten Prokuratoren und Redner zu den Staaten; sie erhielten und stellten Vertragsurkunden aus, welche jeder Hauptmann mit seinem Siegel von Blei oder von rotem Wachs versah. Der Kern aller Unterhandlungen war freilich einfach nur Erpressung von Geld. Als der Kardinal Albornoz den Grafen von Landau durch Abgesandte aufforderte, den Kirchenstaat zu räumen, antwortete dieser Bandenführer mit schamloser Aufrichtigkeit: „Meine Herren, unsere Weise, in Italien zu leben, ist allgemein bekannt. Rauben, Plündern, die Widerstrebenden niedermachen, das ist so unsere Gewohnheit. Unsere Einkünfte stehen auf Hypothek in den Provinzen, die wir überziehen. Die ihr Leben lieb haben, erkaufen von uns Frieden und Ruhe mit starken Kontributionen. Wenn also der Herr Legat mit uns in Eintracht bleiben und allen diesen Städten die Ruhe sichern will, so mag er tun, was alle Welt tut, das heißt zahlen, zahlen! Bringt schnell diese Antwort eurem Herrn, denn ich stehe nicht dafür, daß euren hochwürdigen Personen nicht etwas Unschickliches widerfährt, wenn ich euch noch nach einer Stunde hier anwesend finden sollte.“ Der große Kardinal tat mit Erröten mehrmals, was alle Welt tat; er kaufte den Räuber ab.

Während die Kompanie Landaus in Blüte stand, wurde die Soldbande eines andern deutschen Abenteurers, Hans von Bongard, welchen die Italiener Annichino nannten, nicht minder furchtbar. Zu gleicher Zeit traten auch Engländer in Italien auf; denn Johann von Montferrat zog im Jahre 1361 wider Galeazzo Visconti aus der Provence „die weiße Kompanie“ herbei, welcher der Papst selbst Geld gab, um sie loszuwerden und nach Italien abziehen zu lassen. Sie brachte dorthin neben tausend Greueln auch die Pest mit sich. Die weiße Bande bestand aus Engländern, Gascognern und Deutschen unter dem Befehl des Albert Sterz, mit dem sich bald darauf sogar der Herzog Otto von Braunschweig im Dienst desselben Markgrafen vereinigte. Auch ein Habsburger, Graf Johann, trat im Jahre 1364 als Bandenführer in Italien auf, wo er neben Ambrosio Visconti, dem Bastard Bernabòs, die Kompanie St. Georg führte. Von nah und fern riefen der Papst, die Legaten, Fürsten und Städte Italiens fremde Söldner in dies unglückliche Land. Selbst Albornoz war nach Ungarn geeilt, um vom Könige Ludwig Soldknechte zu holen, und unablässig wurde Karl IV. darum bestürmt. Im Jahr 1364 warf sich der Engländer John Hawkwood, „der Falk im Busch“, welcher mit Sterz nach Italien gekommen war, zum Führer der englischen Kompanie auf. Zuerst nahmen ihn die Pisaner in Sold, dann wurde er der berühmteste aller Bandenkapitäne und der langjährige Freund der Stadt Florenz. Diese Republik verweigerte Dante ein Grab, aber sie errichtete jenem Räuber ein ehrenvolles Monument in ihrem Dom.

Ohne Städte und Land zu besitzen, waren die Freibeuterkompanien bereits mächtiger als die kleinen italienischen Staaten, und das Schicksal des Landes lag in ihrer Hand. Nur ihre unnationale Zusammensetzung hinderte sie daran, die Herrschaft Italiens wirklich zu ergreifen, wie das von Söldnern in der Zeit Odoakers geschehen war. Ihr glänzendes Vorbild war die älteste Soldatenbande politischer Natur, jene große Kompanie der Katalanen, welche Roger de Flor nach Byzanz geführt und die dann im Jahre 1311 das Herzogtum Athen erobert hatte. Florenz hatte schon im Jahre 1349 versucht, einen Bund wider jene Freibeuter zu errichten. Unablässig war dafür Albornoz bemüht gewesen, aber erst nach dem Frieden mit Bernabò vermochte der Papst kräftigere Maßregeln zu ergreifen. Am 15. September 1364 forderte Urban V. Florenz, Pisa und alle Kommunen Italiens auf, sich zur Vertreibung der Banden zu einigen. Die allgemeine Gefahr bot den Italienern wiederum Gelegenheit, sich zu einer Eidgenossenschaft zusammenzuschließen; doch Parteileidenschaft und Schwäche ließen es dazu nicht kommen. Was geschah, waren nur vereinzelte Versuche der Rettung. Um die weiße Kompanie unschädlich zu machen und ihre Verbindung mit der Bande vom Stern zu hindern, schlossen Albornoz und die Königin Johanna im Januar 1365 einen Soldvertrag mit jener Kompanie, welche 5000 Reiter und 1000 Fußknechte stark unter dem Befehl des Ritters Hugo Mortimer stand. Sie verpflichtete sich, für 160 000 Goldgulden der Kirche und Neapel sechs Monate lang gegen alle Feinde, namentlich Annichino, zu dienen, sodann aber in fünf Jahren den Kirchenstaat und das Königreich zu verschonen. Der Vertrag hatte nur einen halben Erfolg. Annichino stand mit 10 000 Mann in Tuszien, wo er im März 1365 Vetralla nahm. Rom zitterte vor ihm. Die weiße Kompanie, welche Gomez Garcia, der Nepot des Kardinals, als Generalkapitän der Kirche und Neapels führen sollte, zeigte sich widerspenstig. Gomez verließ heimlich ihr Lager und ging nach Orvieto. Die Engländer setzten ihm nach. Wenn sie sich mit Annichino verbunden hätten, so würde es um den Kirchenstaat geschehen sein. Aber Gomez hatte sich mit jenem bereits verständigt, und Annichino ereilte die Engländer bei Perugia, wo er sie aufs Haupt schlug. Diese Vorgänge lehren, wie heillos der damalige Zustand Italiens war.

Im Mai desselben Jahrs war der Kaiser nach Avignon gekommen und hatte hier mit dem Papst einen Plan zur Ausrottung der Banden gefaßt. Man wollte sie aus Frankreich und Italien entfernen, indem man sie gegen die Türken ziehen ließ. Der Papst trug Albornoz auf, sie dazu zu überreden; aber die Soldkapitäne lachten den Kaiser und den Papst aus. Während des Winters setzte sich die Kompanie Annichinos in Sutri fest und verheerte mit Feuer und Schwert die Sabina und Tuszien. Im folgenden Jahr erlitt die Campagna das gleiche Schicksal durch die Bande Hawkwoods, welche von Neapel über den Liris drang. Römische Gesandte beschworen den Papst, zurückzukehren und die Hauptstadt der Christenheit vor dem Untergange zu retten. Urban V. erließ am 13. April 1366 eine Bannbulle wider die Kompanien, den Auswurf aller Nationen, welche im Begriff seien, die Kirche, die Könige und Fürsten aus ihren Ländern zu verdrängen und darin ihren bleibenden Sitz zu nehmen. Er forderte die Soldkapitäne auf, innerhalb bestimmter Frist ihre Banden aufzulösen und die besetzten Städte herauszugeben; er verbot allen Fürsten und Republiken, sie in Dienst zu nehmen, und allen Herren und Gemeinen, unter ihren Fahnen zu dienen. Er erklärte alle Mitglieder einer Kompanie bis ins vierte Glied für infam. Er rief in Verzweiflung den Kaiser, die Fürsten und Bischöfe, die Städte und Völker der Welt auf, sich zur Ausrottung der furchtbaren Horden zu verbünden und verhieß dafür vollkommene Absolution.

Die Bulle wurde von allen Kanzeln Italiens verlesen, und die Bandenführer antworteten ihr hohnlachend mit neuen Freveltaten. Die Glücksritter wußten, daß ihre Macht viel zu groß war, um durch einen Bannstrahl erschüttert zu werden, und daß ihr Dienst von Tyrannen und Republiken, ja von der Kirche selbst nicht mehr entbehrt werden konnte. Sie fürchteten kaum die Liga, welche der Papst vereinigte; denn sie kannten zu gut die Keime des Zerfalls, die jedes Bündnis dieser Art in sich trug. Am 19. September 1366 wurde die italienische Liga auf einem Städtekongreß zu Florenz abgeschlossen, unter dem Vorsitz päpstlicher Legaten. Sie umfaßte den Kirchenstaat, Neapel und Toskana; auch das römische Volk, welches noch keine Gesandten geschickt hatte, sollte eintreten. Aber dieser Bund löste sich schon im Dezember 1367 auf, weil das eifersüchtige Florenz gegen den Beitritt des Kaisers Einspruch erhob.