Zweites Kapitel



Kämpfe in Rom um die Senatorwahl. Johann Savelli und Annibaldo Annibaldi Senatoren 1261. Die Guelfen stellen Richard von Cornwall, die Ghibellinen Manfred zum Senator auf. Karl von Anjou Kandidat der Senatswahl. Urban IV. trägt ihm Sizilien an. Unterhandlungen wegen des Senats. Gaucelin und Gantelmi erste Prosenatoren Karls. Krieg der Guelfen und Ghibellinen in Römisch–Tuszien. Petrus von Vico. Manfreds Absichten wider Rom vereitelt. Petrus von Vico aus Rom zurückgeschlagen. Urban IV. stirbt 1264.


Man stritt damals um die Wahl des Senators. Auf Napoleon Orsini und Richard Annibaldi waren nämlich Johann Savelli und Annibaldo Annibaldi, ein Neffe Alexanders IV., im Senat gefolgt; nach ihrem Abgange um Ostern 1261 war es zu einem heftigen Wahlstreit gekommen, welcher jenen Papst nach Viterbo getrieben hatte. Guelfen und Ghibellinen spalteten damals die Stadt mit solcher Entschiedenheit, daß sich dies Parteiwesen seither dauernd befestigte. Jene wählten kurz vor dem Tode Alexanders Richard von Cornwall, den gekrönten König der Römer, zum Senator auf Lebenszeit, nachdem ihm der englische Kardinal Johann von S. Lorenzo ihre Stimmen erkauft hatte. Dagegen riefen die andern Manfred zum Senator aus. Es war das erstemal, daß die Römer ihre so eifersüchtig gehütete Senatsgewalt einem fremden königlichen Herrn übertrugen: ein Zeugnis vom Verfall des demokratischen Sinnes unter ihnen. Der Geist der Freiheit hatte mit Brancaleone von Rom Abschied genommen, denn dieser edle Mann war der letzte wahrhafte Republikaner auf dem Kapitol. Der Unabhängigkeitssinn und die Größe aller aus ihm fließenden Bürgertugend sank damals auch in den andern Kommunen; die heroische Kraft, die ihnen der Freiheitskampf wider die Hohenstaufen verliehen hatte, verschwand mit der äußeren Gefahr; die erschöpften Gemeinden schwankten zwischen Plebejerregiment und Tyrannis, und sie näherten sich offenbar dem monarchischen Prinzip.

Indem die Römer, zu schwach, um sich wider den Papst zu behaupten, Fürsten zu ihren Senatoren erwählten, waren sie der Ansicht, daß ein königlicher Senator ihre eigene Freiheit gegen die Ansprüche des Heiligen Stuhles nachdrücklicher verteidigen werde, als irgendein anderer Podestà das zu tun vermochte. Manfred machte ihnen Hoffnung dazu, denn er bestritt die Richtergewalt des Papsts über das Reich, welche jenem die beiden Kronprätendenten willig einräumten.

Der geistvolle König stand auf der Höhe seines Glücks, dessen flüchtige Gunst er im Glanze seines heitern, von den Musen geschmückten Hofes in Sizilien und Apulien genoß. Sein Einfluß reichte bis nach Piemont. Mächtige Könige waren ihm freund. Nach dem Tode seiner Gemahlin Beatrix hatte er sich im Juni 1259 mit Helena, der Tochter des Despoten von Epirus, Michael Angelus Dukas, vermählt, und seine eigene Tochter Konstanze vermählte er im Jahre 1262 mit Peter von Aragon, dem Sohne des Königs Jakob, trotz des Einspruchs des Papsts, welcher die Nemesis zu ahnen schien, die sich einst aus dieser Ehe erheben sollte, den Fall der Hohenstaufen zu rächen. Seine Wahl zum Senator mußte für Manfred die höchste Wichtigkeit haben. Was konnte ihm erwünschter sein, als neben den Städten Toskanas auch Rom in seiner Gewalt zu wissen? Hier nun stritten Guelfen und Ghibellinen um Richard oder Manfred, während sich der Papst bemühte, beide Prätendenten zu beseitigen; und wirklich gelang es Urban IV., den Parteikampf zu schlichten. Die Ruhe in der Stadt schien hergestellt; denn das Volk hatte die Regierung in die Hände von Vertrauensmännern niedergelegt, mit der Vollmacht, eine endgültige Senatorwahl zu treffen. Dieser Ausschuß von Konservatoren der Republik stand an der Spitze der städtischen Gewalt länger als ein Jahr. Als nun das Volk dem Provisorium ein Ende zu machen und einem von beiden, Richard oder Manfred, den Senat zu geben verlangte, erhoben sich die Parteien von neuem zum Bürgerkrieg. Eine gemäßigte Faktion machte den Vorschlag, Peter von Aragon, Manfreds Schwiegersohn, zu wählen, und die Guelfen ließen den entfernten Richard fallen, um ihre Stimmen auf den nahen Karl von Anjou zu vereinigen.

Die Wahl dieses französischen Fürsten erhielt eine geschichtliche Wichtigkeit. Denn Urban IV. stand mit ihm bereits in Unterhandlung, die Krone Siziliens ihm zu übertragen. Dies Königreich oder vielmehr das sizilianische Volk, welchem die Päpste so viel von Freiheit und Unabhängigkeit redeten, war von ihnen seit Jahren wie eine willenlose Herde an den Mindestfordernden ausgeboten worden. Heinrich III. von England hatte das Anerbieten für seinen Sohn angenommen; es schien demnach, als sollten die Normannen nach dem Falle ihrer Dynastie auf einem weiten Umwege über England dorthin zurückkehren. Aber die unablässigen Kriege mit den Baronen seines Landes, denen er die Verfassung gebrochen hatte, die Weigerung der englischen Kirche, sich weiter besteuern zu lassen, die Entfernung und die Unsicherheit des Unternehmens hinderten Heinrich an der Erfüllung seiner Zusagen. Der junge Edmund blieb in Britannien nur ein Pergamentkönig, der die Ruhe Manfreds nicht störte. Urban IV. beschloß daher, einen andern Prätendenten ins Feld zu stellen, einen kriegsberühmten Fürsten aus dem streng katholischen Frankreich. Dies war eben Karl, der jüngste Bruder Ludwigs IX., Graf von Anjou und Maine, Herr der Provence und von Forcalquier, welche beide Länder er nach dem Tode des letzten Grafen der Provence, Raimund Berengars IV., als Mitgift von dessen Tochter Beatrix erworben hatte. Schon Innocenz IV. hatte ihm Sizilien, angetragen, aber dieser Handel war am Widerspruche Frankreichs gescheitert. Der Franzose Urban IV. nahm ihn auf, als infolge der Schlacht an der Arbia Manfreds Macht so hoch gewachsen war; er schickte im Jahre 1262 einen Unterhändler nach Frankreich, und Karl griff schnell nach der ihm dargebotenen Krone. Eigene Begier und der Ehrgeiz seines Weibes trieben ihn; Beatrix konnte es nicht länger ertragen, ihren drei Schwestern, Königinnen, im Range nachstehen zu müssen, denn Margareta war die Gemahlin Ludwigs IX., Eleonore Heinrichs III., Sancia die Gemahlin Richards von Cornwall. Es gereicht Ludwig dein Heiligen zu einiger Ehre, daß er seine Zustimmung zur Eroberung Siziliens durch seinen Bruder nicht geben wollte, weil sie fremde Rechte verletzte; jedoch seine Einsprüche wurden durch den Papst beseitigt, welcher ihm vorstellte, daß der Besitz Siziliens der Weg zum Orient sei.

Urban IV. erklärte am 28. Juni 1263 den Vertrag mit Edmund für erloschen; zwar sträubte sich Heinrich III., seinen Ansprüchen auf Sizilien zu entsagen, für welches England nutzlos sein Vermögen geopfert hatte, aber der König, wie auch Richard von Cornwall, war damals in der Haft des Grafen Simon von Leicester und Montfort; er fügte sich endlich in den Verzicht. Urban unterhandelte mit Karl über die Bedingungen des Lehnsvertrags, während der Graf ohne Wissen des Papsts seine Wahl zum Senator in Rom betreiben ließ. Das geschah am Anfange des August 1263. Wenn die Italiener Urban IV. anklagen, daß er eine fremde Dynastie nach Italien zog, so trifft diese Schuld mit noch mehr Recht die ganze guelfische Partei ihres Landes, welche von dem nationalen Prinzip abgewichen war. Die Guelfen und die Päpste, in deren verengtem Sinn nichts mehr von dem großen Geiste Alexanders und Innocenz' III. lebte, öffneten Italien wiederum einem ausländischen Herrn. Er kam voll Begier, und mit seinem Siege erlosch der nationale Gedanke und ging auch die Größe des alten Papsttums unter.

Die Römer achteten übrigens auf die Rechte ihrer fortdauernd im Exil lebenden Päpste so wenig, daß sie Urban die Wahl ihres neuen Senators entweder gar nicht oder erst dann anzeigten, als er sie durch das Gerücht längst erfahren hatte. Er lebte in Orvieto und war mit Rom zerfallen. Die dortigen Banken hatten noch große Summen von der verschuldeten Kirche zu fordern, die nicht bezahlt werden konnten; wenn sich Urban im Lateran gezeigt hätte, so würde er von den Schwärmen der Gläubiger und von wütenden Ghibellinen zugleich verfolgt worden sein. Er besaß in Rom tatsächlich keine Zivilgewalt mehr, und auch die Investitur des Senats hatte der Heilige Stuhl seit Brancaleones Zeit verloren. Die unerwartete Wahl Karls zum Senator fiel nun mitten in die Unterhandlungen über die Belehnung Siziliens und machte Urban bestürzt. Die künftige Verbindung der senatorischen Gewalt mit der Krone Siziliens in der Person eines ehrgeizigen Fürsten drohte der Unabhängigkeit des Papsts ernste Gefahr. Er fürchtete aus der Szylla in die Charybdis, aus dem Joch der Schwaben in die Tyrannei der Provençalen zu fallen; kurz, die Oberherrlichkeit über Rom stand auf dem Spiel.

Unter die ersten Bedingungen, welche dem Grafen von Anjou in betreff Siziliens gemacht wurden, war bereits der Artikel aufgenommen worden, daß er weder in Rom noch sonstwo im Kirchenstaat die Gewalt eines Senators oder Podestà annehmen dürfe; doch Urban sah sich gezwungen, dies umzustoßen und Karl die Annahme der Senatorwürde sogar dringend anzuraten. Wenn er sie ausschlug, so fiel sie wahrscheinlich auf Manfreds Schwiegersohn, und das würde die Eroberung des Königreichs gehindert haben, während der Besitz Roms für Karl der erste sichere Schritt dazu war. Nach langen Beratungen mit den Kardinälen trug daher Urban seinem Legaten auf, dem Grafen dies vorzustellen, aber ihm die Annahme des Senats auf Lebenszeit zu verweigern. Er befahl ihm, sich diplomatischer Kunstgriffe zu bedienen, die ihn als einen Mann darstellten, der mit Eiden spielte. Wenn Karl den Römern zugeschworen hatte, zeitlebens ihr Senator zu sein, so sollte der Legat ihn dieses Eides entbinden und heimlich zu einem andern verpflichten, den Senat nur zeitweise nach dem Ermessen des Papsts zu führen. Die Beschränkung der Senatsdauer erschien ihm so wichtig, daß er davon selbst die Belehnung mit Sizilien abhängig machte. Er schickte einen der erfahrensten Kardinäle, Simon von St. Caecilia, nach Frankreich, gab ihm zwei verschiedene Vertragsformeln mit und befahl ihm, Karl zur Annahme der am wenigsten gefährlichen zu bewegen. Nach der ersten sollte der Graf den Senat auf fünf Jahre annehmen; eroberte er in dieser Zeit Sizilien, von ihm sofort abtreten, bei Strafe des Banns und des Verlustes seiner Rechte auf dieses Königreich. Nach der zweiten Formel sollte er versprechen, den Römern die Annahme des Senats nur für eine ihm beliebige Zeit zuzusagen, und dann dem Papste schwören, höchstens fünf Jahre oder so lange, als bestimmt würde, Senator zu sein. Bestünden die Römer auf der lebenslänglichen Amtsdauer, so sollte er versprechen, nach der Eroberung Siziliens, oder wenn diese als unmöglich erkannt werde, den Senat in die Hände des Papsts niederzulegen, sobald er es verlange; in jedem Falle dafür sorgen, daß die Herrschaft über Rom wieder an den Heiligen Stuhl zurückkehre. Die päpstliche Vorschrift befahl dem Legaten, im Falle der Weigerung Karls die Rechte der Kirche auf den Senat feierlich zu verwahren, die Unterhandlungen wegen Siziliens abzubrechen und heimzukehren.

Urbans Verlegenheit war groß. Sizilien, für die Kaiser wie für die Päpste gleich verhängnisvoll, hatte der Kirche schon seit den Tagen Leos IX. häufige Demütigungen und quälende Sorgen gebracht. Der oberherrliche Besitz dieses Landes, in welchem die Päpste die Grundlage ihrer weltlichen Unabhängigkeit gesehen hatten, war die Quelle schrecklicher Kriege mit dem Reich geworden, und sie selbst waren zu dem Geständnis gezwungen, daß sie eine politische Herrschaft begehrten, ohne die Kraft zu haben, sie auch nur ein Jahr lang zu behaupten. Es war ein Seufzer aus tiefster Seele, wenn Urban IV. ausrief: Jeremias sagt, alles Übel werde vom Norden herkommen, aber ich erkenne, daß es für uns aus Sizilien kommt. Er hatte indes die Angelegenheit des Senats mit der Belehnung dieses Königreichs geschickt verbunden; dies zwang Karl, der lebenslänglichen Senatsdauer zu entsagen und auf die Vorstellung des Königs von Frankreich sich den Bedingungen Urbans zu unterwerfen.

Aus den Briefen des Papsts geht hervor, daß die Römer und Karl ihn über ihre eigenen Verhandlungen im Dunkel ließen. Die römischen Guelfen hatten den Grafen zum Dominus und Signor der Stadt wirklich auf Lebenszeit ernannt. Die Verschwendung ihrer Freiheit an einen ihnen unbekannten, um sie unverdienten Herrn erregte selbst die Verachtung guelfisch gesinnter Zeitgenossen: denn dies war ein Zeugnis, daß Rom fortan unwürdig sei, frei zu sein.

Nachdem nun der Graf von Anjou die Vorschläge des Kardinals Simon angenommen und versprochen hatte, zur Michaelizeit des Jahrs 1264 in Rom zu sein, schickte er als seinen Vikar im Senat Jakob Gaucelin mit provençalischen Rittern nach der Stadt. Gaucelin nahm am Anfange des Mai 1264 Besitz von der kapitolischen Burg im Namen Karls, starb jedoch bald darauf, und ihm folgte Jakob Gantelmi im Amt des Prosenators. Der französische Prinz trat demnach zuerst im Kapitol als Prätendent gegen Manfred auf, um ihn dann auch vom Throne Siziliens zu verdrängen.

Manfred hatte mehrmals Unterhandlungen mit Urban versucht und sah jetzt mit Besorgnis einen fremden, vom Papst berufenen Gegner in Rom festen Fuß fassen. Hier waren die Ghibellinen verjagt worden, ehe noch der Vikar Karls erschien. Sie sammelten sich in Tuszien um den Prokonsul Petrus von Vico, einen im Präfektenland mächtigen Herrn, den eifrigsten Anhänger Manfreds und dessen Vikar im Senat. Die Guelfen ihrerseits stellten sich unter das Banner Pandulfs, des Grafen von Anguillara am See von Bracciano. Beide Parteien lagen täglich im Krieg um die tuszischen Kastelle. Petrus von Vico, welchem Jordan von Anglano Truppen geschickt hatte, vermochte sogar die Stadt Sutri zu erobern, woraus ihn jedoch Karls Vikar Gantelmi wieder verjagte. Dieser Prosenator belagerte ihn am Ende des Mai im Schloß Vico; aber Zwiespalt und Furcht vor einem Entsatz durch Manfred hemmten ihn, und die römischen Milizen kehrten schon am Anfang Juni 1264 in die Stadt zurück, wodurch Petrus befreit ward. Als nun Manfred dessen gewiß war, daß Karl von Anjou bald auf dem Schauplatz erscheinen werde, beschloß er, gegen Rom zu ziehen und zugleich mit den Ghibellinen vereint einen Schlag gegen den Papst in Orvieto zu wagen. Von den Marken her, von Toskana, von Kampanien herauf, wo er selbst am Liris lagerte, sollte eine große Unternehmung im Kirchenstaat ausgeführt werden. Aber Mißgeschick schwächte die Kraft Manfreds seit einiger Zeit. Die Hoffnung, sich mit dem Papst noch zu vertragen, lähmte zuerst seine Tätigkeit, und trotz der günstigen Verhältnisse in Toskana, wo auch Lucca den Ghibellinen die Tore geöffnet hatte, fehlte allen seinen Handlungen Einheit und Kraft. Statt sich kühn nach Rom den Weg zu bahnen, stand er von seinem Marsche ab, als ihm die römische Campagna den Durchzug verweigerte. Latium war damals guelfisch gesinnt; der Papst hatte dort allen Baronen und Bischöfen Befehl gegeben, ihr Land abzusperren; kein Kastell durfte an Nichteingesessene verliehen und sogar keine Ehe zwischen Bewohnern der Campagna und Untertanen des Königs geschlossen werden. Manfred kehrte im Sommer nach Apulien zurück; er hatte zwar zum Entsatze Vicos und gegen Rom seinen Hauptmann Percival Doria mit Truppen abgeschickt, welche sich durch die Abruzzen den Weg ins Römische bahnten, doch dieser General konnte weder das jetzt der Stadt gehorsame Tivoli erobern, noch einen beabsichtigten Handstreich auf Rom wagen; er ertrank unglücklicherweise in den Fluten der Nera bei Rieti, wodurch der Papst aus einer drohenden Gefahr befreit wurde.

Die Lage Urbans wurde indes täglich bedenklicher; der Städtebund von Narni, Perugia, Todi, Assisi und Spoleto weigerte ihm Hilfe; seine Kassen waren leer; er forderte von den Kirchen der Christenheit den Zehnten und brachte nur mit Mühe Truppen zusammen; 200 Söldner warf er in die Burg aufs Kapitol, stellte ein kleines Heer unter dem Marschall Bonifatius von Canossa im Gebiet Spoletos auf und ließ in allen Ländern das Kreuz gegen Manfred und dessen Sarazenen predigen. Er beschwor Karl, seine Ankunft zu beschleunigen, und warnte ihn vor Meuchelmördern, welche jener aussende.

Daß Rom damals in der Gewalt der Guelfen blieb, entschied eine ganze Zukunft. Es war das größte Unglück für Manfred, daß er seinem Gegner dort nicht zuvorkommen konnte. Die Stadt war jetzt der Sammelplatz aller seiner Feinde, zumal auch der apulischen Verbannten, welche auf Rückkehr und Rechte hofften. Ein Versuch mußte gemacht werden, Rom den Guelfen zu entreißen, ehe Karl kam, und man entwarf dazu einen Plan. Zwar wollte Tivoli die Ghibellinen nicht aufnehmen, aber Ostia, wo eine Landung Karls konnte gehindert werden, geriet in die Gewalt Richards vom Haus Annibaldi. Dies mächtige Geschlecht war ghibellinisch, mit Ausnahme des Kardinals gleichen Namens, welcher die Wahl Karls zum Senator am eifrigsten betrieben hatte. Ein Sieg Peters von Vico, der, mit Manfreds Hauptmann Franciscus von Treviso vereinigt, den Grafen von Anguillara bei Vetralla gefangen hatte, belebte den Mut der Vertriebenen, die nun durch nächtlichen Überfall in Rom einzudringen hofften. Petrus brach aus Cervetri, dem alten Caere, seiner Burg, auf, ohne der Verabredung gemäß die andern Ghibellinen abzuwarten. Er zog in einer Nacht nach Rom; seine Freunde öffneten ihm das Tor San Pancrazio, aber er konnte dort nicht festen Fuß fassen. Als er sich der Tiberinsel bemächtigen wollte, riefen die Wachen Alarm: Gantelmi eilte mit seinen Provençalen vom Kapitol herbei, die römischen Guelfen kamen unter Johann Savelli aus der Stadt, und Petrus wurde nach hartnäckigem Widerstande in das Trasteveriner Quartier Piscinula gedrängt und dann herausgeschlagen. Sein Sohn ertrank im Tiber; er selbst entkam mit nur drei Gefährten nach Cervetri. So blieb Rom im Besitze der Guelfen, und die Ghibellinen wagten kein neues Unternehmen mehr.

Unterdes starb Urban IV. am 2. Oktober 1264 zu Perugia, wohin er nach einem fast zweijährigen Aufenthalt aus dem empörten Orvieto entwichen war. Während seines ganzen Pontifikats hatte er Rom nie betreten. Seine Regierung war ohne Größe gewesen, wie seine Politik ohne wahrhaften Erfolg; sein höchstes Ziel, den Fall Manfreds und die Erhebung Karls von Anjou auf den Thron Siziliens, hatte er nicht erreicht.