Erstes Kapitel



Das XIII. Jahrhundert. Das Reich, die Kirche, das Bürgertum, die Stadt Rom. Wahl Innocenz' III. Das Haus Conti. Geldausteilung des kaum gewählten Papsts an die Römer. Seine Weihe und Krönung. Schilderung des päpstlichen Krönungsrittes zur Besitznahme des Lateran.


Nach der ritterlichen und religiösen Begeisterung des XII. Jahrhunderts zeigt das folgende die gereiftere Menschheit in heißen Kämpfen um ihre bürgerliche Verfassung, doch schon im Genusse eines durch Arbeit, Wissen und Künste veredelten Lebens. Das XIII. Jahrhundert ist die Höhe des Mittelalters, auf welcher die Kirche in ihrer glänzendsten Machtgewalt dasteht, während das alte germanische Reich mit den Hohenstaufen aus der Geschichte Abschied nimmt, um selbständigen Nationalstaaten den Weg freizulassen. Das Reich setzte noch mit einer letzten riesigen Anstrengung unter Friedrich II. den Kampf um sein legitimes Dasein gegen zwei Zeitrichtungen fort, deren vereinigter Gewalt es erliegen mußte. Es bekämpfte die weltbeherrschende Macht des Papsttums, und dieses verbündete sich, wie in der zweiten Hälfte des XII. Jahrhunderts, mit den italienischen Demokratien, welche das germanische Feudalsystem als fremde Einrichtung durch das lateinische Bürgertum zerstörten. Das XIII. Säkulum ist das Zeitalter eines großen Freiheitskampfes gegen eine veraltende Legitimität: der Revolution des Bürgertums gegen den Feudal–Adel, der Demokratie gegen die Kaisermonarchie, der Kirche gegen das Reich, des Ketzertums gegen das Papsttum. Es glänzt von der republikanischen Freiheit Italiens heller als von jeder andern Erscheinung. Dieses Mutterland der europäischen Bildung erhob sich zum ersten, noch unvollständigen Bewußtsein seiner eigenen Nationalität in fest ummauerten, gleichartig regierten Städten, worin eine erstaunliche Summe von Geist, Vermögen und Arbeitskraft aufgesammelt war. Dies war die mittelalterliche Epoche der Städte. Der Mensch wurde wieder vorzugsweise der Stadtbürger wie im Altertum. Die Stadt mit ihren Geschlechtern und Sippschaften, mit ihren geordneten Zünften, ward zum zweitenmal in der Geschichte zum Begriff des Staats. Die Rückkehr Italiens, des wahren Landes der Städte, zum politischen Gemeindekultus, sobald er aus dem morschen Rahmen des Reichs herausfiel, könnte als Rückschritt erscheinen, wenn man übersieht, was dieser merkwürdige Munizipalgeist ausdrückte: die Überwindung der Feudalität, die Besitznahme der Lebensgüter durch das Wissen und die Arbeit, die Erschaffung einer eigenen Nationalkultur, welche das Werk der bürgerlichen Gesellschaft war. Die in einem langen Prozeß erzeugten Kräfte des Laientums bedurften schützender Gefäße, worin sie sich sammelten; dies waren die freien Städte, die schönsten Blüten des Mittelalters, rastlose Werkstätten einer neuen Kultur. Italien blühte noch einmal selbständig in seinen Demokratien auf und fiel nochmals in das tiefste Elend, sobald diese Freistädte abgeblüht waren.

Die Beschränkung des Staates auf die Stadt, der Nation auf das kommunale Bürgertum ist jedoch ein unzulänglicher Zustand, in welchem das Höhere nicht ausgedrückt werden kann. Es bildeten sich Städtebünde wie im Altertum, aber ihre Erweiterung zu einer italienischen Eidgenossenschaft blieb unmöglich. Das noch hereinragende Reich und das mit einem Staat ausgerüstete Papsttum hinderten dies, und die Kirche, welche die Unausführbarkeit der guelfischen Idee von einer päpstlichen Theokratie Italiens erkannte, vereitelte jede Vereinigung bald durch die Gründung einer französischen Monarchie im Süden. Gleich unfähig, die politische Nation zu schaffen, fielen die Städte in das beschränkte Sonderwesen. Der energische Parteibetrieb, welcher ihr Staatsleben wach erhielt, ein Ausdruck des Bedürfnisses eines Symbols für einen allgemeinen politischen Kultus, ergriff den Gegensatz von Kirche und Reich und schuf die weltgeschichtlichen Parteien von Guelfen und Ghibellinen. Die verhinderte Nationaleinigung machte die Lebenssäfte, welche nicht wie im antiken Italien und in Hellas durch Kolonisation abgeleitet wurden, in engen Kanälen stocken, und nach dem Erlöschen des Wettkampfs zwischen Kirche und Reich mußten die von Kraft strotzenden Städte im wütenden Klassen- und Bürgerkrieg sich auskämpfen, woraus sich mit Notwendigkeit erst die Pöbelherrschaft, dann die Stadttyrannis, endlich das Kleinfürstentum ergab.

Auch die Stadt Rom brachte die munizipale Richtung in ähnlicher Weise zur Erscheinung. Sie beseitigte den letzten praktischen Zusammenhang mit dem Reiche folgerichtig in derselben Zeit, als dies Feudalreich von den Bürgerschaften im Verein mit dem national gewordenen Papsttum zum Rückzug aus Italien gezwungen wurde. Es waren die Päpste, welche die Stadt jenem Zusammenhang enthoben, den antiken Begriff der Respublica Romana als der Quelle des Imperium auslöschten, Rom des Halts am Kaisertum beraubten und zur Kirche allein in ein Schutzverhältnis brachten. Die Stadt kämpfte unablässig und um so heftiger gegen den Papst, welcher die Kaiserrechte über sie beanspruchte; sie erlangte ihre bürgerliche Autonomie und sogar in einigen glänzenden Augenblicken ihre völlige Unabhängigkeit als Republik. Unfähig, sich zu dem Anspruch zu erheben, noch als die Urbs Orbis zu gelten oder das Haupt eines allgemeinen Städtebundes Italiens zu werden, stimmte sie ihren Ehrgeiz dazu herab, den Umfang des römischen Dukats vom Kapitol aus zu beherrschen. Sie zeigte sich im XIII. Jahrhundert in einer durchaus praktischen munizipalen Beschränkung wie Mailand oder Florenz, aus welcher sie sich erst im folgenden Jahrhundert wieder zu einem phantastischen Ideale erhoben hat. Es ist überraschend, das römische Volk mit seiner häuslichen Republik ernsthaft und um die Welthändel unbekümmert sich beschäftigen zu sehen. Während das Reich zum Schatten aufgezehrt ward, während die Kirche an ihr großes Ziel gelangte, die Weltverfassung zu sein, hielten die Römer ihre Blicke fest auf das graue Kapitol gerichtet, verschlossen sie den Päpsten wie dem Kaiser die Tore und dachten sie allein an die beste Verfassung ihrer Gemeinde. Die Munizipalgeschichte Roms enthält im XIII. Jahrhundert einige rühmliche Blätter, die zur Achtung des römischen Volkes zwingen, weil es unter schwierigen Verhältnissen periodenweise seine Selbständigkeit behauptete. Denn das Papsttum war auf dem Gipfel seiner Weltherrlichkeit im XIII. Jahrhundert durchaus ohnmächtig in Rom.

Am Beginn und Ende dieses großen Säkulum, welches unser fünfter Band schildert, stehen Innocenz III. und Bonifatius VIII. als die beiden Grenzsäulen des bedeutendsten Zeitraums der mittelalterlichen Kulturgeschichte, und sie bezeichnen zugleich den höchsten Emporschwung und den Niedergang des Papsttums überhaupt.

Am 8. Januar 1198 wurde im Septizonium der Kardinal Lothar einstimmig zum Papst gewählt und als Innocenz III. ausgerufen. Er war ein Sohn des Grafen Trasmund von Segni, aus einem alten Herrengeschlecht Latiums, welches dort, in Anagni, und in Ferentino begütert war. Sein Haus gehörte wohl einer Familie an, die im X. Jahrhundert, wie in der Sabina die Crescentier, in der Campagna das Grafenamt geführt hatte; doch erst nach Innocenz III. wurde der Grafentitel zum bleibenden Geschlechtsnamen de Comitibus oder dei Conti. Die Ahnen Lothars waren germanisch und in Latium eingewandert. Dies bezeugen die bei den Conti fortdauernden Namen Lothar, Richard, Trasmund und Adenulf. In der Geschichte der Stadt hatten sie sich nicht bemerkbar gemacht, aber Claricia, die Mutter Innocenz' III., war Römerin vom Geschlecht des Romanus de Scotta.

Der junge, reiche Lothar hatte in Paris und Bologna studiert, viel scholastisches Wissen, sehr große Rechtskenntnisse erworben und dann unter den Nachfolgern Alexanders III. als Kleriker mit Auszeichnung gedient, bis ihn Clemens III. zum Kardinaldiakon von St. Sergius und Bacchus am Kapitol erhob. Mit 37 Jahren bestieg er den Heiligen Stuhl. Er war ein Mann von schöner, obwohl kleiner Gestalt, von großer Beredsamkeit und von alles bewältigender Willenskraft.

Kaum gewählt, wurde Innocenz vom römischen Volk mit lautem Geschrei nach Geld bestürmt. Die Römer forderten von ihren Päpsten Huldigungsgeschenke, statt sie ihnen zu bieten. Ihr Eid der Treue wurde fortdauernd erkauft, und überdies beanspruchte die Stadtgemeinde von jedem neu gewählten Papst einen Tribut von 5000 Pfund. Der Thron Innocenz' III. war in Gefahr, umgestürzt zu werden, ehe er ihn noch wirklich bestieg. Als er dem ungestümen Verlangen der Römer nachgab, beschloß er aus einem Mißbrauche bleibenden Gewinn zu ziehen. Er kargte nicht, wie es Lucius III. zu seinem Unglück getan hatte, sondern gab reichlich und gewann die Massen des Volks; aber eine päpstliche Geldausteilung von so großem Umfange war beschämend und ein Kaufpreis der Herrschaft zu nennen.

Am 22. Februar 1198 wurde Lothar im St. Peter geweiht, worauf er seinen Festzug nach dem Lateran hielt, begleitet vom Stadtpräfekten und Senator, vom Adel, von den Landbaronen, den Konsuln und Rektoren der Städte, die zur Huldigungsfeier erschienen waren.

Sein Krönungszug gibt uns Gelegenheit, diese merkwürdigen Schauspiele des Mittelalters mit einigen Linien zu zeichnen. Nicht minder prunkvoll als die Krönungsritte der Kaiser, doch ohne deren fremden militärischen Pomp und ohne die Leonina–Schlachten, stellten sie den Glanz des Papsttums in einem römischen Schaugepränge dar. Schon im XI. Jahrhundert pflegte der im St. Peter geweihte Papst in feierlichem Aufzuge nach dem Lateran, seiner Residenz, zurückzukehren, und seit Nikolaus I. wurde diese Prozession zu einem triumphartigen Krönungsritt mitten durch Rom auf einem Wege, der als Via Sacra oder Papae herkömmlich ward. Sein Ziel war die Basilika Constantins, von welcher der Papst unter seltsamen Zeremonien Besitz nahm; und damit bezeichnete er den Antritt seiner Regierung überhaupt, auch als weltlicher Herr Roms und des Kirchenstaats.

Sobald er durch die Bischöfe von Ostia, Albano und Portus geweiht war, ließ er sich über der Plattform der St. Peterstreppe auf einem Sessel nieder. Der Archidiaconus nahm ihm die bischöfliche Mitra vom Haupt und setzte ihm unter dem Zuruf des Volks das fürstliche Regnum auf. Dies war die runde, zugespitzte Tiara, jene fabelhafte Krone, welche Constantin dem Papst Silvester geschenkt haben sollte; ursprünglich bestand sie aus weißen Pfauenfedern, dann wurde sie mit Edelsteinen verziert, von einem Goldreifen, später sogar von drei Diademen umschlossen und auf der Spitze mit einem Karfunkelstein geschmückt. Der Archidiaconus sprach, indem er den Papst krönte, die stolze Formel: „Nimm die Tiara und wisse, daß du der Vater der Fürsten und Könige, der Regierer der Welt, auf Erden der Vikar unseres Heilandes Jesus Christus bist, dessen Ehre und Ruhm währet in alle Ewigkeit.“ Christus und seine barfüßig wandelnden Apostel würden mit tiefem Staunen die in prachtvolle, von Gold und Edelsteinen strahlende Gewänder gehüllte Gestalt ihres Nachfolgers betrachtet haben, der sich nun vom Thron erhob, das Regnum auf dem Haupt, und als Papstkönig ein mit Scharlach gedecktes Roß bestieg. Kaiser oder Könige hielten ihm, wenn sie anwesend waren, den Steigbügel und gingen eine Strecke lang am Zügel her; wenn nicht, so verrichteten diesen Dienst die Großen und Senatoren Roms. Alle Teilnehmer des Zuges bestiegen ihre Pferde, denn dies war eine Prozession zu Roß. Sie zog in folgender Reihenfolge: zuerst ein leeres, reich geziertes Pferd des Papsts; dann der Kreuzträger (crucifer) zu Pferd; zwölf reitende Bannerträger, rote Fahnen in der Hand; zwei andere Reiter, goldene Cherubim auf Lanzen tragend; die zwei Seepräfekten; die Scriniarien, die Advokaten, die Richter in langen schwarzen Amtstalaren; die Sängerschule; die Diakonen und Subdiakonen; die auswärtigen Äbte; die Bischöfe; die Erzbischöfe; die Äbte der zwanzig Abteien Roms; die Patriarchen und Kardinalbischöfe, die Kardinalpresbyter; die Kardinaldiakonen; alle zu Roß, auf dem sich mancher Greis nur mit Mühe aufrecht halten mochte. Hierauf folgte der Papst auf einem weißen Zelter, welchen Senatoren oder Edle links und rechts am Zügel führten. In der Nähe ritten Subdiakonen und der Stadtpräfekt, begleitet von Richterkollegien. Es folgten die städtischen Körperschaften, die Milizen, die Ritter und Großen Roms in strahlenden Harnischen mit den Wappenzeichen und Farben ihrer Geschlechter. Der stundenlange Zug dieser geistlichen und weltlichen Herren, die feierlichen Gesänge, das Geläute aller Glocken, der Zuruf des Volks, die Ordnungen, Würden und Ämter, die Mannigfaltigkeit der Trachten, das Gemisch des Kirchlichen mit dem Weltlichen boten ein seltsames Schauspiel dar, welches das Wesen des Papsttums in einem einzigen Gemälde entfaltete.

Die Stadt war bekränzt, Ehrenpforten erhoben sich auf dem Papstweg, von Laien errichtet, unter welche dafür eine Geldentschädigung verteilt wurde. Durch den Triumphbogen der Kaiser Gratian, Theodosius und Valentinian bewegte sich die Prozession nach dem Viertel Parione, wo der Papst am Turm des Stephan Petri anhielt, um den Zuruf der Judenschole zu empfangen. Denn eine Deputation der Kinder Israel, der standhaften Bekenner des reinen, unverfälschten Monotheismus, stand hier voll Furcht oder voll scheuer Hoffnung, den Rabbi der Synagoge an ihrer Spitze, welcher die verschleierte Rolle des Pentateuch auf der Schulter trug. Die römischen Juden mußten in jedem neuen Papst ihren Landesherrn begrüßen, der ihnen huldvoll ein Asyl in Rom gab, gleich den alten Kaisern, bei deren Thronbesteigung ihre Vorfahren bereits huldigend erschienen waren. Sie lasen in den finstern oder wohlwollenden Blicken des neuen Papsts ihr Schicksal, während der Rabbi dem Stellvertreter Christi das Gesetzbuch Mosis zur Bestätigung darbot. Der Papst warf nur einen flüchtigen Blick darauf, reichte die Schriftrolle hinterwärts dem Rabbi wieder und sagte mit herablassendem Ernst: „Wir anerkennen das Gesetz, aber wir verdammen die Ansicht des Judentums; denn das Gesetz ist durch Christus bereits erfüllt worden, welchen das blinde Volk Juda noch immer als Messias erwartet.“ Die Juden verschwanden unter dem Hohngeschrei des römischen Pöbels, und die Prozession zog durch das Marsfeld weiter, während hie und da der Klerus, Weihrauch opfernd und Hymnen singend, den Papst begrüßte und das in karnevalischer Lustbarkeit ausgelassene Volk Freudenlieder erschallen ließ. Um den Andrang des Pöbels zu zerstreuen, vielleicht auch noch in Erinnerung uralter konsularischer Gebräuche, warfen Kämmerer an fünf bestimmten Orten Geld aus.

Über die Fora, durch die Triumphbogen des Septimius Severus und Titus, am Colosseum vorüber, an S. Clemente vorbei, erreichte der Zug den Lateranischen Platz. Hier empfing den Papst der Klerus des Lateran mit feierlichem Gesange. Man geleitete ihn zum Porticus, wo er sich auf einem antiken Marmorsessel, der sella stercoraria, niederließ. Die symbolische Zeremonie tiefster Erniedrigung des Oberhaupts der Christenheit auf einem Stuhl solchen Namens ist vielleicht der bizarrste Gebrauch des Mittelalters, von dem man heute nur mit Lächeln hören kann. Aber herzueilende Kardinäle erhoben den heiligen Vater vom Sessel der Ungebühr mit den tröstlichen Worten der Schrift: „Er richtet den Dürftigen aus dem Staube auf und vom Kote den Armen.“ Der Papst blieb stehen, nahm aus dem Schoße eines Kämmerers drei Handvoll Gold, Silber und Kupfer und warf sie unter das Volk mit dem Spruch: „Gold und Silber ist nicht für mich; was ich aber habe, gebe ich dir.“ Er betete im Lateran, empfing auf einem Throne hinter dem Altar die Huldigung des Kapitels der Basilika, durchschritt den Palast, von welchem er, wandelnd oder sich setzend, Besitz nahm, und ließ sich in der Stellung eines Liegenden vor der Kapelle St. Silvesters auf einem antiken Porphyrsessel nieder, worauf ihm der Prior des Lateran den Hirtenstab und die Schlüssel der Kirche wie des Palasts übergab, jenen als Symbol seiner regierenden, diese als Symbol seiner lösenden und bindenden Gewalt. Er setzte sich auf einen zweiten Porphyrsessel, gab dem Prior jene Zeichen zurück und wurde mit einem rotseidenen Gürtel umgürtet, woran eine purpurne Börse hing, enthaltend Moschus und zwölf Siegel aus kostbarem Stein, Sinnbilder der Apostelgewalt und der christlichen Tugend. Alle Offizianten des Palasts wurden jetzt von ihm zum Fußkusse zugelassen. Er warf dreimal Silberdenare unter das Volk und sprach: „Er zerstreute und gab's den Armen; seine Gerechtigkeit dauert in Ewigkeit.“ Er betete sodann in der päpstlichen Hauskapelle Sancta Sanctorum vor den Reliquien; er ruhte wieder auf einem Throne in St. Silvester, während der Reihe nach Kardinäle und Prälaten vor ihm niederknieten mit aufgehaltener Mitra, in welche er das herkömmliche Geldgeschenk oder Presbyterium legte.

Es folgte der Huldigungseid des römischen Senats im Lateran und endlich das Bankett im Speisesaal. Der Papst saß allein an einer mit kostbaren Gefäßen besetzten Tafel, während an andern Tischen die Prälaten und Großen, die Senatoren und der Präfekt mit den Richtern Platz nahmen. Die edelsten Herren bedienten ihn; beim Festmahl anwesende Könige trugen die ersten Schüsseln auf und nahmen dann bescheiden ihre Plätze am Tisch der Kardinäle ein.

Dies sind die Grundzüge jener großen päpstlichen Krönungsprozession. Sie dauerte in ihrer mittelalterlichen Gestalt bis auf Leo X.; dann kamen die alten symbolischen Gebräuche ab, und die Zeremonie verwandelte sich in die zeitgemäßere Form des Possessus oder der prunkvollen Besitznahme vom Lateran.