115. Ältere theologische und kosmologische Ansichten

Älteste theologische und kosmologische Ansichten des spiritualistischen Emanationssystems.



In Indien und Ägypten hat man in den ältesten Zeiten Gott als den ewigen Geist, Urheber und Weltregenten, als den Weltgeist, als die Weltseele gedacht, welche alle Dinge durchdringe, belebe und erhalte und von der die menschliche Seele ein Teil sei. Die Brahmanen haben heutiges Tages noch dieselbe Lehre. Pythagoras, der Schüler der ägyptischen Mysterien, hatte nach Cicero eine ganz ähnliche Lehre. Gott ist ihm der Geist, welcher alle Teile der Welt und alle Dinge der Natur durchdringt, von welchem alle Wesen ihr Leben empfangen. Zeno, der Stoiker, erklärte Gott ebenfalls für die Seele der Welt, mit welcher er ein lebendiges, kugelförmiges Wesen ausmache.


Die Weltkörper wurden für Wohnungen Gottes gehalten und deshalb von Pythagoras, Plato, Chalcidius u. A. als göttliche Teile erklärt. Daher entstand dann mit der Verbreitung dieser Ansichten unter das Volk die Verehrung der Weltkörper unter bestimmten Bildern, so daß viele die Sonne als den Mittelpunkt und vornehmsten Teil der Weltseele verehrten und sie den König des Himmels, und den Mond die Königin nannten, die übrigen Planeten und Sterne sah man bald als ihre Trabanten, bald als eigene göttliche Wesen — als Götter an.

Die Wesenheit Gottes selbst zu erklären, nahmen die alten Weisen in Asien und viele Griechen an, er sei das reinste Feuer oder der Äther. Pythagoras und Empedokles hatten eine ähnliche Ansicht. Auch Parmenides stellte sich Gott als Weltfeuer vor, welches mit seinem Licht- und Feuerkreise den Himmel als eine Krone umgebe. Hippasus, Heraklitos und Hippokrates dachten sich Gott als ein verständiges und unsterbliches Feuer, welches Alles durchdringt. Platon und Aristoteles wichen davon nur wenig in ihren Lehren ab, und Demokritos nannte Gott den Verstand oder den Geist im kugelrunden Feuer, welches bei der Weltbildung methodisch verfahren. Kleonithes hielt die Sonne schlechtweg für den höchsten Gott (Büsching, Grundriß einer Geschichte der Philosophie. I. Th. S. 344). — Wir sehen also schon in der frühesten Geschichte eine Äthertheorie, womit viele heutige Theoretiker die Erscheinungen des Magnetismus erklären.

Zu dieser Ansicht, daß das Wesen Gottes ein Licht sei oder dem Lichte wenigstens vergleichbar gedacht werden müsse, gehört auch die Bibellehre. „Gott wohnet in einem unzugänglichen Lichte, der allein Unsterbliche wohnet in einem Lichte, da Niemand zukommen kann.“ Timoth. 6, 16. „Ich bin das Licht der Welt, redete Jesus selbst, und der mir nachfolgt, wird nicht wandeln in Finsternis“ u. „Die Kinder des Lichtes, die in der wahren Glückseligkeit den unaufhörlich anschauen, der in einem Lichte wohnt und das unerschaffene Licht ist.“ (Offenb. 21, II).

„Bei dir ist die lebendige Quelle, und in deinem Lichte sehen wir das Licht.“ (Ps. 36, 18.) „Engel des Lichtes, die Gerechten glänzen wie das Licht, das Licht kommt und die Herrlichkeit; mein Recht ist das Licht der Völker; im Lichte sein, oder in der lebendigen Erkenntnis Christi.“ „Das Urim und Tummin; das Licht der Weisheit, Allwissenheit, der Erleuchtung. Und es war sehr Licht auf der Erden von seiner Herrlichkeit u.“ Ezechiel 43, 2.).

Dieses sogenannte Emanationssystem bezog sich nicht blos auf die Religionslehre und Kosmologie der alten Völker in Asien und Ägypten, sondern auch ihre ganze Philosophie war spiritualistisch. Außer der indischen Lehre der Zendbüchcr, worin Zoroasters lebendiges Wort über Gott, Welt, Natur und Mensch enthalten, und dem Dupnekhat, stimmt die alte ägyptische Priesterlehre damit überein; die Kabbalah; die Pythagoräer und Platoniker und die Alexandriner; die gelehrten Kirchenväter, Origenes, Silesius; dann die späteren Theosophen — die Philosophi per ignem, als Paracelsus; Adam von Boden, Jak. Gohori, und im siebzehnten Jahrhundert Robert Fludd, Jak. Böhme, Poiret, Maxwell, Wirdig, Pordage u. huldigten alle mit einigen Modifikationen dieser geistigen Emanationstheorie. — So haben schon die Ägypter die chaotische Nacht oder die Materie der Welt für ewig, neben Gott, gehalten. So waren die Neuplatoniker der Meinung, daß die Natur oder Welt aus Gott, ebenso wie die Lichtstrahlen aus der Sonne ausgeflossen und also nicht der Zeit, sondern der Natur nach später als Gott sei. Andere haben gemeint, die Materie sei beständig in Gott verborgen gewesen, aber zu einer gewissen Zeit von ihm ausgeflossen und gebildet worden.





Dieses Kapitel ist Teil des Buches Geschichte der Magie, Buch 1