111. Von den Alten angeführten Ansichten

Besondere nach Cicero von den Alten angeführte Ansichten. Posidonius, Cratippus, Chrysippus, Sokrates, Pythagoras, Demokrit, Heraklit.



„Nach Posidonius, fährt Cicero fort, träumt der Mensch aus göttlichem Antrieb auf eine dreifache Weise: erstens sieht die Seele schon von selbst wegen ihrer Verwandtschaft mit den Gittern voraus; zweitens ist die Lust voll von unsterblichen Geistern, in welchen gleichsam die eingeprägten Zeichen der Wahrheit erscheinen; drittens sprechen selbst die Götter mit den Schlafenden, und das, was ich eben sagte, geschieht leichter bei herannahendem Tode, so daß die Seele schon die Zukunft ersieht.“


„Cratippus: die Seelen der Menschen sind einerseits innerlich völlig abgezogen und göttlicher Natur wodurch zu verstehen ist: daß die Seele außer ihrem göttlichen Teil, auch einen eigentümlich menschlichen habe. Der menschliche Teil, welcher die Sinne, die Bewegung und den Appetit enthält, ist von der Tätigkeit des Körpers nicht zu trennen; allein jener Teil, mit welchem die Vernunft und der Verstand verknüpft ist, lebt erst dann am meisten auf, wenn er vom Körper am weitesten entfernt ist.“

„Chrysippus erklärt das Wahrsagen auf folgende Art. Es gibt eine die Zeichen der Dinge erkennende und erklärende Kraft, welche den Menschen von den Göttern verliehen ist, und aus dem Dienste des Wahrsagens ist zu erkennen, wie die Götter gegen die Menschen gesinnt sind; was sie für Zeichen geben, wie man sich dieselben günstig machen könne, und wieder versöhnen. Dasselbe gilt auch von den Träumen.“

„Sokrates lehrt: indem der vernünftige Teil der Seele bei dem Schlafenden ruht, erhebt sich der andere Teil der Seele, in welchem gleichsam eine gewisse Wildheit und rohe Unbändigkeit herrscht, und die wegen des unmäßigen Getränkes und überhäufter Nahrung im Schlafe unruhig ausspringt. Daher erscheinen alle Gegenstände regellos und ohne Vernunft zusammengereiht, daher die Träume von wilden Tieren; von Mordgeschichten; von blutigen und unverschämten Grausamkeiten u. Allein wer sich mit mäßiger und heilsamer Nahrung zur Ruhe begibt und sein Gemüt mit guten Gedanken sättigt, bei dem wird jener wilde Teil besänftigt und gleichsam ausgelöscht, und der andere vernünftige Teil der Seele leuchtet nun hervor und wird zum Träumen munter und aufgelegt. Dann werden ihm erst die Gesichte der Ruhe in Stille und Wahrheit erscheinen.“

Pythagoras läßt das verständige Wesen der Seele mit einem sehr feinen Körper, den er den Magen der Seele nannte, begabt sein, welcher der Vermittler beider Naturen ist, nämlich der geistigen und körperlichen. Er hielt diesen Mittelkörper für lichtartig, der sich einmal von der verständigen Seele in Bewegung gesetzt, über die ganze Natur auszubreiten vermag. (Also sich die Räume und Zeiten selbst erleuchtet).

Demokritos: Aus den sichtbaren Dingen stießen beständig Bilder — die alle göttlicher Abkunft sind. Es sind nämlich diese Bilder dem All der Dinge eingeprägt, und aus diesem Ineinanderfließen der Idole entstehen die Empfindungen und Gedanken. — Diese Bilder sind nicht mit Cicero als wesenlose Gespenster anzusehen, sondern Demokritos verstand darunter selbständige Wesen, die aus den feinsten Atomen bestehen, die dem Menschen ähnlich seien, in der Luft wohnen, im Finstern erscheinen , und dem Menschen künftige Dinge andeuten.

Von Heraklit habe ich schon oben die Ansicht angeführt, daß das Sinneswesen der Seele Anteil habe an dem .............des Himmelskörpers. Ihm ist Unterschied zwischen Schlaf und Wachen darin, daß im Wachen die göttliche Seite des Geistes — .............aus dem ........... nicht blos mittelst des Atemholens, sondern auch durch die anderen Sinne, durch Geruch, Gesicht eingezogen wird, dagegen sei im Schlafe die Gemeinschaft mit dem Himmelsäther nur mehr auf die blos allgemeinste Form des Atemholens beschränkt, wodurch aber nur ein sehr unreines, getrübtes Licht entsteht, das sich der Mensch des Nachts selbst anzündet in den Träumen. Ganz ausgelöscht wird es erst im Tode, wo alle Sinnestätigkeit aufhört.





Dieses Kapitel ist Teil des Buches Geschichte der Magie, Buch 1