110. Der innere Genius des Sokrates

Zeroaster und der innere Genius des Sokrates usw. Zusammenstellung der Ansichten von Cicero.



Der erste Magier, der als solcher bezeichnet wird, und der bestimmte Lehren über das Wesen der Magie ausgesprochen haben soll, ist Zoroaster. Der Genius des Sokrates, des Plotin, Porphyrius und Jamblichus, des Chieus und Scaliger, des Cardanus usw. wird dann in die erste Reihe gestellt, der für inneres (magisches) Schauen, und für das Motiv zu ungewöhnlichen Handlungen gehalten wurde, weil es nicht allgemein beobachtet wurde, wie die Träume und die Ekstasen bei Krankheiten und gewissen Personen. — Denn der Traum wurde mehr als eine allgemeine angeborne Eigenschaft erkannt, der als ein Bruder des Todes vielmehr uns belehrt, wie nach dem wirklichen Tode ein freies Schauen und Wirken eintreten wird, wenn alle Riegel und Türen geöffnet werden, die hier im Schlafe nur zurückgeschoben sind.


„In somnis ignota prius mysteria disco,
Miltaque me vigilem quae latuere, scio.
Quante plus igitur sciem, si mortuus essem,
Tam bene quem, docuit mortis image loquid. “


Die verschiedenen Meinungen der Alten über den Traum findet man ausführlich bei D. L. Schulze Die Ansichten über die Divination überhaupt und der Träume bei den Griechen und Römern insbesondere sind schon bei Cicero am bündigsten zusammengestellt, ausführlich übersetzt durch Fr. v. Majer, und bei Passavant abgedruckt (zweite Ausgabe). Auch Plutarch und Plinius haben über das Divinatorische der Manie, der Ekstase u. zahlreiche Bemerkungen älterer Philosophen mitgeteilt, aufweiche wir in der Folge besondere Rücksicht nehmen werden, nachdem hier Einiges im Allgemeinen von mehreren Seiten über die magischen Zustände vorausgeschickt wird. Cicero selbst nimmt zwei Arten des Wahrsagens an, ein künstliches und ein natürliches; immer aber sei in dem menschlichen Gemüte etwas Göttliches, so daß es sich bei allen Völkern offenbare: im Traume; in Krankheiten, vor dem Sterben und zuweilen auch sonst unmittelbar. Was in dieser Hinsicht merkwürdig sei, habe schon Sokrates und Antipater gesammelt.

Die Erklärung des scheinbar sich Widersprechenden, wie das Zukünftige als ein noch nicht Seiendes schon im voraus gewußt werden könne, gibt Cicero in der Art: daß es sich eigentlich nicht von einem schlechthin Nichtseienden handle, sondern nur von einem noch nicht offenbaren Sein; denn Alles ist, nur ist es nicht in die Zeit getreten, es ist noch unentwickelt. Gleichwie im Samen die Potenz der Dinge liegt, die daraus hervorgehen sollen: so liegt in den Ursachen das Künftige verborgen; und daß dieses kommen wird, schaut eben der innerlich erregte oder der im Schlaf entbundene Geist, oder es fühlt es Vernunft und Mutmaßung voraus. Cicero führt dann die Ansichten der verschiedenen Philosophen des Altertums weitläufig an.





Dieses Kapitel ist Teil des Buches Geschichte der Magie, Buch 1