107. Das Heilen durch Worte

Das Heilen durch Wort.



„Ist mein Wort nicht wie ein Feuer, spricht der Herr, und wie ein Hammer, der Felsen zerschmeißt.“ Jeremias 23, 29.


Das Heilen durch Worte, d. i. durch die unmittelbar ausgesprochene Geisteskraft geschah in der ältesten Zeit, vorzüglich in der Kirche, sagt van Helmont, und zwar nicht blos wider den Teufel und die magischen Wirkungen, sondern auch gegen alle Krankheiten, und wie es mit Christus angefangen, so wird es ewig bleiben.“ Allein nicht blos die Christen heilten durch Worte, sondern schon die ältesten Magier taten ihre Wunder durch Worte, „Viele Euren, heißt es in der Zendavesta, geschehen durch Kräuter und Bäume, andere durch Wasser, und noch andere durch Worte; denn durch das göttliche Wort werden die Kranken am sichersten geheilt.“ Die magische Kraft der Worte verteidigten auch die Ägypter. Plotin heilte den Porphyrius, der sehr gefährlich in Sizilien krank lag, vermittelst wundertätiger Worte, und dieser selbst heilte die Kranken durch Worte und trieb durch Beschwörungen die Teufel aus. Ebenso haben die Griechen die Macht des Wortes wohl gekannt, in ihren Gedichten geben sie darüber häufig Zeugnis und bei den Orakeln waren Ermahnungen und Gebete allgemein. So stillte Orpheus durch seinen Gesang zum Glück der Argonauten den Sturm, und Ulysses stillte durch gewisse Worte das aus den Wunden strömende Blut. Bei den Griechen war das Kurieren durch Worte so allgemein, daß dasselbe zu Athen verboten wurde. So ließ man z. B. ein solches Weib steinigen, die Götter sagten sie, hätten den Steinen, Kräutern und Tieren die Kräfte zum Heilen mitgeteilt, und nicht den Worten verliehen. Der Römer Cato soll durch Worte Verrenkungen und Beinbrüche geheilt haben. Er soll nicht blos die barbarischen Worte nach Plinius: „motas, daries, dardaries, astaries,“ sondern dazu noch (nach Marcellus Empiricus) einen grünen Zweig von vier bis fünf Fuß Länge gebraucht haben, welchen er in der Mitte spaltete und von zwei Menschen über das kranke Bein halten ließ. Marcus Varro soll durch Worte dm Kropf geheilt haben. Servilius Novianus heilte die Augenkrankheiten, indem er am Halse ein Zettelchen tragen ließ, auf welches er die Buchstaben A und Z geschrieben hatte. Den größten Ruf erwarb sich aber Serenus Sammonicus mit seinen wunderbaren Hieroglyphen gegen alle Arten von Fieber. Es war gleichsam eine umgekehrte Pyramide eines einzigen Wortes in dieser Form:

Abracadabra
Bracadabr
Racadab
Acada
Cad
a

Die Talismane wurden später mit verschiedenartigen Zeichen beschrieben und es scheint, daß das sogenannte Abschreiben des Fiebers, welches jetzt noch hin und wieder geschieht, davon seinen Ursprung hat. Ab bestimmtesten spricht hierüber Angerius Ferrerius. Nicht Lieder und Charakter allein sind es, die solches können, sondern die Kraft des gläubigen Gemütes, welches den Ungelehrten aber durch die wirklich erkannte, eigentümliche Kraft.




Dieses Kapitel ist Teil des Buches Geschichte der Magie, Buch 1