106. Das nähere Zusammenleben mit jungen Personen

Das Anhauchen und nähere Zusammenleben mit jungen Personen. König David u Hermippus Abracadabra.



Über das Anhauchen und das nähere Zusammenleben war in den alten Zeiten einstimmig angenommen, daß es schädliche, aber auch heilsame Wirkungen hervorbringe, die verdorbene Gesundheit wieder herzustellen, wenn Reine und Gesunde sich dazu hergeben. Die gewöhnlichen Mittel der Kräuter und Säfte, der Steine usw. können wohl für besondere Fälle nützlich werden; um aber schwer eingewurzelte Krankheiten zu heilen, wird ein frisches, junges Leben erfordert. Als solche, gleichsam nur dadurch zu heilende Krankheiten, ward ganz besonders der Aussatz und die Blindheit angesehen. Vor Allem sollten es reine Jungfrauen, Knaben oder Kinder sein, welche durch ihren Atem, oder sogar durch ihr Blut die Menschen von ihren Krankheiten befreien könnten. Der Kranke wurde von ihnen angehaucht oder mit ihrem Blute besprengt; im Blute zu baden wäre noch besser, wenn es möglich wäre. Es gibt in der Geschichte viele merkwürdige Beispiele, wie entweder durch das Zusammenleben mit gesunden Menschen, oder durch ihren Hauch die Lebenskräfte gestärkt wurden. Eins der ersten und merkwürdigsten erzählt die Bibel von dem König David. (1. B. König. 1. 1—5). „Und da der König David alt war und wohlbetagt, konnte er nicht warm werden, ob man ihn gleich mit Kleidern bedeckte. Da sprachen seine Knechte zu ihm: lasset meinem Herrn Könige eine Jungfrau suchen, die vor dem Könige stehe und sein pflege und schlafe in seinen Armen und wärme meinen Herrn, den König. Diese brachte ihm durch ihr freundliches Betragen und Liebkosungen unbemerkt wieder Feuer und Wärme bei. Sie suchten nämlich in allen Grenzen Israels eine schöne Dirne und fanden Abisag von Sunam und brachten sie dem Könige, aber der König erkannte sie nicht.“ Baco von Verulam macht hierzu die Bemerkung (de vitae et mortis higtoria), daß das Mädchen den König nach Gewohnheit der persischen Jungfrauen mit Myrrhen und anderen balsamischen Sachen hätte reiben müssen.


Schon Plinius empfiehlt das Anhauchen der Stirn als ein Heilmittel (Hist. nat. I. 28. c. 6.). Galen rät bei Schwachen und bei verhärtetem Leibe zu den bedeutsamen äußeren Mitteln junge Mädchen an, mit welchen man im Bette den Unterleib des Kranken bedecken soll. (Method. Med. libr. VII.). Auch Hygin (de sanitate tuenda) ist derselben Meinung, und Virgil hat das Feuer der süßen Umarmung wohl gekannt, das Leben und Wärme gibt.

„Et dedit amplexus atque oscula dulcia fixit,
Occultum inspirans ignem. “
(Aeneid. Lib. I.)

Reinhart (Bibelkrankheiten des alten Testaments. Leipzig 1767. S. 167) nennt das Zusammenleben mit jungen Mädchen ein Labsal der Greise. Bartholin gibt ebenfalls darüber gute Zeugnisse und sagt: es sei ein Linderungsmittel wider das Frösteln der Alten gewesen und habe durch Wiederanfachen der verloschenen Körperkräfte ungemein viel Nutzen bewiesen. Rudolph von Habsburg soll nach Cäsars Zeugnis als ein schon von Alter schwacher und unpässlicher Herr im Gebrauch gehabt haben, daß er in Gegenwart der Älteren und Männer, Töchter und Gemahlinnen fürstlicher, gräflicher und adeliger Personen öfters geküsst und nach seinem Geständnisse von ihrem Atem die angenehmsten Lebensgeister geschöpft und eine recht herzstärkende Erquickung genossen habe. Dem Kaiser Friedrich dem Rotbart ist fast gegen Ende seines Lebens von einem jüdischen Arzte der Rat gegeben worden, daß er sich statt einer Bähung, junge, starke und gesunde Knaben auf die Magengegend legen soll (Reinhart) Johannes Damascenus oder Rabbi Moses erzählt, daß man den Gichtbrüchigen und Gelähmten ungemein zu Hilfe kommen könne, wenn man ihnen an die kranken Stellen ein junges Mädchen legen lasse. „Von guter Wirkung sind auch junge Hunde, sagt Reinhart, welche wir Ärzte in erforderlichen Umstanden den Kranken auf den Unterleib legen.“ Pomponatius sagt: „die Nähe und der Atem junger Leute sei eine gute Arznei.“

Bekannter ist die Geschichte des Römers Luc. Clodius Hermippus, welcher durch das beständige Anhauchen junger Mädchen zu einem sehr hohen Alter gekommen ist. Kohausen führt von diesem Hermippus eine Denkschrift an, welche auf Marmor gehauen zu Rom von einem Altertumsforscher, Namens Gomar, entdeckt worden ist, und die also lautet:


Dem Äskulap und der Gesundheit
setzet dieses zu Ehren
L. Clodius Hermippus,
welcher
durch das Anhauchen junger Mädchen
115 Jahre und 5 Tage gelebt hat,
worüber sich nach seinem Tode die Naturkundigen nicht wenig wunderten.



Wohlan, Nachkömmlinge, führet auch ein solches Leben.

Borelli und [/b]Hoffmann ließen die Kranken bei Tieren schlafen, um ihnen Schmerzen und schwere Krankheiten zu heilen. Der große Boerhaave ließ einen alten Amsterdamer Bürgermeister zwischen zwei Knaben schlafen und versichert: her Kranke habe sichtbar an Munterkeit und Kräften zugenommen. Hufeland sagt in seiner Kunst das menschliche Leben zu verlängern: „Und gewiß, wenn man bedenkt, was der Lebensdunst frisch aufgeschnittener Tiere auf gelähmte Glieder; was das Auflegen lebendiger Tiere auf schmerzhafte Übel vermag, so scheint diese Methode nicht verwerflich zu sein.“ Auch bei den Griechen und Römern hielt man sehr viel von dem Hauch des reinen Atems, und altfranzösische Sänger priesen den reinen Atem der Jungfrauen als sehr heilkräftig:

Man hat aber auch schon sehr früh erkannt, daß das unmittelbare Anhauchen nicht gerade nötig sei, sondern daß man mit dem Hauche auch leblose Dinge heilkräftig machen könne. So jenes heilkräftige (oben schon angeführte) Wasser bei Rolsink, welches Morgens ein nüchterner Mensch behaucht und dem Kranken reicht, wodurch für unheilbar gehaltene Kranke geheilt wurden. Auch das Tragen von Sachen an dem Leibe und das Übergeben derselben an Kranke war hin und wieder geübt, wodurch, wie durch die magnetischen Leiter bei den magnetisch behandelten Kranken heilsame Wirkungen hervorgebracht wurden, wie z. B. Krämpfe zu besänftigen; Fieber zu mildern; Schmerzen zu stillen usw.





Dieses Kapitel ist Teil des Buches Geschichte der Magie, Buch 1