102. Die Magie hat geheime Wunderkräfte

Ein Hauptteil der Magie ist die geheime, wunderkräftige Wirkung zur Heilung von Krankheiten.



Ein Hauptzweig der alten Magie war von der ältesten Zeit an die geheime Einwirkung auf andere Menschen, wozu vorzüglich das Heilen von Krankheiten gehörte. Erst später, als die Erfahrung mancherlei Naturkräfte zufällig oder durch Beobachtung und Versuche aufgedeckt hatte, wurden dieselben auch zu anderen Zwecken und oft um schädliche Wirkungen hervorzubringen mit bösen Absichten in Anwendung gebracht, woher dann die schwarze Kunst entstand. — Bei den Propheten unterschieden schon die Kabbalisten die Seher von den Wundertätern, wie wir oben sahen: Nabi raeh, heißt, der im Lichte schaut, Nabi poel, der mit Wunderkraft Begabte.


Bei dem kindlichen Selbstbewusstsein und bei der mangelhaften Erkenntnis dieser Naturkräfte waren dem Menschen jene Wirkungen unerklärbar, und man schrieb sie deshalb als unmittelbare Wunder dem übernatürlichen göttlichen Einflüsse zu. Heilungen von Krankheiten auf geheime Weise geschahen nur durch Gott, oder durch die Priester und Heiligen, als Mittelspersonen zwischen Gott und den Menschen. Der Glaube war daher eine Bedingung zu der heilsamen Wirkung und die magischen Kräfte wurden in bestimmten Substanzen durch den Willen, durch Worte, Gebete und Zeremonien geweckt, übertragen und in den Mysterien überliefert.

Zu diesen geheimen Wirkungen gehörten nun die Heilungen durch die Berührung, durch das Händeauflegen und Anhauchen; der Gebrauch der Talismane und Amulette, wozu anorganische Stoffe, Mineralien und Metalle, sowie organische Pflanzenstoffe gehörten; das Tragen von Ringen[, von Heiligenbildern und anderer sinnbildlicher Zeichen; endlich das Heilen durch Worte und durch das Gebet.

Was nun die nähere Gleichheit mit dem Magnetismus insbesondere betrifft, so scheint es gewiß, daß man nicht blos eine kunstmäßige Behandlung der Krankheiten überhaupt, sondern auch die Kenntniß, den Somnambulismus zu erzeugen, besessen habe, wie wir in der Folge bei den Orakeln, bei den Alexandrinern usw. sehen werden. Unter andern spricht Agrippa von Nettesheim ganz deutlich (de occulta philosophia. Lugdun. p. 451): „daß es eine, Wenigen bekannte Kunst gebe, den Geist zu unterrichten und zu erleuchten, daß er auf einmal aus der Finsternis der Unwissenheit zu dem Licht der Weisheit erhoben werde. Unreinen und Ungläubigen kann man durch geheime Mittel jene Gabe auch wieder nehmen. Es geschieht vorzüglich durch eine Art Einschläferung, wodurch der Mensch die Gegenwart ganz vergißt und gleichsam durch den göttlichen Hauch künftige Dinge verkündet .“




Dieses Kapitel ist Teil des Buches Geschichte der Magie, Buch 1