073. Eigentümliche Verhältnisse der drei Hauptstämme

Eigentümliche Zustände und Verhältnisse der drei Hauptstämme des Sem, Cham und Japhet.



Hatten schon die Semiten das innigere Verhältnis zur Natur und die Empfänglichkeit für die höhere geistige Einwirkung verloren: so mußte dieses bei den Japhetiten noch mehr der Fall sein. Mit einem schon von Natur aus leicht beweglichen Sinn und unsteten Charakter hatten sie in ihrer Ausbreitung über die Erde mehr die Natur und den Schein, als den wahren Geist und das Wesen zum Zweck ihres Suchens; sie waren der Welt mehr hingegeben als Gott; ihr Instinkt spürte jede Richtung und jeden Winkel der vielen über die Wässer und Berge gelegenen Länder aus, aber die rechte Richtung ihrer Gedanken zu Gott hatten sie gänzlich verloren, höchstens behielten sie noch einen matten Schein und die Erinnerung einer Gotteserkenntnis, die aber wie ihr ganzer Sinn eine äußere und sinnliche blieb; denn auf ihrem unreinen, verworrenen Gemüt vermochte sich Gott nicht mehr rein abzuspiegeln. Indessen auch Japhets Söhne versanken nicht ganz in die Finsternis einer völlig geistlosen Naturwelt; einige von ihnen, wie die Griechen, die Germanen, trugen in ihrem Geiste die Idee Gottes mit sich und die Ahnung eines Verhältnisses zu einem höhern übersinnlicheren Wesen, als das Irdische ist, das sie aber mit ihren äußern, wenn auch noch so wachen Sinnen und klugem Verstande nicht erkannten. Die Griechen schauten die Gottheit in geteilten Formen, aber in höchst idealen Bildern und ihre Weisen hatten oft, wie Sokrates und Plato u. A., die richtigsten Begriffe von dem Wesen Gottes. Bei dem germanischen Stamme war die Idee von einer die Welt regierenden Gottheit, sogar in monotheistischer Weise, nie verschwunden, und wenn auch weniger klar angeschaut, doch tiefer gefühlt, als von irgend einem andern Volke. Was die magischen Kräfte insbesondere betrifft, so zeichneten sich die Japhetiten vorzüglich aus, dieselben, wenn schon auf eine sehr verzerrte Weise, recht äußerlich zu üben und so die wirtliche Welt gleichsam in eine Zauberwelt zu verwandeln, wovon sich sogar der aufgeklärte japhetische Völkergeist noch nicht losmachen kann.


Die Chamiten endlich, die den unkeuschen Geist ihres Vaters erbten und sich von den Brüdern nach einer Erdgegend trennten, wo sie auch noch durch die Macht des Klimas ganz in die finstere Gewalt der Natur gerieten, sind diejenigen rohen Völkerstämme des Südens, die in einer völligen Verwilderung und in den abgeschmacktesten Fetischismus des niedrigsten Götzendienstes versunken sind. Ein solcher geistiger Stumpfsinn, ein so rohes Gemüt und eine solche Gottesverlassenheit findet sich nirgends, wie bei der schwarzen Rasse Afrikas und, wie es sicher scheint, bei den von dort aus verpflanzten wilden Stämmen von Südamerika und Australien. „Als die Kräfte noch in Einer Eigenschaft im Stamme lagen, sagt Jakob Böhme, so verstanden die Menschen die Natursprache, denn es lagen alle Sprachen darinnen. Als sich aber derselbe Baum der einigen Zunge in seinen Eigenschaften und Kräften zerteilte bei den Kindern Nimrod, so hörte die Natursprache, daraus Adam allen Dingen Namen gegeben, einem jeden aus seiner Eigenschaft, auf, und ward der Stamm der Natur wegen der zerteilten Eigenschaften im Worte des kräftigen Verstandes matt und schwach. Es fiel der hohe Verstand der Eigenschaften der Geister der Buchstaben; denn das Innerliche führte in ein Äußerliches. Also blieb der Verstand derselben Geister in jeder Zunge äußerlich, auf Art, wie man von einem Dinge redet, davon man hört sagen und dessen keinen rechten Verstand hat, auch nicht sehen mag.“

In einer viel zu wenig bekannten Schrift: Gott und seine Offenbarungen in Natur und Geschichte, München 1839, sagt über diesen Gegenstand insbesondere Julius Hamberger (S. 256 ff.): „das wahre Antlitz des Herrn war ihnen verhüllt; selbst den meisten Völkern semitischen Geschlechts mangelte die Einsicht in das heilige Wunder der göttlichen Freiheit und Persönlichkeit, und dieser Mangel ist unstreitig als die wahre Nacht des Heidentums zu bezeichnen. Über ihrer Götterwelt stand, als deren äußerster und letzter Grund, die bloße göttliche Natur, mithin das dunkle, blinde Schicksal, eine traurige unerbittliche Notwendigkeit, deren Gewalt selbst die Götter nur teilweise sich zu entziehen vermochten, insofern sie nämlich dem Chaos, aus welchem sie hervorgehen sollten, sich entrangen und durch Vollendung ihrer Leiblichkeit zu einem geistigen Dasein sich erhoben. War es daher eine noch so reiche und prachtvolle Götterwelt, welche dem Gemüte des Menschen in jenem Verhältnisse zu Gott sich ergeben mußte, so ist doch die Religion der Heiden nur eine irdische und entspricht jenen gröberen Wassern der Schöpfungsgeschichte, welche mit ihren reichen Lebenskeimen sich nach unten senkten, während die in die Höhe steigenden Wasser als Grundlage des Sternhimmels eine erhabenere und geistige Religion andeuten, welche von der niedrigen, irdischen ausgeschieden werden sollte. Der Charakter dieser andern Religion wird eben deswegen eine gewisse Dürftigkeit sein müssen. Denn wie die Heiden der beglückenden Nähe einer reichen Fülle von Gottheiten sich erfreuten, so war jenes auserwählte Volk Gottes, welches als ein Bild der wahren innerlichen Menschheit allen übrigen in der Zerfallenheit sich darstellenden Völkern gegenübersteht, dazu bestimmt, blos in Erwartung der zukünftigen Offenbarung des Herrn lediglich an der geistigen Einheit des Ewigen festzuhalten.“




Dieses Kapitel ist Teil des Buches Geschichte der Magie, Buch 1