056. Kabbalistische Lehre über die Vereinigung mit Gott

Kabbalistische Lehre über den Kultus und die Vereinigung mit Gott.



Nach der Kabbalah steht ferner Alles, was existiert, in einer magischen Verbindung, im Großen wie im Kleinen. Überall ist das Äußere die Auswirkung des Innern. Sowie das Innere und Obere nach außen und unten wirkt, so wirkt auch dieses auf jenes wieder magisch zurück. „Denn die Magie, als die unmittelbar innere Lebenstat, bildet das innere Prinzip alles Daseins. Durch den Kultus wird das magische Band zwischen dem untern Anbetenden und feinem höhern Angebeteten erregt und tischen beiden der lebendige Rapport geöffnet, und wie es eine Licht- und finstere Seite, einen göttlichen und satanischen Dienst gilbt, so gibt es auch eine schwarze und weiße, eine göttliche und diabolische Magie.“


Insofern nun der Mensch in seinem magischen Verhältnisse sich dem Göttlichen zuwendet, in dem Maße nämlich, als er Gott nicht blos theoretisch anerkennt, sondern, was die Natur des Kultus mit sich bringt, sich zugleich liebend und ausschließlich hingibt und nichts mehr von seiner egoistischen Eigenheit behält und Alles von der Gnade erwartet, vergestaltet er sich in die überschwängliche Innerlichkeit Gottes, und es geht ihm das Äußere unmittelbar von innen heraus, die Natur in die Freiheit, und sein ganzes Wesen wird mit übernatürlicher Kraft und Weisheit erfüllt und dieses ist dann die wahre, heilige Magie. Hier steht nun der Mensch im Mittelpunkte der Schöpfung (wie es die Brahmanen lehren) und käme ohne das Medium der Naturagentien in unmittelbare Verbindung mit Gott, er könnte unmittelbar magisch-göttlich wissen und wirken, wenn er nicht in sein eigenes Zentrum einging und so immer wieder tiefer in die äußere Peripherie der Naturgewalten herabfiele, denen er dann seiner Schwäche nach untertan wird; so daß er in dem tiefsten Grade seines Falles das Innere nur in der Form des Äußern, das Übernatürliche nur in der Form der Äußerlichkeit, erkennt und mit Gott nicht anders als auf mittelbare Weise in Verbindung treten kann; sowie er denn auch nur mittelst dieser untern und oberen Kräfte und Wesen allein magisch zu wirken im Stande ist. Je ferner der Mensch also der Gottheit steht, desto mehr ist er der Äußerlichkeit unterworfen. Unter diesen Umständen wird also die Beobachtung eines fest bestimmten naturgesetzmäßigen Verhaltens erfordert, um sich mit jenen Naturagentien in eine Korrespondenz zu setzen, so wie sich das Individuum durch Anwendung von allerlei künstlichen Mitteln in ekstatische Zustände versetzen muß. Diese Naturmagie ist an sich selber nicht falsch und böse, kann aber leicht zu beiden führen (ganz übereinstimmend mit dem magnetischen Verfahren). Da das ganze Universum aus einer organisch-gegliederten Stufenordnung von lebendigen, innigst mit einander verbundenen Wesen besteht, so ist sie nicht absolut falsch, allein dem Irrtume und Truge ist solche Naturmagie leicht unterworfen, indem der Mensch nur mit den äußeren und unteren Kräften in Rapport gelangen kann, welche nach dem Falle des Menschen aus den höheren, himmlischen Regionen selbst getrübt, unrein und entstellt worden sind. Man kann sich daher auf ihre Revelationen nie fest verlassen und ihre Aussprüche nicht als unverbrüchliche Wahrheiten ansehen (ganz wie das bedingte magnetische Wahrsagen). — (Molitor S. 313 ff.)



Dieses Kapitel ist Teil des Buches Geschichte der Magie, Buch 1