040. Überall findet man eine Art von Wahrsagerei

Wie allezeit, so findet man auch überall eine Art Wahrsagerei, teils aus selbst entwickelter Anlage, teils durch ausgewählte Mittel.



Eine Art Wahrsagern, und den Hang die Zukunft zu erforschen findet man bei allen Völkern des Erdballs, was schon Cicero als etwas sehr Merkwürdiges ansah; überall ist dieselbe aber mit einer Art des religiösen Cultus gepaart. Wie bei den genannten Völkern der Geschichte hatten die lettischen Druiden, die gallischen Semotheen und die weissagenden Frauen der alten Deutschen ihre feierlichen Gebräuche in den Hainen, in die sie sich gleich den Ägyptern mit weißen Kleidern angetan zurückzogen. So haben die Grönländer ihre Angekoks, die Nordasiaten ihre Schamanen. Häufiger entwickelt sieht man diese Anlage aber immer bei Menschen, denen die Natur keinen Reiz und keine Mittel zu einer freien Beweglichkeit darbietet, wozu auch das Temperament und ganz vorzüglich die Religion das Ihrige beitragen. Wie die Druiden in ihre Wälder sich zurückzogen, so suchten die Ägypter ihre Einöden und Höhlen, und die Hindus und Lamadiener tun es noch. In den unterirdischen Tempeln pflog man den mantischen Dienst von jeher, indem man sich von aller Äußerlichkeit zurückgezogen in die Arme der im Stillen und Finstern geheim wirkenden Natur warf. Die afrikanischen Wahrsager versetzen sich, wie die Schamanen durch Tänze und allerhand Gestikulationen in eine Art Berauschung; und die Brahmanen erreichen denselben Zweck durch eine gänzliche Bewegungslosigkeit der Sinn- und Bewegungsorgane; bei der Entsagung von allen äußern Naturreizen und ihrer Lust, entsteht ihnen jene innere Wonne und die übersinnlichen Gesichte himmlischer Anschauungen, daher die Selbstreinigung der Hindus, ihre grausamen Prozeduren in Bußübungen; die Opfergebräuche verschiedener Völker, wie denn die schauderhafte Behandlung bei einigen amerikanischen Wilden, sowie bei afrikanischen Stämmen nicht selten den Gefangenen statt der fürchterlichen Schmerzen, die größte Wollust bereitet, worin sie oft prophetische Dinge verkünden. Bei einer solchen freiwilligen Aufgabe des mit der äußern Natur im Verkehr stehenden wachen Bewusstseins, sehen wir überall die kosmischen und irdischen Mächte ihre strengen Gesetze ausüben und jene wunderbaren Gestalten des Schlafes hervorbringen, die nach Ursachen und Verhältnissen noch lange nicht genug erkannt sind.



Dieses Kapitel ist Teil des Buches Geschichte der Magie, Buch 1