034. Glaube an die Unsterblichkeit der Seele

Eng damit verbunden ist der Glaube an die Unsterblichkeit der Seele und an den Verkehr mit Schutzgeistern.



Mit dem religiösen Gefühle ward der Glaube an die Unsterblichkeit der Seele und an die Fortdauer des Lebens nach dem Tode auf das Engste verbunden, und damit also auch der Glaube an den bestehenden Verkehr mit den abgeschiedenen Seelen, sowie an Geister — Dämonen, — welche mit den Hinterbliebenen in ihren guten oder bösen Eigenschaften in Gemeinschaft bleiben. Die Ideen der Schutz- und Plaggeister sind daher ebenso urgeschichtlich, wie die bereits angeführten Zustände des Magismus. Daß dieser Glaube nicht etwa eine bedeutungslose Überlieferung sei, beweisen die Monumente, die aus einer Zeit herrühren, wo nun noch nicht einmal den Göttern Tempel erbaute; und wenn diese später von dem Götzendienste verdrängt wurden, so blieb der ehrende Totenkultus allenthalben in den Familien mit Opfern und Festen auf das Heiligste bewahrt; Höhlen und Hügel, Feld und Haus wurden mit der kindlichsten Sorgfalt für die lieben Toten gesucht und geschmückt, und selbst bei Nomaden bildeten die Grabstätten den Vereinigungspunkt der Erinnerungen und Gefühle für den Dienst der Ahnen, welche oft zum Mittelpunkt der Heroenverehrung, wie zum Vereinigungsbande der Stämme und Geschlechter wurden. Auch die Idee der Metempsychose — die Verwandlung der Geister — durch die überall beseelte Natur, konnte davon nicht so fern bleiben, da die Sterne, wie die Elemente der Erde, die Pflanzen und Tiere von (individuell luftigen) Geistern erfüllt waren, so daß der Menschen Seelen nach ihren verschiedenen Eigenschaften verschiedene Leibesgestalten annahmen. Wie nahe lag es daher nicht, daß das Phantasiebild in einer Ekstase als mahnender, schützender, drohender oder strafender Geist in einer bekannten Gestalt erschien, wie wir es bei den magnetisch somnambulen Erscheinungen heute noch beobachten? —


Wenn wir daher den Geisterglauben und das religiöse Gefühl schon in der Urzeit und überall als eingeborne Anlage für das Übersinnliche antreffen: so ist dabei gleichwohl nicht behauptet, daß die wahren Beziehungen auch klar begriffen gewesen wären und daß nicht vielmehr die wucherische Phantasie statt des Verstandes sich die Götter schuf und den Himmel und die Hölle ausmalte. Wir wollen daher auch nur die Anlage und dm schlummernden Keim zu dem religiösen Baum in der Wurzel annehmen; daß dieselbe sich aber mit der Erweiterung der Begriffe und der vermehrten Einsicht der menschlichen Verhältnisse aus der Einfachheit des Lebens allmälig entwickelte und erst nach und nach durch die steigende Kultur und Erweiterung der Begriffe sich veredelte, scheint ebenso sicher zu sein, als wie der Kultus und die Götterwelt sich bei den Naturreligionen erst nach und nach einen bestimmten Charakter annehmend erweiterten und vermehrten, bis endlich durch eine lange Schule des Lebens der wahre Monotheismus verstanden und festgehalten werden konnte. Der Anthropomorphismus des griechischen Olymps ist schon die Frucht einer sehr vollendeten Entwicklung, und der Verstand war mit der Zeit schon so weit aufgeklärt, daß er das Dichterische und seiner Wesenheit nach Nichtige desselben so leicht selbst einsehen, als die göttliche Offenbarung durch Christus sich endlich als die allein wahre Religion aneignen konnte. — „Daher dürfen wir in den Anfängen der Menschheit schwerlich mehr als die noch schlafende religiöse Anlage voraussehen; auch die einfachsten, irgend zu einiger Klarheit und Festigkeit gediehenen religiösen Vorstellungen gehören sicher einer schon etwas vorgerückten Zeit an, wo der Mensch bereits freier und heller um sich schaute. So eigentümlich der Naturreligion eine Göttermehrheit ist, so zuversichtlich darf angenommen werden, daß jene wucherische Vervielfältigung derselben erst mit der Verzweigung der Begriffe, der Vermischung der Völker usw. allmälig erfolgt sein, früher dagegen der Einfalt des Lebens die Einfachheit der Religion entsprochen haben werde.“ Haug.







Dieses Kapitel ist Teil des Buches Geschichte der Magie, Buch 1