028. Weitere Erläuterung des unterschiedlichen Inhalts

Weitere Erläuterungen des unterschiedlichen Inhalts der Geschichte der Magie und des Magnetismus.



Wenn nun die Einteilung der Geschichte in zwei Teile, in den Magismus der alten und in den Magnetismus der neuen Zeit ihre fügliche Begründung findet, so haben wir ihren Inhalt der Zeitunterschiede und die Übergänge noch etwas näher zu erörtern, und dann insbesondere auch speziell nachzuweisen, daß die neuen magnetischen Erscheinungen mit andern, längst bekannten vollkommen ähnlich sind, und daß auch die Mittel, dieselben hervorzubringen, schon den Alten mehr oder weniger bekannt gewesen sind. —


Zuerst der natürliche und dann der geistige Mensch, sagt der Apostel Paulus. Gleichwie in dem Niederen das Höhere -— dotentia — enthalten und beide nur verschiedene Stufen eines Ganzen sind, so zeigten sich dieselben Fähigkeiten des Menschen, nach jeder Richtung schon in der Kindheit des Menschengeschlechts auch in Hinsicht der magnetischen Erscheinungen, wie wir sie jetzt künstlich hervorgebracht, als ganz natürliche Zustände zu würdigen wissen. Der Unterschied ist aber vorzüglich der Art, daß in der Kindheit das Schlaf- und weniger selbstbewusste Traumleben überwiegt, und wie bei jeder Entwicklung nur allmählich aus dem Niederen das Höhere emporsteigt — in der alten Zeit das somnambule Schlafleben auch allgemeiner war und weniger auffiel, als in späteren Epochen der Geschichte, wo das wissenschaftliche Erwachen die mit jenen somnambulen Zuständen verwebten unwesentlichen Nachtgebilde einer schwärmerischen Phantasie immer mehr zu verscheuchen begann, leider aber damit häufig dahin geriet, auch das Wahre mit dem Falschen zu verwerfen. So hat die Philosophie bis zu unserer Zeit, in der vermeintlichen Aufgabe ihres Berufes, jede Art von Aberglauben auszurotten, auch darin ihre Tapferkeit bewiesen, daß sie den Magismus, ohne der Sache durch das Experiment bis auf den Grund nachzuforschen, schlechthin leugnete und mit einem Witze, obenhin abzusprechen, sich in Ansehen und Würde zu erhalten glaubte.

„Der allgemeine Charakter der alten Zeit war tellurisches Leben, sagt Kieser, und das psychische Leben erschien als Vorherrschen des Gefühllebens und der Phantasie, welchem das Selbstbewusstsein der Vernunft fehlt; der allgemeine Charakter der neuen Welt hingegen ist solares Leben und intelligentes Wirken, und das psychische Leben derselben stellt sich als Vorherrschen der intelligenten Seite der menschlichen Seele, als bewusstes Vernunftleben dar. Es herrschte in der alten Welt der Allsinn des Nachtlebens statt der individuellen Sinne des Taglebens; das Ganglienleben statt des Hirnlebens(?); der Instinkt statt des freien Willens; die Phantasie statt der Vernunft; das Selbstgefühl statt des Selbstbewusstseins; die Poesie statt der Prosa; der Mythos und die Hieroglyphe statt der geschichtlichen Überlieferung; der Bilderdienst statt der Ideenaufklärung; die symbolische Kunst statt der Philosophie; der religiöse Glaube statt der philosophischen Erkenntnis.“ So führt Casaubon nach Plukarch und Aristoteles an, daß die Menschen lange vor Sokrates einen natürlichen Instinkt zur Ekstase und eine Geneigtheit zur Allegorie und Poesie hatten. „Veterum nonnulli observant, multis saeculis ante Socratem, naturlem dispositionen hominum fuisse aliquo mode ecstaticam, in actionibus suis plerosque exstitisse tumidos et alatos, in verbis vero ad poesin et allegorias proclives in omnbus autem aptos amnino, qui decerentur a phantasia et externis rerum speciebus. Animo cos fuisse summa religione praedito, sed eo magis superstitioso, in plurimis suis operibus comitatos potius certo aliquo subitoque instinctu aut raptu, quam ratione, non ex aliquo hujus contemtu, sed defectu.“ M. Casaubonus de Enthusiasmo."




Dieses Kapitel ist Teil des Buches Geschichte der Magie, Buch 1