021. Der Magnetismus ist für die Medizin von größerer Bedeutung

Der Magnetismus ist für die Medizin von noch größerer Bedeutung.



Von nicht geringerer Bedeutung ist der Magnetismus für die wissenschaftliche Medizin insbesondere geworden; denn er hat in die Physiologie und Pathologie so manche bessere Aufklärung gebracht über mehrere bis dahin unbekannte Größen von Kräften und Erscheinungen. So hat er z. B. über die gegenseitigen Beziehungen zwischen Leib und Seele; über die Empfindungen und Sinnesfunktionen an ungewöhnlichen Stellen des Leibes; über positive und negative Polaritäten und ihre Wechselverhältnisse zwischen aktiven und passiven Individuen, und namentlich über mehrere, das kranke Nervensystem begleitende Erscheinungen, wie z. B. die Krämpfe, durchwegs neue Aufschlüsse erteilt. Von den Vorteilen, die er durch neubestimmte Heilungen, durch Angabe ganz neuer Arzneimittel und neuer Verfahrungsarten der praktischen Medizin gebracht hat, konnte Bedeutenderes namhaft gemacht werden, als man glaubt. Vor allem aber ist der Magnetismus für das noch so schwankende Gebäude der Psychologie und namentlich für die Psychiatrie von dem allergrößten Belange Der Geist des Menschen in seinen Verhältnissen zum physischen Leben ist es nicht allein, wovor noch eine beinahe völlig undurchsichtige Decke hängt, sondern die ganze Seite der subjektiven Gefühlswelt und der Phantasie bedarf einer bessern Aufklärung. Hierzu dürfte wohl ganz besonders der Magnetismus das reckte Mittel werden, welcher nicht nur jene dunklen Schatten, die von der Nachtseite jener Schlafzustände in das wache Bewußtsein herüberfallen, erleuchtet, sondern auch eine solche Physiologie des Schlaflebens bei geschlossener äußern Sinnlichkeit aufstellt, daß alle Phasen der divinatorischen Zustände erklärt werden und sogar erhellende Strahlen für das wache Tagesleben herüber fallen. Daraus lassen sich nicht nur Schlüsse auf die Natur des Individuums im Kleinen, sondern sogar auf den Gehalt eines organischen Ganzen in der Geschichte, wie eines Volkes, einer Nation ziehen. Denn wie die Petrefaktenkunde [Lehre von der Versteinerung von Pflanzen und Tieren], gleichfalls eine Tochter der neueren Zeit, aus den zerstreut vorgefundenen Knochen allgemeine Gesetze erkennt, nach welchen man den ganzen Bau und die Gestalt der verweltlichen Tiere zusammenzustellen im Stande ist, so läßt sich nach den vorkommenden, nun genauer erkannten magnetischen Erscheinungen des Somnambulismus und mit der Vergleichung desselben, nicht nur der wahre Gehalt eines Individuums, von dem die Geschichte erzählt, abschätzen, sondern es lassen sich auch unschwer alle jene psychologischen Hieroglyphen lösen, welche den Raum ganzer Perioden der Geschichte überdecken.


Was ferner der Magnetismus für weitere neue Aufklärung gebracht hat über die menschlichen Fähigkeiten in der Schärfe der sinnlichen Anschauungen; in der Erweiterung der Vorstellungen; in der Macht des Willens; in dem Umfang, der Gewandtheit und dem Reichtume der Sprache nach Symbolen und konventionellen Bedeutungen, ist bereits schon nicht mehr ganz unbekannt, und ich habe in meiner neuen Schrift: über den Magnetismus im Verhältnisse zur Natur und Religion ausführlicher mich über alle jene Gegenstände verbreitet.

Eine unabsehbare Tiefe und Höhe des menschlichen Geistes läßt sich nach jener Aufklärung nicht mehr blos ahnen, wie bisher, sondern zu einer Wahrheit erheben, so daß über die wirtlichen relativen Verhältnisse und über den geselligen Verkehr nicht nur mit der ganzen Natur, sondern sogar mit der übersinnlichen Welt kein Zweifel übrig bleibt. Auf solche Weise kommt ein tieferes Verständnis und eine bessere Einsicht nicht nur nach dem Grunde, der Zahl und Signatur der äußern Natur, sondern selbst der inneren Welt zu Stande, in welcher man in der Thal mehr sicht und Ordnung findet als in dem äußern Getriebe der Natur und des babylonischen Weltbaues.




Dieses Kapitel ist Teil des Buches Geschichte der Magie, Buch 1